Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

ter Ordnung mit der Wirklichkeit, aus dem
Nichtsagen das Nichtsehen, und aus dem
Nichtsehen das Nichtseyn, erfolgen würde.
So schreitet der Nachtwandler einher am
Rande des Abgrundes; aus Barmherzigkeit,
ruft ihm nicht zu, jetzt sichert ihn sein Zu¬
stand, wenn er aber erwacht, so stürzt er
herab. Möchten nur auch die Träume jener
die Gabe, die Vorrechte und die Sicherheit
des Nachtwandels mit sich führen, damit es
ein Mittel gäbe, sie zu retten, ohne ihnen
zuzurufen, und sie zu erwecken. So sagt
man, daß der Strauß die Augen vor dem
auf ihn zukommenden Jäger verschließe, eben
auch, als ob die Gefahr, die ihm nicht
mehr sichtbar sei, überhaupt nicht mehr da
sei. Der wäre kein Feind des Straußen,
der ihm zurufte: öffne deine Augen, siehe, da
kommt der Jäger, fliehe nach jener Seite
hin, damit du ihm entrinnest.


ter Ordnung mit der Wirklichkeit, aus dem
Nichtſagen das Nichtſehen, und aus dem
Nichtſehen das Nichtſeyn, erfolgen wuͤrde.
So ſchreitet der Nachtwandler einher am
Rande des Abgrundes; aus Barmherzigkeit,
ruft ihm nicht zu, jetzt ſichert ihn ſein Zu¬
ſtand, wenn er aber erwacht, ſo ſtuͤrzt er
herab. Moͤchten nur auch die Traͤume jener
die Gabe, die Vorrechte und die Sicherheit
des Nachtwandels mit ſich fuͤhren, damit es
ein Mittel gaͤbe, ſie zu retten, ohne ihnen
zuzurufen, und ſie zu erwecken. So ſagt
man, daß der Strauß die Augen vor dem
auf ihn zukommenden Jaͤger verſchließe, eben
auch, als ob die Gefahr, die ihm nicht
mehr ſichtbar ſei, uͤberhaupt nicht mehr da
ſei. Der waͤre kein Feind des Straußen,
der ihm zurufte: oͤffne deine Augen, ſiehe, da
kommt der Jaͤger, fliehe nach jener Seite
hin, damit du ihm entrinneſt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0014" n="8"/>
ter Ordnung mit der Wirklichkeit, aus dem<lb/>
Nicht&#x017F;agen das Nicht&#x017F;ehen, und aus dem<lb/>
Nicht&#x017F;ehen das Nicht&#x017F;eyn, erfolgen wu&#x0364;rde.<lb/>
So &#x017F;chreitet der Nachtwandler einher am<lb/>
Rande des Abgrundes; aus Barmherzigkeit,<lb/>
ruft ihm nicht zu, jetzt &#x017F;ichert ihn &#x017F;ein Zu¬<lb/>
&#x017F;tand, wenn er aber erwacht, &#x017F;o &#x017F;tu&#x0364;rzt er<lb/>
herab. Mo&#x0364;chten nur auch die Tra&#x0364;ume jener<lb/>
die Gabe, die Vorrechte und die Sicherheit<lb/>
des Nachtwandels mit &#x017F;ich fu&#x0364;hren, damit es<lb/>
ein Mittel ga&#x0364;be, &#x017F;ie zu retten, ohne ihnen<lb/>
zuzurufen, und &#x017F;ie zu erwecken. So &#x017F;agt<lb/>
man, daß der Strauß die Augen vor dem<lb/>
auf ihn zukommenden Ja&#x0364;ger ver&#x017F;chließe, eben<lb/>
auch, als ob die Gefahr, die ihm nicht<lb/>
mehr &#x017F;ichtbar &#x017F;ei, u&#x0364;berhaupt nicht mehr da<lb/>
&#x017F;ei. Der wa&#x0364;re kein Feind des Straußen,<lb/>
der ihm zurufte: o&#x0364;ffne deine Augen, &#x017F;iehe, da<lb/>
kommt der Ja&#x0364;ger, fliehe nach jener Seite<lb/>
hin, damit du ihm entrinne&#x017F;t.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0014] ter Ordnung mit der Wirklichkeit, aus dem Nichtſagen das Nichtſehen, und aus dem Nichtſehen das Nichtſeyn, erfolgen wuͤrde. So ſchreitet der Nachtwandler einher am Rande des Abgrundes; aus Barmherzigkeit, ruft ihm nicht zu, jetzt ſichert ihn ſein Zu¬ ſtand, wenn er aber erwacht, ſo ſtuͤrzt er herab. Moͤchten nur auch die Traͤume jener die Gabe, die Vorrechte und die Sicherheit des Nachtwandels mit ſich fuͤhren, damit es ein Mittel gaͤbe, ſie zu retten, ohne ihnen zuzurufen, und ſie zu erwecken. So ſagt man, daß der Strauß die Augen vor dem auf ihn zukommenden Jaͤger verſchließe, eben auch, als ob die Gefahr, die ihm nicht mehr ſichtbar ſei, uͤberhaupt nicht mehr da ſei. Der waͤre kein Feind des Straußen, der ihm zurufte: oͤffne deine Augen, ſiehe, da kommt der Jaͤger, fliehe nach jener Seite hin, damit du ihm entrinneſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/14
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/14>, abgerufen am 21.11.2024.