war, seelig zu werden, und die von der bishe¬ rigen Religion angegebnen Mittel zur Seelig¬ keit mit innigem Glauben, und redlichem Ern¬ ste in dieser Absicht gebraucht worden waren, so mußte, wenn in diesen Boden, der gerade durch sein Ernstnehmen dem Lichte über die Be¬ schaffenheit dieser Mittel sich länger verschloß, dieses Licht zulezt dennoch fiel, ein gräßliches Entsetzen sich erzeugen vor dem Betruge um das Heil der Seele, und die treibende Unruhe, dieses Heil auf andere Weise zu retten, und was als in ewiges Verderben stürzend erschien, konnte nicht scherzhaft genommen werden. Ferner konnte der Einzelne, den zuerst diese Ansicht ergriffen, keinesweges zufrieden seyn, etwa nur seine eigne Seele zu retten, gleich¬ gültig über das Wohl aller übrigen unsterbli¬ chen Seelen, indem er, seiner tiefern Religion zufolge, dadurch auch nicht einmal die eigne Seele gerettet hätte; sondern mit der gleichen Angst, die er um diese fühlte, mußte er rin¬ gen, schlechthin allen Menschen in der Welt das Auge zu öffnen über die verdammliche Täuschung.
war, ſeelig zu werden, und die von der bishe¬ rigen Religion angegebnen Mittel zur Seelig¬ keit mit innigem Glauben, und redlichem Ern¬ ſte in dieſer Abſicht gebraucht worden waren, ſo mußte, wenn in dieſen Boden, der gerade durch ſein Ernſtnehmen dem Lichte uͤber die Be¬ ſchaffenheit dieſer Mittel ſich laͤnger verſchloß, dieſes Licht zulezt dennoch fiel, ein graͤßliches Entſetzen ſich erzeugen vor dem Betruge um das Heil der Seele, und die treibende Unruhe, dieſes Heil auf andere Weiſe zu retten, und was als in ewiges Verderben ſtuͤrzend erſchien, konnte nicht ſcherzhaft genommen werden. Ferner konnte der Einzelne, den zuerſt dieſe Anſicht ergriffen, keinesweges zufrieden ſeyn, etwa nur ſeine eigne Seele zu retten, gleich¬ guͤltig uͤber das Wohl aller uͤbrigen unſterbli¬ chen Seelen, indem er, ſeiner tiefern Religion zufolge, dadurch auch nicht einmal die eigne Seele gerettet haͤtte; ſondern mit der gleichen Angſt, die er um dieſe fuͤhlte, mußte er rin¬ gen, ſchlechthin allen Menſchen in der Welt das Auge zu oͤffnen uͤber die verdammliche Taͤuſchung.
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war, ſeelig zu werden, und die von der bishe¬
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keit mit innigem Glauben, und redlichem Ern¬
ſte in dieſer Abſicht gebraucht worden waren,
ſo mußte, wenn in dieſen Boden, der gerade
durch ſein Ernſtnehmen dem Lichte uͤber die Be¬
ſchaffenheit dieſer Mittel ſich laͤnger verſchloß,
dieſes Licht zulezt dennoch fiel, ein graͤßliches
Entſetzen ſich erzeugen vor dem Betruge um
das Heil der Seele, und die treibende Unruhe,
dieſes Heil auf andere Weiſe zu retten, und
was als in ewiges Verderben ſtuͤrzend erſchien,
konnte nicht ſcherzhaft genommen werden.
Ferner konnte der Einzelne, den zuerſt dieſe
Anſicht ergriffen, keinesweges zufrieden ſeyn,
etwa nur ſeine eigne Seele zu retten, gleich¬
guͤltig uͤber das Wohl aller uͤbrigen unſterbli¬
chen Seelen, indem er, ſeiner tiefern Religion
zufolge, dadurch auch nicht einmal die eigne
Seele gerettet haͤtte; ſondern mit der gleichen
Angſt, die er um dieſe fuͤhlte, mußte er rin¬
gen, ſchlechthin allen Menſchen in der Welt
das Auge zu oͤffnen uͤber die verdammliche
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/189>, abgerufen am 09.11.2024.
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