solchen Regierung zuförderst nach außen die Vernachlässigung aller Bande, durch welche ihre eigne Sicherheit an die Sicherheit anderer Staaten geknüpft ist, das Aufgeben des Gan¬ zen, dessen Glied sie ist, lediglich darum, da¬ mit sie nicht aus ihrer trägen Ruhe aufge¬ stört werde, und die traurige Täuschung der Selbstsucht, daß sie Frieden habe, so lange nur die eignen Gränzen nicht angegriffen sind; sodann nach innen jene weichliche Führung der Zügel des Staats, die mit ausländischen Wor¬ ten sich Humanität, Liberalität und Populari¬ tät nennt, die aber richtiger in deutscher Spra¬ che Schlaffheit und ein Betragen ohne Würde zu nennen ist.
Wenn sie auch der Regierenden sich bemäch¬ tigt, habe ich gesagt. Ein Volk kann durchaus verdorben seyn, d. i. selbstsüchtig, denn die Selbstsucht ist die Wurzel aller andern Verderbt¬ heit, -- und dennoch dabei nicht nur bestehen, sondern sogar äußerlich glänzende Thaten ver¬ richten, wenn nur nicht seine Regierung eben also verdirbt; ja die leztere sogar kann auch nach außen treulos und pfticht- und ehrvergessen han¬
ſolchen Regierung zufoͤrderſt nach außen die Vernachlaͤſſigung aller Bande, durch welche ihre eigne Sicherheit an die Sicherheit anderer Staaten geknuͤpft iſt, das Aufgeben des Gan¬ zen, deſſen Glied ſie iſt, lediglich darum, da¬ mit ſie nicht aus ihrer traͤgen Ruhe aufge¬ ſtoͤrt werde, und die traurige Taͤuſchung der Selbſtſucht, daß ſie Frieden habe, ſo lange nur die eignen Graͤnzen nicht angegriffen ſind; ſodann nach innen jene weichliche Fuͤhrung der Zuͤgel des Staats, die mit auslaͤndiſchen Wor¬ ten ſich Humanitaͤt, Liberalitaͤt und Populari¬ taͤt nennt, die aber richtiger in deutſcher Spra¬ che Schlaffheit und ein Betragen ohne Wuͤrde zu nennen iſt.
Wenn ſie auch der Regierenden ſich bemaͤch¬ tigt, habe ich geſagt. Ein Volk kann durchaus verdorben ſeyn, d. i. ſelbſtſuͤchtig, denn die Selbſtſucht iſt die Wurzel aller andern Verderbt¬ heit, — und dennoch dabei nicht nur beſtehen, ſondern ſogar aͤußerlich glaͤnzende Thaten ver¬ richten, wenn nur nicht ſeine Regierung eben alſo verdirbt; ja die leztere ſogar kann auch nach außen treulos und pfticht- und ehrvergeſſen han¬
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[29/0035]
ſolchen Regierung zufoͤrderſt nach außen die
Vernachlaͤſſigung aller Bande, durch welche
ihre eigne Sicherheit an die Sicherheit anderer
Staaten geknuͤpft iſt, das Aufgeben des Gan¬
zen, deſſen Glied ſie iſt, lediglich darum, da¬
mit ſie nicht aus ihrer traͤgen Ruhe aufge¬
ſtoͤrt werde, und die traurige Taͤuſchung der
Selbſtſucht, daß ſie Frieden habe, ſo lange
nur die eignen Graͤnzen nicht angegriffen ſind;
ſodann nach innen jene weichliche Fuͤhrung der
Zuͤgel des Staats, die mit auslaͤndiſchen Wor¬
ten ſich Humanitaͤt, Liberalitaͤt und Populari¬
taͤt nennt, die aber richtiger in deutſcher Spra¬
che Schlaffheit und ein Betragen ohne Wuͤrde
zu nennen iſt.
Wenn ſie auch der Regierenden ſich bemaͤch¬
tigt, habe ich geſagt. Ein Volk kann durchaus
verdorben ſeyn, d. i. ſelbſtſuͤchtig, denn die
Selbſtſucht iſt die Wurzel aller andern Verderbt¬
heit, — und dennoch dabei nicht nur beſtehen,
ſondern ſogar aͤußerlich glaͤnzende Thaten ver¬
richten, wenn nur nicht ſeine Regierung eben
alſo verdirbt; ja die leztere ſogar kann auch nach
außen treulos und pfticht- und ehrvergeſſen han¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/35>, abgerufen am 23.11.2024.
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