Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

selbst es uns verschaffen: und insbesondre,
wenn nicht jeder Einzelne unter uns in seiner
Weise thut und wirket, als ob er allein sey,
und als ob lediglich auf ihm das Heil der künf¬
tigen Geschlechter beruhe.

Dies ists, was ihr zu thun habt; dies ohne
Säumen zu thun, beschwören euch diese Reden.

Sie beschwören euch Jünglinge. Ich, der
ich schon seit geraumer Zeit aufgehört habe, zu
euch zu gehören, halte dafür, und habe es
auch in diesen Reden ausgesprochen, daß ihr
noch fähiger seyd eines jeglichen über das ge¬
meine hinausliegenden Gedankens, und erreg¬
barer für jedes gute, und tüchtige, weil euer
Alter noch näher liegt den Jahren der kindli¬
chen Unschuld, und der Natur. Ganz anders
sieht diesen Grundzug an euch an die Mehrheit
der ältern Welt. Diese klaget euch an der
Anmaßung, des vorschnellen, vermessenen, und
eure Kräfte überfliegenden Urtheils, der Recht¬
haberei, der Neuerungssucht. Jedoch lächelt
sie nur gutmüthig dieser eurer Fehler. Alles
dieses, meint sie, sey begründet lediglich durch

ſelbſt es uns verſchaffen: und insbeſondre,
wenn nicht jeder Einzelne unter uns in ſeiner
Weiſe thut und wirket, als ob er allein ſey,
und als ob lediglich auf ihm das Heil der kuͤnf¬
tigen Geſchlechter beruhe.

Dies iſts, was ihr zu thun habt; dies ohne
Saͤumen zu thun, beſchwoͤren euch dieſe Reden.

Sie beſchwoͤren euch Juͤnglinge. Ich, der
ich ſchon ſeit geraumer Zeit aufgehoͤrt habe, zu
euch zu gehoͤren, halte dafuͤr, und habe es
auch in dieſen Reden ausgeſprochen, daß ihr
noch faͤhiger ſeyd eines jeglichen uͤber das ge¬
meine hinausliegenden Gedankens, und erreg¬
barer fuͤr jedes gute, und tuͤchtige, weil euer
Alter noch naͤher liegt den Jahren der kindli¬
chen Unſchuld, und der Natur. Ganz anders
ſieht dieſen Grundzug an euch an die Mehrheit
der aͤltern Welt. Dieſe klaget euch an der
Anmaßung, des vorſchnellen, vermeſſenen, und
eure Kraͤfte uͤberfliegenden Urtheils, der Recht¬
haberei, der Neuerungsſucht. Jedoch laͤchelt
ſie nur gutmuͤthig dieſer eurer Fehler. Alles
dieſes, meint ſie, ſey begruͤndet lediglich durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0472" n="466"/>
&#x017F;elb&#x017F;t es uns ver&#x017F;chaffen: und insbe&#x017F;ondre,<lb/>
wenn nicht jeder Einzelne unter uns in &#x017F;einer<lb/>
Wei&#x017F;e thut und wirket, als ob er allein &#x017F;ey,<lb/>
und als ob lediglich auf ihm das Heil der ku&#x0364;nf¬<lb/>
tigen Ge&#x017F;chlechter beruhe.</p><lb/>
        <p>Dies i&#x017F;ts, was ihr zu thun habt; dies ohne<lb/>
Sa&#x0364;umen zu thun, be&#x017F;chwo&#x0364;ren euch die&#x017F;e Reden.</p><lb/>
        <p>Sie be&#x017F;chwo&#x0364;ren euch Ju&#x0364;nglinge. Ich, der<lb/>
ich &#x017F;chon &#x017F;eit geraumer Zeit aufgeho&#x0364;rt habe, zu<lb/>
euch zu geho&#x0364;ren, halte dafu&#x0364;r, und habe es<lb/>
auch in die&#x017F;en Reden ausge&#x017F;prochen, daß ihr<lb/>
noch fa&#x0364;higer &#x017F;eyd eines jeglichen u&#x0364;ber das ge¬<lb/>
meine hinausliegenden Gedankens, und erreg¬<lb/>
barer fu&#x0364;r jedes gute, und tu&#x0364;chtige, weil euer<lb/>
Alter noch na&#x0364;her liegt den Jahren der kindli¬<lb/>
chen Un&#x017F;chuld, und der Natur. Ganz anders<lb/>
&#x017F;ieht die&#x017F;en Grundzug an euch an die Mehrheit<lb/>
der a&#x0364;ltern Welt. Die&#x017F;e klaget euch an der<lb/>
Anmaßung, des vor&#x017F;chnellen, verme&#x017F;&#x017F;enen, und<lb/>
eure Kra&#x0364;fte u&#x0364;berfliegenden Urtheils, der Recht¬<lb/>
haberei, der Neuerungs&#x017F;ucht. Jedoch la&#x0364;chelt<lb/>
&#x017F;ie nur gutmu&#x0364;thig die&#x017F;er eurer Fehler. Alles<lb/>
die&#x017F;es, meint &#x017F;ie, &#x017F;ey begru&#x0364;ndet lediglich durch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[466/0472] ſelbſt es uns verſchaffen: und insbeſondre, wenn nicht jeder Einzelne unter uns in ſeiner Weiſe thut und wirket, als ob er allein ſey, und als ob lediglich auf ihm das Heil der kuͤnf¬ tigen Geſchlechter beruhe. Dies iſts, was ihr zu thun habt; dies ohne Saͤumen zu thun, beſchwoͤren euch dieſe Reden. Sie beſchwoͤren euch Juͤnglinge. Ich, der ich ſchon ſeit geraumer Zeit aufgehoͤrt habe, zu euch zu gehoͤren, halte dafuͤr, und habe es auch in dieſen Reden ausgeſprochen, daß ihr noch faͤhiger ſeyd eines jeglichen uͤber das ge¬ meine hinausliegenden Gedankens, und erreg¬ barer fuͤr jedes gute, und tuͤchtige, weil euer Alter noch naͤher liegt den Jahren der kindli¬ chen Unſchuld, und der Natur. Ganz anders ſieht dieſen Grundzug an euch an die Mehrheit der aͤltern Welt. Dieſe klaget euch an der Anmaßung, des vorſchnellen, vermeſſenen, und eure Kraͤfte uͤberfliegenden Urtheils, der Recht¬ haberei, der Neuerungsſucht. Jedoch laͤchelt ſie nur gutmuͤthig dieſer eurer Fehler. Alles dieſes, meint ſie, ſey begruͤndet lediglich durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/472
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/472>, abgerufen am 24.11.2024.