Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Grundsätze jeder Art, gewiß nur darum der
Censur unterworfen, weil es so hergebracht
ist. Da sich nun hiebei findet, daß denen,
welche nichts zu sagen wissen, als das was
jedermann auch schon auswendig weiß, in
alle Wege erlaubt wird, so viel Papier zu
verwenden, als sie irgend wollen; wenn
aber einmal wirklich etwas neues gesagt
werden soll, der Censor, der das nicht so¬
gleich zu fassen vermag, und vermeinend, es
könne doch ein nur ihm verborgen bleibendes
Gift darin liegen, um ganz sicher zu gehen,
es lieber unterdrücken möchte; so wäre es
vielleicht manchem Schriftsteller vom Anfange
des 19ten Jahrhunderts in protestantischen
Ländern nicht zu verdenken, wenn er sich
einen schicklichen und bescheidenen Theil von
derjenigen Preßfreiheit wünschte, welche die
Päbste zu Anfange des 16ten ohne Beden¬
ken allgemein zugestanden haben.


Grundſaͤtze jeder Art, gewiß nur darum der
Cenſur unterworfen, weil es ſo hergebracht
iſt. Da ſich nun hiebei findet, daß denen,
welche nichts zu ſagen wiſſen, als das was
jedermann auch ſchon auswendig weiß, in
alle Wege erlaubt wird, ſo viel Papier zu
verwenden, als ſie irgend wollen; wenn
aber einmal wirklich etwas neues geſagt
werden ſoll, der Cenſor, der das nicht ſo¬
gleich zu faſſen vermag, und vermeinend, es
koͤnne doch ein nur ihm verborgen bleibendes
Gift darin liegen, um ganz ſicher zu gehen,
es lieber unterdruͤcken moͤchte; ſo waͤre es
vielleicht manchem Schriftſteller vom Anfange
des 19ten Jahrhunderts in proteſtantiſchen
Laͤndern nicht zu verdenken, wenn er ſich
einen ſchicklichen und beſcheidenen Theil von
derjenigen Preßfreiheit wuͤnſchte, welche die
Paͤbſte zu Anfange des 16ten ohne Beden¬
ken allgemein zugeſtanden haben.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0018" n="12"/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tze jeder Art, gewiß nur darum der<lb/>
Cen&#x017F;ur unterworfen, weil es &#x017F;o hergebracht<lb/>
i&#x017F;t. Da &#x017F;ich nun hiebei findet, daß denen,<lb/>
welche nichts zu &#x017F;agen wi&#x017F;&#x017F;en, als das was<lb/>
jedermann auch &#x017F;chon auswendig weiß, in<lb/>
alle Wege erlaubt wird, &#x017F;o viel Papier zu<lb/>
verwenden, als &#x017F;ie irgend wollen; wenn<lb/>
aber einmal wirklich etwas neues ge&#x017F;agt<lb/>
werden &#x017F;oll, der Cen&#x017F;or, der das nicht &#x017F;<lb/>
gleich zu fa&#x017F;&#x017F;en vermag, und vermeinend, es<lb/>
ko&#x0364;nne doch ein nur ihm verborgen bleibendes<lb/>
Gift darin liegen, um ganz &#x017F;icher zu gehen,<lb/>
es lieber unterdru&#x0364;cken mo&#x0364;chte; &#x017F;o wa&#x0364;re es<lb/>
vielleicht manchem Schrift&#x017F;teller vom Anfange<lb/>
des 19ten Jahrhunderts in prote&#x017F;tanti&#x017F;chen<lb/>
La&#x0364;ndern nicht zu verdenken, wenn er &#x017F;ich<lb/>
einen &#x017F;chicklichen und be&#x017F;cheidenen Theil von<lb/>
derjenigen Preßfreiheit wu&#x0364;n&#x017F;chte, welche die<lb/>
Pa&#x0364;b&#x017F;te zu Anfange des 16ten ohne Beden¬<lb/>
ken allgemein zuge&#x017F;tanden haben.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0018] Grundſaͤtze jeder Art, gewiß nur darum der Cenſur unterworfen, weil es ſo hergebracht iſt. Da ſich nun hiebei findet, daß denen, welche nichts zu ſagen wiſſen, als das was jedermann auch ſchon auswendig weiß, in alle Wege erlaubt wird, ſo viel Papier zu verwenden, als ſie irgend wollen; wenn aber einmal wirklich etwas neues geſagt werden ſoll, der Cenſor, der das nicht ſo¬ gleich zu faſſen vermag, und vermeinend, es koͤnne doch ein nur ihm verborgen bleibendes Gift darin liegen, um ganz ſicher zu gehen, es lieber unterdruͤcken moͤchte; ſo waͤre es vielleicht manchem Schriftſteller vom Anfange des 19ten Jahrhunderts in proteſtantiſchen Laͤndern nicht zu verdenken, wenn er ſich einen ſchicklichen und beſcheidenen Theil von derjenigen Preßfreiheit wuͤnſchte, welche die Paͤbſte zu Anfange des 16ten ohne Beden¬ ken allgemein zugeſtanden haben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/18
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/18>, abgerufen am 24.11.2024.