hieße zuförderst, zufolge des Umkreises in dem das Wort gelten soll, etwas, das gar nicht durch den Leib, sondern nur durch den Geist erfaßt wird, sodann, das auch nicht durch das dunkle Gefühl des Geistes, wie manches andere, sondern allein durch das Auge desselben, die klare Erkenntniß, erfaßt werden kann. Wollte man nun etwa ferner annehmen, daß den Griechen bei dieser sinn¬ bildlichen Bezeichnung allerdings der Regen¬ bogen, und die Erscheinungen der Art, zum Grunde gelegen, so müßte man gestehen, daß ihre sinnliche Erkenntniß schon vorher sich zur Bemerkung des Unterschiedes zwischen den Dingen, daß einige sich allen oder mehrern Sinnen, einige sich bloß dem Auge offenba¬ ren, erhoben haben müsse, und daß außerdem sie den entwickelten Begriff, wenn er ihnen klar geworden wäre, nicht also, sondern an¬ ders hätten bezeichnen müssen. Es würde so¬ dann auch ihr Vorzug in geistiger Klarheit erhellen etwa vor einem andern Volke, das den Unterschied zwischen sinnlichem und über¬ sinnlichem nicht durch ein aus dem besonne¬ nen Zustande des Wachens hergenommenes
hieße zufoͤrderſt, zufolge des Umkreiſes in dem das Wort gelten ſoll, etwas, das gar nicht durch den Leib, ſondern nur durch den Geiſt erfaßt wird, ſodann, das auch nicht durch das dunkle Gefuͤhl des Geiſtes, wie manches andere, ſondern allein durch das Auge deſſelben, die klare Erkenntniß, erfaßt werden kann. Wollte man nun etwa ferner annehmen, daß den Griechen bei dieſer ſinn¬ bildlichen Bezeichnung allerdings der Regen¬ bogen, und die Erſcheinungen der Art, zum Grunde gelegen, ſo muͤßte man geſtehen, daß ihre ſinnliche Erkenntniß ſchon vorher ſich zur Bemerkung des Unterſchiedes zwiſchen den Dingen, daß einige ſich allen oder mehrern Sinnen, einige ſich bloß dem Auge offenba¬ ren, erhoben haben muͤſſe, und daß außerdem ſie den entwickelten Begriff, wenn er ihnen klar geworden waͤre, nicht alſo, ſondern an¬ ders haͤtten bezeichnen muͤſſen. Es wuͤrde ſo¬ dann auch ihr Vorzug in geiſtiger Klarheit erhellen etwa vor einem andern Volke, das den Unterſchied zwiſchen ſinnlichem und uͤber¬ ſinnlichem nicht durch ein aus dem beſonne¬ nen Zuſtande des Wachens hergenommenes
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hieße zufoͤrderſt, zufolge des Umkreiſes in
dem das Wort gelten ſoll, etwas, das gar
nicht durch den Leib, ſondern nur durch den
Geiſt erfaßt wird, ſodann, das auch nicht
durch das dunkle Gefuͤhl des Geiſtes, wie
manches andere, ſondern allein durch das
Auge deſſelben, die klare Erkenntniß, erfaßt
werden kann. Wollte man nun etwa ferner
annehmen, daß den Griechen bei dieſer ſinn¬
bildlichen Bezeichnung allerdings der Regen¬
bogen, und die Erſcheinungen der Art, zum
Grunde gelegen, ſo muͤßte man geſtehen, daß
ihre ſinnliche Erkenntniß ſchon vorher ſich zur
Bemerkung des Unterſchiedes zwiſchen den
Dingen, daß einige ſich allen oder mehrern
Sinnen, einige ſich bloß dem Auge offenba¬
ren, erhoben haben muͤſſe, und daß außerdem
ſie den entwickelten Begriff, wenn er ihnen
klar geworden waͤre, nicht alſo, ſondern an¬
ders haͤtten bezeichnen muͤſſen. Es wuͤrde ſo¬
dann auch ihr Vorzug in geiſtiger Klarheit
erhellen etwa vor einem andern Volke, das
den Unterſchied zwiſchen ſinnlichem und uͤber¬
ſinnlichem nicht durch ein aus dem beſonne¬
nen Zuſtande des Wachens hergenommenes
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/132>, abgerufen am 25.11.2024.
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