werden; er wird Bedenklichkeiten, in denen die andern hängen blieben, beseitigen; aus seinem Schooße werden die Lehrbücher, und die ersten Lehrer ausgehen, und den andern geliehen werden; und wer nach ihm der zweite seyn wird, wird den zweiten Ruhm erwerben. Zum erfreulichen Zeugnisse, daß unter den Deutschen ein Sinn für das höhere noch nie ganz ausgestorben, haben bisher mehrere deut¬ sche Stämme und Staaten mit einander um den Ruhm größerer Bildung gestritten; diese haben ausgedehntere Preßfreiheit, freiere Hin¬ wegsetzung über die hergebrachte Meinung, andere besser eingerichtete Schulen und Univer¬ sitäten, andere ehemaligen Ruhm, und Ver¬ dienste, andere etwas anders für sich ange¬ führt, und der Streit hat nicht entschieden werden können. Bei der gegenwärtigen Ver¬ anlassung wird er es werden. Diejenige Bil¬ dung allein, die da strebt, und die es wagt, sich allgemein zu machen, und alle Menschen ohne Unterschied zu erfassen, ist ein wirkliches Bestandtheil des Lebens; und ist ihrer selbst sicher. Jede andere ist eine fremde Zuthat,
werden; er wird Bedenklichkeiten, in denen die andern haͤngen blieben, beſeitigen; aus ſeinem Schooße werden die Lehrbuͤcher, und die erſten Lehrer ausgehen, und den andern geliehen werden; und wer nach ihm der zweite ſeyn wird, wird den zweiten Ruhm erwerben. Zum erfreulichen Zeugniſſe, daß unter den Deutſchen ein Sinn fuͤr das hoͤhere noch nie ganz ausgeſtorben, haben bisher mehrere deut¬ ſche Staͤmme und Staaten mit einander um den Ruhm groͤßerer Bildung geſtritten; dieſe haben ausgedehntere Preßfreiheit, freiere Hin¬ wegſetzung uͤber die hergebrachte Meinung, andere beſſer eingerichtete Schulen und Univer¬ ſitaͤten, andere ehemaligen Ruhm, und Ver¬ dienſte, andere etwas anders fuͤr ſich ange¬ fuͤhrt, und der Streit hat nicht entſchieden werden koͤnnen. Bei der gegenwaͤrtigen Ver¬ anlaſſung wird er es werden. Diejenige Bil¬ dung allein, die da ſtrebt, und die es wagt, ſich allgemein zu machen, und alle Menſchen ohne Unterſchied zu erfaſſen, iſt ein wirkliches Beſtandtheil des Lebens; und iſt ihrer ſelbſt ſicher. Jede andere iſt eine fremde Zuthat,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0371"n="365"/>
werden; er wird Bedenklichkeiten, in denen<lb/>
die andern haͤngen blieben, beſeitigen; aus<lb/>ſeinem Schooße werden die Lehrbuͤcher, und<lb/>
die erſten Lehrer ausgehen, und den andern<lb/>
geliehen werden; und wer nach ihm der zweite<lb/>ſeyn wird, wird den zweiten Ruhm erwerben.<lb/>
Zum erfreulichen Zeugniſſe, daß unter den<lb/>
Deutſchen ein Sinn fuͤr das hoͤhere noch nie<lb/>
ganz ausgeſtorben, haben bisher mehrere deut¬<lb/>ſche Staͤmme und Staaten mit einander um<lb/>
den Ruhm groͤßerer Bildung geſtritten; dieſe<lb/>
haben ausgedehntere Preßfreiheit, freiere Hin¬<lb/>
wegſetzung uͤber die hergebrachte Meinung,<lb/>
andere beſſer eingerichtete Schulen und Univer¬<lb/>ſitaͤten, andere ehemaligen Ruhm, und Ver¬<lb/>
dienſte, andere etwas anders fuͤr ſich ange¬<lb/>
fuͤhrt, und der Streit hat nicht entſchieden<lb/>
werden koͤnnen. Bei der gegenwaͤrtigen Ver¬<lb/>
anlaſſung wird er es werden. Diejenige Bil¬<lb/>
dung allein, die da ſtrebt, und die es wagt,<lb/>ſich allgemein zu machen, und alle Menſchen<lb/>
ohne Unterſchied zu erfaſſen, iſt ein wirkliches<lb/>
Beſtandtheil des Lebens; und iſt ihrer ſelbſt<lb/>ſicher. Jede andere iſt eine fremde Zuthat,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[365/0371]
werden; er wird Bedenklichkeiten, in denen
die andern haͤngen blieben, beſeitigen; aus
ſeinem Schooße werden die Lehrbuͤcher, und
die erſten Lehrer ausgehen, und den andern
geliehen werden; und wer nach ihm der zweite
ſeyn wird, wird den zweiten Ruhm erwerben.
Zum erfreulichen Zeugniſſe, daß unter den
Deutſchen ein Sinn fuͤr das hoͤhere noch nie
ganz ausgeſtorben, haben bisher mehrere deut¬
ſche Staͤmme und Staaten mit einander um
den Ruhm groͤßerer Bildung geſtritten; dieſe
haben ausgedehntere Preßfreiheit, freiere Hin¬
wegſetzung uͤber die hergebrachte Meinung,
andere beſſer eingerichtete Schulen und Univer¬
ſitaͤten, andere ehemaligen Ruhm, und Ver¬
dienſte, andere etwas anders fuͤr ſich ange¬
fuͤhrt, und der Streit hat nicht entſchieden
werden koͤnnen. Bei der gegenwaͤrtigen Ver¬
anlaſſung wird er es werden. Diejenige Bil¬
dung allein, die da ſtrebt, und die es wagt,
ſich allgemein zu machen, und alle Menſchen
ohne Unterſchied zu erfaſſen, iſt ein wirkliches
Beſtandtheil des Lebens; und iſt ihrer ſelbſt
ſicher. Jede andere iſt eine fremde Zuthat,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/371>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.