Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.ben bis auf seinen letzten sinnlichen Boden her¬ ben bis auf ſeinen letzten ſinnlichen Boden her¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0163" n="157"/> ben bis auf ſeinen letzten ſinnlichen Boden her¬<lb/> ab in den neuen Lichtſtral getaucht erſcheine,<lb/> wohlgefalle, und in bewußtloſer Taͤuſchung wie<lb/> von ſelbſt ſich veredle, dieſes iſt das Geſchaͤft<lb/> der eigentlichen Dichtung. Nur eine lebendige<lb/> Sprache kann eine ſolche Dichtung haben,<lb/> denn nur in ihr iſt der ſinnbildliche Kreis durch<lb/> erſchaffendes Denken zu erweitern, und nur in<lb/> ihr bleibt das ſchon Geſchaffne lebendig, und<lb/> dem Einſtroͤmen verſchwiſterten Lebens offen.<lb/> Eine ſolche Sprache fuͤhrt in ſich Vermoͤgen un¬<lb/> endlicher, ewig zu erfriſchender, und zu ver¬<lb/> juͤngender Dichtung, denn jede Regung des le¬<lb/> bendigen Denkens in ihr eroͤfnet eine neue Ader<lb/> dichteriſcher Begeiſterung; und ſo iſt ihr denn<lb/> dieſe Dichtung das vorzuͤglichſte Verfloͤßungs¬<lb/> mittel der erlangten geiſtigen Ausbildung in<lb/> das allgemeine Leben. Eine todte Sprache<lb/> kann in dieſem hoͤhern Sinne gar keine Dich¬<lb/> tung haben, indem alle die angezeigten Bedin¬<lb/> gungen der Dichtung in ihr nicht vorhanden<lb/> ſind. Dagegen kann eine ſolche auf eine Zeit¬<lb/> lang einen Stellvertreter der Dichtung haben<lb/> auf folgende Weiſe. Die in der Stammſprache<lb/> vorhandenen Ausfluͤſſe der Dichtkunſt werden<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [157/0163]
ben bis auf ſeinen letzten ſinnlichen Boden her¬
ab in den neuen Lichtſtral getaucht erſcheine,
wohlgefalle, und in bewußtloſer Taͤuſchung wie
von ſelbſt ſich veredle, dieſes iſt das Geſchaͤft
der eigentlichen Dichtung. Nur eine lebendige
Sprache kann eine ſolche Dichtung haben,
denn nur in ihr iſt der ſinnbildliche Kreis durch
erſchaffendes Denken zu erweitern, und nur in
ihr bleibt das ſchon Geſchaffne lebendig, und
dem Einſtroͤmen verſchwiſterten Lebens offen.
Eine ſolche Sprache fuͤhrt in ſich Vermoͤgen un¬
endlicher, ewig zu erfriſchender, und zu ver¬
juͤngender Dichtung, denn jede Regung des le¬
bendigen Denkens in ihr eroͤfnet eine neue Ader
dichteriſcher Begeiſterung; und ſo iſt ihr denn
dieſe Dichtung das vorzuͤglichſte Verfloͤßungs¬
mittel der erlangten geiſtigen Ausbildung in
das allgemeine Leben. Eine todte Sprache
kann in dieſem hoͤhern Sinne gar keine Dich¬
tung haben, indem alle die angezeigten Bedin¬
gungen der Dichtung in ihr nicht vorhanden
ſind. Dagegen kann eine ſolche auf eine Zeit¬
lang einen Stellvertreter der Dichtung haben
auf folgende Weiſe. Die in der Stammſprache
vorhandenen Ausfluͤſſe der Dichtkunſt werden
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/163 |
Zitationshilfe: | Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/163>, abgerufen am 16.02.2025. |