dieselbe sich wendenden Stimmen, zuerst das Lautwerden, oder durch Verbote die Verbrei¬ tung versagten; so wäre dies ein Beweis, daß wir schon jezt keine deutsche Schriftstellerei mehr hätten, und wir wüßten, wie wir mit den Aussichten auf eine künftige Litteratur da¬ ran wären.
Was könnte es doch seyn, daß diese fürch¬ teten? Etwa, daß dieser und jener derglei¬ chen Stimmen nicht gern hören werde? Sie würden für ihre zarte Besorgtheit wenigstens die Zeit übel gewählt haben. Schmähungen und Herabwürdigungen des Vaterländischen, abgeschmackte Lobpreisungen des Ausländischen, können sie ja doch nicht verhindern; seyn sie doch nicht so strenge gegen ein dazwischen tö¬ nendes vaterländisches Wort! Es ist wohl möglich, daß nicht alle alles gleich gern hören; aber dafür können wir zur Zeit nicht sorgen, uns treibt die Noth, und wir müssen eben sa¬ gen, was diese zu sagen gebietet. Wir ringen ums Leben; wollen sie, daß wir unsre Schritte abmessen, damit nicht etwa durch den erregten Staub irgend ein Staatskleid bestäubt werde? Wir gehen unter in den Fluthen; sollen wir
dieſelbe ſich wendenden Stimmen, zuerſt das Lautwerden, oder durch Verbote die Verbrei¬ tung verſagten; ſo waͤre dies ein Beweis, daß wir ſchon jezt keine deutſche Schriftſtellerei mehr haͤtten, und wir wuͤßten, wie wir mit den Ausſichten auf eine kuͤnftige Litteratur da¬ ran waͤren.
Was koͤnnte es doch ſeyn, daß dieſe fuͤrch¬ teten? Etwa, daß dieſer und jener derglei¬ chen Stimmen nicht gern hoͤren werde? Sie wuͤrden fuͤr ihre zarte Beſorgtheit wenigſtens die Zeit uͤbel gewaͤhlt haben. Schmaͤhungen und Herabwuͤrdigungen des Vaterlaͤndiſchen, abgeſchmackte Lobpreiſungen des Auslaͤndiſchen, koͤnnen ſie ja doch nicht verhindern; ſeyn ſie doch nicht ſo ſtrenge gegen ein dazwiſchen toͤ¬ nendes vaterlaͤndiſches Wort! Es iſt wohl moͤglich, daß nicht alle alles gleich gern hoͤren; aber dafuͤr koͤnnen wir zur Zeit nicht ſorgen, uns treibt die Noth, und wir muͤſſen eben ſa¬ gen, was dieſe zu ſagen gebietet. Wir ringen ums Leben; wollen ſie, daß wir unſre Schritte abmeſſen, damit nicht etwa durch den erregten Staub irgend ein Staatskleid beſtaͤubt werde? Wir gehen unter in den Fluthen; ſollen wir
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dieſelbe ſich wendenden Stimmen, zuerſt das
Lautwerden, oder durch Verbote die Verbrei¬
tung verſagten; ſo waͤre dies ein Beweis, daß
wir ſchon jezt keine deutſche Schriftſtellerei
mehr haͤtten, und wir wuͤßten, wie wir mit
den Ausſichten auf eine kuͤnftige Litteratur da¬
ran waͤren.
Was koͤnnte es doch ſeyn, daß dieſe fuͤrch¬
teten? Etwa, daß dieſer und jener derglei¬
chen Stimmen nicht gern hoͤren werde? Sie
wuͤrden fuͤr ihre zarte Beſorgtheit wenigſtens
die Zeit uͤbel gewaͤhlt haben. Schmaͤhungen
und Herabwuͤrdigungen des Vaterlaͤndiſchen,
abgeſchmackte Lobpreiſungen des Auslaͤndiſchen,
koͤnnen ſie ja doch nicht verhindern; ſeyn ſie
doch nicht ſo ſtrenge gegen ein dazwiſchen toͤ¬
nendes vaterlaͤndiſches Wort! Es iſt wohl
moͤglich, daß nicht alle alles gleich gern hoͤren;
aber dafuͤr koͤnnen wir zur Zeit nicht ſorgen,
uns treibt die Noth, und wir muͤſſen eben ſa¬
gen, was dieſe zu ſagen gebietet. Wir ringen
ums Leben; wollen ſie, daß wir unſre Schritte
abmeſſen, damit nicht etwa durch den erregten
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/404>, abgerufen am 25.11.2024.
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