auf der Stufe, wo sie schon stehen, gegen Her¬ absinken, und noch weniger, vom Nachhelfen einzelner Glieder, die hinter der allgemeinen Ausbildung zurückgeblieben. Sodann, wenn von geistiger Bildung die Rede ist, so ist dar¬ unter zu allererst die Philosophie, -- wie wir dies mit dem ausländischen Namen bezeichnen müs¬ sen, da die Deutschen sich den vorlängst vorge¬ schlagenen Deutschen Namen nicht haben ge¬ fallen lassen, -- die Philosophie, sage ich, ist zu allererst darunter zu verstehen; denn diese ist es, welche das ewige Urbild alles geistigen Lebens wissenschaftlich erfasset. Von dieser und von aller auf sie gegründeten Wissenschaft wird nun gerühmt, daß beim Volke der lebendigen Sprache sie einfließe in das Leben. Nun aber ist, in scheinbarem Widerspruche mit dieser Behaup¬ tung oftmals und auch von den unsern, gesagt worden, daß Philosophie, Wissenschaft, schöne Kunst, und dergleichen, Selbstzwecke seyen, und dem Leben nicht dienten, und daß es Herabwürdigung derselben sey, sie nach ihrer Nüzlichkeit in diesem Dienste zu schätzen. Es ist hier der Ort diese Ausdrücke näher zu bestimmen, und vor aller Mißdeutung
auf der Stufe, wo ſie ſchon ſtehen, gegen Her¬ abſinken, und noch weniger, vom Nachhelfen einzelner Glieder, die hinter der allgemeinen Ausbildung zuruͤckgeblieben. Sodann, wenn von geiſtiger Bildung die Rede iſt, ſo iſt dar¬ unter zu allererſt die Philoſophie, — wie wir dies mit dem auslaͤndiſchen Namen bezeichnen muͤſ¬ ſen, da die Deutſchen ſich den vorlaͤngſt vorge¬ ſchlagenen Deutſchen Namen nicht haben ge¬ fallen laſſen, — die Philoſophie, ſage ich, iſt zu allererſt darunter zu verſtehen; denn dieſe iſt es, welche das ewige Urbild alles geiſtigen Lebens wiſſenſchaftlich erfaſſet. Von dieſer und von aller auf ſie gegruͤndeten Wiſſenſchaft wird nun geruͤhmt, daß beim Volke der lebendigen Sprache ſie einfließe in das Leben. Nun aber iſt, in ſcheinbarem Widerſpruche mit dieſer Behaup¬ tung oftmals und auch von den unſern, geſagt worden, daß Philoſophie, Wiſſenſchaft, ſchoͤne Kunſt, und dergleichen, Selbſtzwecke ſeyen, und dem Leben nicht dienten, und daß es Herabwuͤrdigung derſelben ſey, ſie nach ihrer Nuͤzlichkeit in dieſem Dienſte zu ſchaͤtzen. Es iſt hier der Ort dieſe Ausdruͤcke naͤher zu beſtimmen, und vor aller Mißdeutung
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auf der Stufe, wo ſie ſchon ſtehen, gegen Her¬
abſinken, und noch weniger, vom Nachhelfen
einzelner Glieder, die hinter der allgemeinen
Ausbildung zuruͤckgeblieben. Sodann, wenn
von geiſtiger Bildung die Rede iſt, ſo iſt dar¬
unter zu allererſt die Philoſophie, — wie wir dies
mit dem auslaͤndiſchen Namen bezeichnen muͤſ¬
ſen, da die Deutſchen ſich den vorlaͤngſt vorge¬
ſchlagenen Deutſchen Namen nicht haben ge¬
fallen laſſen, — die Philoſophie, ſage ich, iſt zu
allererſt darunter zu verſtehen; denn dieſe iſt
es, welche das ewige Urbild alles geiſtigen Lebens
wiſſenſchaftlich erfaſſet. Von dieſer und von
aller auf ſie gegruͤndeten Wiſſenſchaft wird nun
geruͤhmt, daß beim Volke der lebendigen Sprache
ſie einfließe in das Leben. Nun aber iſt, in
ſcheinbarem Widerſpruche mit dieſer Behaup¬
tung oftmals und auch von den unſern,
geſagt worden, daß Philoſophie, Wiſſenſchaft,
ſchoͤne Kunſt, und dergleichen, Selbſtzwecke
ſeyen, und dem Leben nicht dienten, und
daß es Herabwuͤrdigung derſelben ſey, ſie
nach ihrer Nuͤzlichkeit in dieſem Dienſte zu
ſchaͤtzen. Es iſt hier der Ort dieſe Ausdruͤcke
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/154>, abgerufen am 22.11.2024.
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