leerer Laut, zum Kitzel müßiger Ohren. Er will ursprünglich und aus der Wurzel des gei¬ stigen Lebens heraus denken, für diejenigen, die eben so ursprünglich wirken, d. i. regieren. Er kann deswegen nur in einer solchen Spra¬ che schreiben, in der auch die Regierenden den¬ ken, in einer Sprache, in der regiert wird, in der eines Volkes, das einen selbstständigen Staat ausmacht. Was wollen denn zulezt alle unsre Bemühungen selbst um die abgezo¬ gensten Wissenschaften? Lasset seyn, der näch¬ ste Zwek dieser Bemühungen sei der, die Wissen¬ schaft fortzupflanzen von Geschlecht zu Ge¬ schlecht, und in der Welt zu erhalten; warum soll sie denn auch erhalten werden? Offenbar nur, um zu rechter Zeit das allgemeine Leben, und die ganze menschliche Ordnung der Dinge zu gestalten. Dies ist ihr lezter Zwek; mit¬ telbar dient sonach, sey es auch erst in einer spätern Zukunft, jede wissenschaftliche Bestre¬ bung dem Staate. Giebt sie diesen Zwek auf, so ist auch ihre Würde, und ihre Selbstständig¬ keit verloren. Wer aber diesen Zwek hat, der muß schreiben in der Sprache des herrschenden Volkes.
leerer Laut, zum Kitzel muͤßiger Ohren. Er will urſpruͤnglich und aus der Wurzel des gei¬ ſtigen Lebens heraus denken, fuͤr diejenigen, die eben ſo urſpruͤnglich wirken, d. i. regieren. Er kann deswegen nur in einer ſolchen Spra¬ che ſchreiben, in der auch die Regierenden den¬ ken, in einer Sprache, in der regiert wird, in der eines Volkes, das einen ſelbſtſtaͤndigen Staat ausmacht. Was wollen denn zulezt alle unſre Bemuͤhungen ſelbſt um die abgezo¬ genſten Wiſſenſchaften? Laſſet ſeyn, der naͤch¬ ſte Zwek dieſer Bemuͤhungen ſei der, die Wiſſen¬ ſchaft fortzupflanzen von Geſchlecht zu Ge¬ ſchlecht, und in der Welt zu erhalten; warum ſoll ſie denn auch erhalten werden? Offenbar nur, um zu rechter Zeit das allgemeine Leben, und die ganze menſchliche Ordnung der Dinge zu geſtalten. Dies iſt ihr lezter Zwek; mit¬ telbar dient ſonach, ſey es auch erſt in einer ſpaͤtern Zukunft, jede wiſſenſchaftliche Beſtre¬ bung dem Staate. Giebt ſie dieſen Zwek auf, ſo iſt auch ihre Wuͤrde, und ihre Selbſtſtaͤndig¬ keit verloren. Wer aber dieſen Zwek hat, der muß ſchreiben in der Sprache des herrſchenden Volkes.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0400"n="394"/>
leerer Laut, zum Kitzel muͤßiger Ohren. Er<lb/>
will urſpruͤnglich und aus der Wurzel des gei¬<lb/>ſtigen Lebens heraus denken, fuͤr diejenigen,<lb/>
die eben ſo urſpruͤnglich wirken, d. i. regieren.<lb/>
Er kann deswegen nur in einer ſolchen Spra¬<lb/>
che ſchreiben, in der auch die Regierenden den¬<lb/>
ken, in einer Sprache, in der regiert wird,<lb/>
in der eines Volkes, das einen ſelbſtſtaͤndigen<lb/>
Staat ausmacht. Was wollen denn zulezt<lb/>
alle unſre Bemuͤhungen ſelbſt um die abgezo¬<lb/>
genſten Wiſſenſchaften? Laſſet ſeyn, der naͤch¬<lb/>ſte Zwek dieſer Bemuͤhungen ſei der, die Wiſſen¬<lb/>ſchaft fortzupflanzen von Geſchlecht zu Ge¬<lb/>ſchlecht, und in der Welt zu erhalten; warum<lb/>ſoll ſie denn auch erhalten werden? Offenbar<lb/>
nur, um zu rechter Zeit das allgemeine Leben,<lb/>
und die ganze menſchliche Ordnung der Dinge<lb/>
zu geſtalten. Dies iſt ihr lezter Zwek; mit¬<lb/>
telbar dient ſonach, ſey es auch erſt in einer<lb/>ſpaͤtern Zukunft, jede wiſſenſchaftliche Beſtre¬<lb/>
bung dem Staate. Giebt ſie dieſen Zwek auf,<lb/>ſo iſt auch ihre Wuͤrde, und ihre Selbſtſtaͤndig¬<lb/>
keit verloren. Wer aber dieſen Zwek hat, der<lb/>
muß ſchreiben in der Sprache des herrſchenden<lb/>
Volkes.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[394/0400]
leerer Laut, zum Kitzel muͤßiger Ohren. Er
will urſpruͤnglich und aus der Wurzel des gei¬
ſtigen Lebens heraus denken, fuͤr diejenigen,
die eben ſo urſpruͤnglich wirken, d. i. regieren.
Er kann deswegen nur in einer ſolchen Spra¬
che ſchreiben, in der auch die Regierenden den¬
ken, in einer Sprache, in der regiert wird,
in der eines Volkes, das einen ſelbſtſtaͤndigen
Staat ausmacht. Was wollen denn zulezt
alle unſre Bemuͤhungen ſelbſt um die abgezo¬
genſten Wiſſenſchaften? Laſſet ſeyn, der naͤch¬
ſte Zwek dieſer Bemuͤhungen ſei der, die Wiſſen¬
ſchaft fortzupflanzen von Geſchlecht zu Ge¬
ſchlecht, und in der Welt zu erhalten; warum
ſoll ſie denn auch erhalten werden? Offenbar
nur, um zu rechter Zeit das allgemeine Leben,
und die ganze menſchliche Ordnung der Dinge
zu geſtalten. Dies iſt ihr lezter Zwek; mit¬
telbar dient ſonach, ſey es auch erſt in einer
ſpaͤtern Zukunft, jede wiſſenſchaftliche Beſtre¬
bung dem Staate. Giebt ſie dieſen Zwek auf,
ſo iſt auch ihre Wuͤrde, und ihre Selbſtſtaͤndig¬
keit verloren. Wer aber dieſen Zwek hat, der
muß ſchreiben in der Sprache des herrſchenden
Volkes.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/400>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.