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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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meine, daß das Gegentheil von diesem allen
statt finde. Alle, die entweder selbst, schöpfe¬
risch, und hervorbringend das neue, leben, oder,
die, falls ihnen dies nicht zu Theil geworden
wäre, das nichtige wenigstens entschieden fallen
lassen, und aufmerkend da stehen, ob irgendwo
der Fluß ursprünglichen Lebens sie ergreifen
werde, oder die, falls sie auch nicht so weit
waren, die Freiheit wenigstens ahnden, und sie
nicht hassen, oder vor ihr erschrecken, sondern
sie lieben: alle diese sind ursprüngliche Men¬
schen, sie sind, wenn sie als ein Volk betrachtet
werden, ein Urvolk, das Volk schlechtweg, Deut¬
sche. Alle, die sich darein ergeben ein zweites
zu seyn, und abgestammtes, und die deutlich
sich also kennen und begreifen, sind es in der
That, und werden es immer mehr durch diesen
ihren Glauben, sie sind ein Anhang zum Leben,
das vor ihnen, oder neben ihnen, aus eignem
Triebe sich regte, ein vom Felsen zurüktönender
Nachhall einer schon verstummten Stimme, sie
sind, als Volk betrachtet, außerhalb des Urvolks,
und für dasselbe Fremde, und Ausländer. In
der Nation, die bis auf diesen Tag sich das
Volk schlechtweg, oder Deutsche nennt, ist in der
neuen Zeit wenigstens bis jezt ursprüngliches,
an den Tag hervorgebrochen, und Schöpferkraft

meine, daß das Gegentheil von dieſem allen
ſtatt finde. Alle, die entweder ſelbſt, ſchoͤpfe¬
riſch, und hervorbringend das neue, leben, oder,
die, falls ihnen dies nicht zu Theil geworden
waͤre, das nichtige wenigſtens entſchieden fallen
laſſen, und aufmerkend da ſtehen, ob irgendwo
der Fluß urſpruͤnglichen Lebens ſie ergreifen
werde, oder die, falls ſie auch nicht ſo weit
waren, die Freiheit wenigſtens ahnden, und ſie
nicht haſſen, oder vor ihr erſchrecken, ſondern
ſie lieben: alle dieſe ſind urſpruͤngliche Men¬
ſchen, ſie ſind, wenn ſie als ein Volk betrachtet
werden, ein Urvolk, das Volk ſchlechtweg, Deut¬
ſche. Alle, die ſich darein ergeben ein zweites
zu ſeyn, und abgeſtammtes, und die deutlich
ſich alſo kennen und begreifen, ſind es in der
That, und werden es immer mehr durch dieſen
ihren Glauben, ſie ſind ein Anhang zum Leben,
das vor ihnen, oder neben ihnen, aus eignem
Triebe ſich regte, ein vom Felſen zuruͤktoͤnender
Nachhall einer ſchon verſtummten Stimme, ſie
ſind, als Volk betrachtet, außerhalb des Urvolks,
und fuͤr daſſelbe Fremde, und Auslaͤnder. In
der Nation, die bis auf dieſen Tag ſich das
Volk ſchlechtweg, oder Deutſche nennt, iſt in der
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[237/0243] meine, daß das Gegentheil von dieſem allen ſtatt finde. Alle, die entweder ſelbſt, ſchoͤpfe¬ riſch, und hervorbringend das neue, leben, oder, die, falls ihnen dies nicht zu Theil geworden waͤre, das nichtige wenigſtens entſchieden fallen laſſen, und aufmerkend da ſtehen, ob irgendwo der Fluß urſpruͤnglichen Lebens ſie ergreifen werde, oder die, falls ſie auch nicht ſo weit waren, die Freiheit wenigſtens ahnden, und ſie nicht haſſen, oder vor ihr erſchrecken, ſondern ſie lieben: alle dieſe ſind urſpruͤngliche Men¬ ſchen, ſie ſind, wenn ſie als ein Volk betrachtet werden, ein Urvolk, das Volk ſchlechtweg, Deut¬ ſche. Alle, die ſich darein ergeben ein zweites zu ſeyn, und abgeſtammtes, und die deutlich ſich alſo kennen und begreifen, ſind es in der That, und werden es immer mehr durch dieſen ihren Glauben, ſie ſind ein Anhang zum Leben, das vor ihnen, oder neben ihnen, aus eignem Triebe ſich regte, ein vom Felſen zuruͤktoͤnender Nachhall einer ſchon verſtummten Stimme, ſie ſind, als Volk betrachtet, außerhalb des Urvolks, und fuͤr daſſelbe Fremde, und Auslaͤnder. In der Nation, die bis auf dieſen Tag ſich das Volk ſchlechtweg, oder Deutſche nennt, iſt in der neuen Zeit wenigſtens bis jezt urſpruͤngliches, an den Tag hervorgebrochen, und Schoͤpferkraft

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/243>, abgerufen am 25.11.2024.