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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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Schöpfung sich emporschwangen, mehr, als
nur nicht Ungleichheit, inneren Frieden, äußern
Nationalruhm, und, wo es aufs höchste getrie¬
ben wurde, häusliche Glükseeligkeit vom
Staate gefordert habe? Ist, wie man aus
allen diesen Anzeigen schließen muß, dieses
ihr höchstes, so werden sie auch uns keine hö¬
heren Bedürfnisse, und keine höheren Forderun¬
gen an das Leben beimessen, und, immer jene
wohlthätigen Gesinnungen gegen uns und die
Abwesenheit alles Eigennutzes, und aller Sucht
mehr seyn zu wollen denn wir, vorausgesezt,
treflich für uns gesorgt zu haben glauben, wenn
wir alles das finden, was sie allein als begeh¬
rungswürdig kennen; dasjenige aber, warum
der edlere unter uns allein leben mag, ist sodann
ausgetilgt aus dem öffentlichen Leben, und das
Volk, das für die Anregungen des Edleren sich
stets empfänglich gezeigt hat, und welches man
sogar nach seiner Mehrheit zu jenem Adel em¬
porzuheben hoffen durfte, ist, so wie es behan¬
delt wird, wie jene behandelt seyn wollen, her¬
abgesezt unter seinen Rang, entwürdigt, aus¬
getilgt aus der Reihe der Dinge, indem es zu¬
sammenfließt mit dem von niederer Art.

Schoͤpfung ſich emporſchwangen, mehr, als
nur nicht Ungleichheit, inneren Frieden, aͤußern
Nationalruhm, und, wo es aufs hoͤchſte getrie¬
ben wurde, haͤusliche Gluͤkſeeligkeit vom
Staate gefordert habe? Iſt, wie man aus
allen dieſen Anzeigen ſchließen muß, dieſes
ihr hoͤchſtes, ſo werden ſie auch uns keine hoͤ¬
heren Beduͤrfniſſe, und keine hoͤheren Forderun¬
gen an das Leben beimeſſen, und, immer jene
wohlthaͤtigen Geſinnungen gegen uns und die
Abweſenheit alles Eigennutzes, und aller Sucht
mehr ſeyn zu wollen denn wir, vorausgeſezt,
treflich fuͤr uns geſorgt zu haben glauben, wenn
wir alles das finden, was ſie allein als begeh¬
rungswuͤrdig kennen; dasjenige aber, warum
der edlere unter uns allein leben mag, iſt ſodann
ausgetilgt aus dem oͤffentlichen Leben, und das
Volk, das fuͤr die Anregungen des Edleren ſich
ſtets empfaͤnglich gezeigt hat, und welches man
ſogar nach ſeiner Mehrheit zu jenem Adel em¬
porzuheben hoffen durfte, iſt, ſo wie es behan¬
delt wird, wie jene behandelt ſeyn wollen, her¬
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[278/0284] Schoͤpfung ſich emporſchwangen, mehr, als nur nicht Ungleichheit, inneren Frieden, aͤußern Nationalruhm, und, wo es aufs hoͤchſte getrie¬ ben wurde, haͤusliche Gluͤkſeeligkeit vom Staate gefordert habe? Iſt, wie man aus allen dieſen Anzeigen ſchließen muß, dieſes ihr hoͤchſtes, ſo werden ſie auch uns keine hoͤ¬ heren Beduͤrfniſſe, und keine hoͤheren Forderun¬ gen an das Leben beimeſſen, und, immer jene wohlthaͤtigen Geſinnungen gegen uns und die Abweſenheit alles Eigennutzes, und aller Sucht mehr ſeyn zu wollen denn wir, vorausgeſezt, treflich fuͤr uns geſorgt zu haben glauben, wenn wir alles das finden, was ſie allein als begeh¬ rungswuͤrdig kennen; dasjenige aber, warum der edlere unter uns allein leben mag, iſt ſodann ausgetilgt aus dem oͤffentlichen Leben, und das Volk, das fuͤr die Anregungen des Edleren ſich ſtets empfaͤnglich gezeigt hat, und welches man ſogar nach ſeiner Mehrheit zu jenem Adel em¬ porzuheben hoffen durfte, iſt, ſo wie es behan¬ delt wird, wie jene behandelt ſeyn wollen, her¬ abgeſezt unter ſeinen Rang, entwuͤrdigt, aus¬ getilgt aus der Reihe der Dinge, indem es zu¬ ſammenfließt mit dem von niederer Art.

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/284>, abgerufen am 25.11.2024.