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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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Schiksals, das euch zugleich mit euren Völ¬
kern betroffen hat, ist hier auf die mildeste,
und wie wir glauben, auf die allein gerechte,
und billige Weise, dargelegt worden, und ihr
könnt euch, falls ihr nicht etwa nur Schmei¬
chelei, niemals aber Wahrheit hören wollt,
über diese Reden nicht beklagen. Dies alles
sey vergessen, so wie wir andern alle auch wün¬
schen, daß unser Antheil an der Schuld ver¬
gessen werde. Jezt beginnt, so wie für uns
alle, also auch für euch, ein neues Leben.
Möchte doch diese Stimme durch alle die Um¬
gebungen hindurch, die euch unzugänglich zu
machen pflegen, bis zu euch dringen! Mit stol¬
zem Selbstgefühl darf sie euch sagen: ihr be¬
herrschet Völker, treu, bildsam, des Glüks
würdig, wie keiner Zeit, und keiner Nation
Fürsten sie beherrscht haben. Sie haben Sinn
für die Freiheit und sind derselben fähig; aber
sie sind euch gefolgt in den blutigen Krieg ge¬
gen das, was ihnen Freiheit schien, weil ihr es
so wolltet. Einige unter euch haben späterhin
anders gewollt, und sie sind euch gefolgt in
das, was ihnen ein Ausrottungskrieg scheinen

Schikſals, das euch zugleich mit euren Voͤl¬
kern betroffen hat, iſt hier auf die mildeſte,
und wie wir glauben, auf die allein gerechte,
und billige Weiſe, dargelegt worden, und ihr
koͤnnt euch, falls ihr nicht etwa nur Schmei¬
chelei, niemals aber Wahrheit hoͤren wollt,
uͤber dieſe Reden nicht beklagen. Dies alles
ſey vergeſſen, ſo wie wir andern alle auch wuͤn¬
ſchen, daß unſer Antheil an der Schuld ver¬
geſſen werde. Jezt beginnt, ſo wie fuͤr uns
alle, alſo auch fuͤr euch, ein neues Leben.
Moͤchte doch dieſe Stimme durch alle die Um¬
gebungen hindurch, die euch unzugaͤnglich zu
machen pflegen, bis zu euch dringen! Mit ſtol¬
zem Selbſtgefuͤhl darf ſie euch ſagen: ihr be¬
herrſchet Voͤlker, treu, bildſam, des Gluͤks
wuͤrdig, wie keiner Zeit, und keiner Nation
Fuͤrſten ſie beherrſcht haben. Sie haben Sinn
fuͤr die Freiheit und ſind derſelben faͤhig; aber
ſie ſind euch gefolgt in den blutigen Krieg ge¬
gen das, was ihnen Freiheit ſchien, weil ihr es
ſo wolltet. Einige unter euch haben ſpaͤterhin
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[479/0485] Schikſals, das euch zugleich mit euren Voͤl¬ kern betroffen hat, iſt hier auf die mildeſte, und wie wir glauben, auf die allein gerechte, und billige Weiſe, dargelegt worden, und ihr koͤnnt euch, falls ihr nicht etwa nur Schmei¬ chelei, niemals aber Wahrheit hoͤren wollt, uͤber dieſe Reden nicht beklagen. Dies alles ſey vergeſſen, ſo wie wir andern alle auch wuͤn¬ ſchen, daß unſer Antheil an der Schuld ver¬ geſſen werde. Jezt beginnt, ſo wie fuͤr uns alle, alſo auch fuͤr euch, ein neues Leben. Moͤchte doch dieſe Stimme durch alle die Um¬ gebungen hindurch, die euch unzugaͤnglich zu machen pflegen, bis zu euch dringen! Mit ſtol¬ zem Selbſtgefuͤhl darf ſie euch ſagen: ihr be¬ herrſchet Voͤlker, treu, bildſam, des Gluͤks wuͤrdig, wie keiner Zeit, und keiner Nation Fuͤrſten ſie beherrſcht haben. Sie haben Sinn fuͤr die Freiheit und ſind derſelben faͤhig; aber ſie ſind euch gefolgt in den blutigen Krieg ge¬ gen das, was ihnen Freiheit ſchien, weil ihr es ſo wolltet. Einige unter euch haben ſpaͤterhin anders gewollt, und ſie ſind euch gefolgt in das, was ihnen ein Ausrottungskrieg ſcheinen

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/485>, abgerufen am 24.11.2024.