Volk und Vaterland in dieser Bedeutung, als Träger, und Unterpfand der irdischen Ewig¬ keit, und als dasjenige, was hienieden ewig seyn kann, liegt weit hinaus über den Staat, im gewöhnlichen Sinne des Worts, -- über die gesellschaftliche Ordnung, wie dieselbe im blo¬ ßen klaren Begriffe erfaßt, und nach Anleitung dieses Begriffs errichtet und erhalten wird. Dieser will gewisses Recht, innerlichen Frie¬ den, und daß jeder durch Fleiß seinen Unter¬ halt, und die Fristung seines sinnlichen Daseyns finde, so lange Gott sie ihm gewähren will. Dieses alles ist nur Mittel, Bedingung, und Gerüst dessen, was die Vaterlandsliebe eigent¬ lich will, des Ausblühens des ewigen, und göttlichen in der Welt, immer reiner, voll¬ kommner und getroffener im unendlichen Fort¬ gange. Eben darum muß diese Vaterlands¬ liebe den Staat selbst regieren, als durchaus oberste, lezte, und unabhängige Behörde, zu¬ förderst, indem sie ihn beschränkt in der Wahl der Mittel für seinen nächsten Zwek, den inner¬ lichen Frieden. Für diesen Zwek muß freilich die natürliche Freiheit des Einzelnen auf man¬
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Volk und Vaterland in dieſer Bedeutung, als Traͤger, und Unterpfand der irdiſchen Ewig¬ keit, und als dasjenige, was hienieden ewig ſeyn kann, liegt weit hinaus uͤber den Staat, im gewoͤhnlichen Sinne des Worts, — uͤber die geſellſchaftliche Ordnung, wie dieſelbe im blo¬ ßen klaren Begriffe erfaßt, und nach Anleitung dieſes Begriffs errichtet und erhalten wird. Dieſer will gewiſſes Recht, innerlichen Frie¬ den, und daß jeder durch Fleiß ſeinen Unter¬ halt, und die Friſtung ſeines ſinnlichen Daſeyns finde, ſo lange Gott ſie ihm gewaͤhren will. Dieſes alles iſt nur Mittel, Bedingung, und Geruͤſt deſſen, was die Vaterlandsliebe eigent¬ lich will, des Ausbluͤhens des ewigen, und goͤttlichen in der Welt, immer reiner, voll¬ kommner und getroffener im unendlichen Fort¬ gange. Eben darum muß dieſe Vaterlands¬ liebe den Staat ſelbſt regieren, als durchaus oberſte, lezte, und unabhaͤngige Behoͤrde, zu¬ foͤrderſt, indem ſie ihn beſchraͤnkt in der Wahl der Mittel fuͤr ſeinen naͤchſten Zwek, den inner¬ lichen Frieden. Fuͤr dieſen Zwek muß freilich die natuͤrliche Freiheit des Einzelnen auf man¬
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Volk und Vaterland in dieſer Bedeutung,
als Traͤger, und Unterpfand der irdiſchen Ewig¬
keit, und als dasjenige, was hienieden ewig
ſeyn kann, liegt weit hinaus uͤber den Staat,
im gewoͤhnlichen Sinne des Worts, — uͤber die
geſellſchaftliche Ordnung, wie dieſelbe im blo¬
ßen klaren Begriffe erfaßt, und nach Anleitung
dieſes Begriffs errichtet und erhalten wird.
Dieſer will gewiſſes Recht, innerlichen Frie¬
den, und daß jeder durch Fleiß ſeinen Unter¬
halt, und die Friſtung ſeines ſinnlichen Daſeyns
finde, ſo lange Gott ſie ihm gewaͤhren will.
Dieſes alles iſt nur Mittel, Bedingung, und
Geruͤſt deſſen, was die Vaterlandsliebe eigent¬
lich will, des Ausbluͤhens des ewigen, und
goͤttlichen in der Welt, immer reiner, voll¬
kommner und getroffener im unendlichen Fort¬
gange. Eben darum muß dieſe Vaterlands¬
liebe den Staat ſelbſt regieren, als durchaus
oberſte, lezte, und unabhaͤngige Behoͤrde, zu¬
foͤrderſt, indem ſie ihn beſchraͤnkt in der Wahl
der Mittel fuͤr ſeinen naͤchſten Zwek, den inner¬
lichen Frieden. Fuͤr dieſen Zwek muß freilich
die natuͤrliche Freiheit des Einzelnen auf man¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/263>, abgerufen am 22.11.2024.
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