Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

können, auf wie lange Zeit es noch in ihrer
Gewalt stehen werde, sich an die Spitze dieser
Angelegenheit zu stellen, indem dieselbe bis
zum Vortrage an das Volk schon beinahe vor¬
bereitet und reif sey, und an Gliedern aus
dem Volke geübt werde, und dieses nach kurzer
Zeit ohne alle unsere Beihülfe sich selbst werde
helfen können, woraus für uns bloß das er¬
folgen werde, daß die jetzigen Gebildeten und
ihre Nachkommen zum Volke werden, aus dem
bisherigen Volke aber ein anderer höher gebil¬
deter Stand emporkomme.

Nach allem ist es der allgemeine Zwek die¬
ser Reden, Muth und Hoffnung zu bringen in
die Zerschlagenen, Freude zu verkündigen in
die tiefe Trauer, über die Stunde der größten
Bedrängniß leicht und sanft hinüber zu leiten.
Die Zeit erscheint mir wie ein Schatten, der
über seinem Leichname, aus dem so eben ein
Heer von Krankheiten ihn heraus getrieben,
steht, und jammert, und seinen Blik nicht
loszureissen vermag von der ehedem so gelieb¬
ten Hülle, und verzweifelnd alle Mittel

koͤnnen, auf wie lange Zeit es noch in ihrer
Gewalt ſtehen werde, ſich an die Spitze dieſer
Angelegenheit zu ſtellen, indem dieſelbe bis
zum Vortrage an das Volk ſchon beinahe vor¬
bereitet und reif ſey, und an Gliedern aus
dem Volke geuͤbt werde, und dieſes nach kurzer
Zeit ohne alle unſere Beihuͤlfe ſich ſelbſt werde
helfen koͤnnen, woraus fuͤr uns bloß das er¬
folgen werde, daß die jetzigen Gebildeten und
ihre Nachkommen zum Volke werden, aus dem
bisherigen Volke aber ein anderer hoͤher gebil¬
deter Stand emporkomme.

Nach allem iſt es der allgemeine Zwek die¬
ſer Reden, Muth und Hoffnung zu bringen in
die Zerſchlagenen, Freude zu verkuͤndigen in
die tiefe Trauer, uͤber die Stunde der groͤßten
Bedraͤngniß leicht und ſanft hinuͤber zu leiten.
Die Zeit erſcheint mir wie ein Schatten, der
uͤber ſeinem Leichname, aus dem ſo eben ein
Heer von Krankheiten ihn heraus getrieben,
ſteht, und jammert, und ſeinen Blik nicht
loszureiſſen vermag von der ehedem ſo gelieb¬
ten Huͤlle, und verzweifelnd alle Mittel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0052" n="46"/>
ko&#x0364;nnen, auf wie lange Zeit es noch in ihrer<lb/>
Gewalt &#x017F;tehen werde, &#x017F;ich an die Spitze die&#x017F;er<lb/>
Angelegenheit zu &#x017F;tellen, indem die&#x017F;elbe bis<lb/>
zum Vortrage an das Volk &#x017F;chon beinahe vor¬<lb/>
bereitet und reif &#x017F;ey, und an Gliedern aus<lb/>
dem Volke geu&#x0364;bt werde, und die&#x017F;es nach kurzer<lb/>
Zeit ohne alle un&#x017F;ere Beihu&#x0364;lfe &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t werde<lb/>
helfen ko&#x0364;nnen, woraus fu&#x0364;r uns bloß das er¬<lb/>
folgen werde, daß die jetzigen Gebildeten und<lb/>
ihre Nachkommen zum Volke werden, aus dem<lb/>
bisherigen Volke aber ein anderer ho&#x0364;her gebil¬<lb/>
deter Stand emporkomme.</p><lb/>
        <p>Nach allem i&#x017F;t es der allgemeine Zwek die¬<lb/>
&#x017F;er Reden, Muth und Hoffnung zu bringen in<lb/>
die Zer&#x017F;chlagenen, Freude zu verku&#x0364;ndigen in<lb/>
die tiefe Trauer, u&#x0364;ber die Stunde der gro&#x0364;ßten<lb/>
Bedra&#x0364;ngniß leicht und &#x017F;anft hinu&#x0364;ber zu leiten.<lb/>
Die Zeit er&#x017F;cheint mir wie ein Schatten, der<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;einem Leichname, aus dem &#x017F;o eben ein<lb/>
Heer von Krankheiten ihn heraus getrieben,<lb/>
&#x017F;teht, und jammert, und &#x017F;einen Blik nicht<lb/>
loszurei&#x017F;&#x017F;en vermag von der ehedem &#x017F;o gelieb¬<lb/>
ten Hu&#x0364;lle, und verzweifelnd alle Mittel<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0052] koͤnnen, auf wie lange Zeit es noch in ihrer Gewalt ſtehen werde, ſich an die Spitze dieſer Angelegenheit zu ſtellen, indem dieſelbe bis zum Vortrage an das Volk ſchon beinahe vor¬ bereitet und reif ſey, und an Gliedern aus dem Volke geuͤbt werde, und dieſes nach kurzer Zeit ohne alle unſere Beihuͤlfe ſich ſelbſt werde helfen koͤnnen, woraus fuͤr uns bloß das er¬ folgen werde, daß die jetzigen Gebildeten und ihre Nachkommen zum Volke werden, aus dem bisherigen Volke aber ein anderer hoͤher gebil¬ deter Stand emporkomme. Nach allem iſt es der allgemeine Zwek die¬ ſer Reden, Muth und Hoffnung zu bringen in die Zerſchlagenen, Freude zu verkuͤndigen in die tiefe Trauer, uͤber die Stunde der groͤßten Bedraͤngniß leicht und ſanft hinuͤber zu leiten. Die Zeit erſcheint mir wie ein Schatten, der uͤber ſeinem Leichname, aus dem ſo eben ein Heer von Krankheiten ihn heraus getrieben, ſteht, und jammert, und ſeinen Blik nicht loszureiſſen vermag von der ehedem ſo gelieb¬ ten Huͤlle, und verzweifelnd alle Mittel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/52
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/52>, abgerufen am 24.11.2024.