Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.V. d. Gründen d. absoluten Strafbarkeit. hängt daher von der Existenz des Thatbestan-des eines Verbrechens überhaupt, die Anwen- dung eines einzelnen Gesetzes auf einen be- stimmten Fall von demjenigen Thatbestande ab, den das anzuwendende Gesetz als Bedingung seiner rechtlichen Folge voraussetzt. §. 90. Der Thatbestand der Verbrechen ist ver- Immer *) Es giebt Uebertretungen, wo dieses nicht zum That- bestande des Verbrechens gehört. Das versuchte Verbrechen z. E. ist auch ein Verbrechen, weil die Handlung, die auf die Vollendung einer Rechtsver- letzung gerichtet ist, an und für sich selbst unter einem Strafgesetze steht. Ein rechtswidriger Effect aber gehört so wenig in den Begriff dieser Ueber- tretung, dass er diesem Begriff sogar widerspricht. **) z. E. beym Diebstahl animus lucri faciendi etc. ***) So hängt z. E. der Begriff des Todschlags davon
ab, dass die Tödung im Affect geschehen ist. Hat ein Gesetz den Dolus so nothwendig in den Begriff des Verbrechens aufgenommen, dass ein culposes Verbrechen dieser Art entweder schlechthin, oder doch ohne den Namen selbst zu verlieren, un- möglich ist, so gehört auch Dolus zum Thatbestande des V. d. Gründen d. abſoluten Strafbarkeit. hängt daher von der Exiſtenz des Thatbeſtan-des eines Verbrechens überhaupt, die Anwen- dung eines einzelnen Geſetzes auf einen be- ſtimmten Fall von demjenigen Thatbeſtande ab, den das anzuwendende Geſetz als Bedingung ſeiner rechtlichen Folge vorausſetzt. §. 90. Der Thatbeſtand der Verbrechen iſt ver- Immer *) Es giebt Uebertretungen, wo dieſes nicht zum That- beſtande des Verbrechens gehört. Das verſuchte Verbrechen z. E. iſt auch ein Verbrechen, weil die Handlung, die auf die Vollendung einer Rechtsver- letzung gerichtet iſt, an und für ſich ſelbſt unter einem Strafgeſetze ſteht. Ein rechtswidriger Effect aber gehört ſo wenig in den Begriff dieſer Ueber- tretung, daſs er dieſem Begriff ſogar widerſpricht. **) z. E. beym Diebſtahl animus lucri faciendi etc. ***) So hängt z. E. der Begriff des Todſchlags davon
ab, daſs die Tödung im Affect geſchehen iſt. Hat ein Geſetz den Dolus ſo nothwendig in den Begriff des Verbrechens aufgenommen, daſs ein culpoſes Verbrechen dieſer Art entweder ſchlechthin, oder doch ohne den Namen ſelbſt zu verlieren, un- möglich iſt, ſo gehört auch Dolus zum Thatbeſtande des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0097" n="69"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">V. d. Gründen d. abſoluten Strafbarkeit.</hi></fw><lb/> hängt daher von der Exiſtenz des Thatbeſtan-<lb/> des eines Verbrechens überhaupt, die Anwen-<lb/> dung eines einzelnen Geſetzes auf einen be-<lb/> ſtimmten Fall von <hi rendition="#i">demjenigen</hi> Thatbeſtande ab,<lb/> den das anzuwendende Geſetz als Bedingung<lb/> ſeiner rechtlichen Folge vorausſetzt.</p> </div><lb/> <div n="8"> <head>§. 90.</head><lb/> <p>Der Thatbeſtand der Verbrechen iſt ver-<lb/> ſchieden nach Verſchiedenheit des geſetzlichen<lb/> Begriffs der Verbrechen. <hi rendition="#i">Gewöhnlich</hi> gehört<lb/> zum Thatbeſtande 1) ein beſtimmter ge-<lb/> ſetzwidriger <hi rendition="#i">Erfolg</hi> der Handlung <note place="foot" n="*)">Es giebt Uebertretungen, wo dieſes nicht zum That-<lb/> beſtande des Verbrechens gehört. Das <hi rendition="#i">verſuchte<lb/> Verbrechen</hi> z. E. iſt auch ein Verbrechen, weil die<lb/> Handlung, die auf die Vollendung einer Rechtsver-<lb/> letzung gerichtet iſt, an und für ſich ſelbſt unter<lb/> einem Strafgeſetze ſteht. Ein rechtswidriger Effect<lb/> aber gehört ſo wenig in den Begriff dieſer Ueber-<lb/> tretung, daſs er dieſem Begriff ſogar widerſpricht.</note>; <hi rendition="#i">oft</hi> aber<lb/> auch 2) gewiſſe <hi rendition="#i">ſubjective</hi> (in dem Gemüth des<lb/> Verbrechers liegende) <hi rendition="#i">Gründe</hi> der rechtswidri-<lb/> gen Handlung, welche entweder a) in einer be-<lb/> ſtimmten <hi rendition="#i">Abſicht</hi> <note place="foot" n="**)">z. E. beym Diebſtahl <hi rendition="#i">animus lucri faciendi etc</hi>.</note>, oder b) in einer beſtimm-<lb/> ten <hi rendition="#i">Art der Willensbeſtimmung</hi> beſtehen <note xml:id="note-0097" next="#note-0098" place="foot" n="***)">So hängt z. E. der Begriff des Todſchlags davon<lb/> ab, daſs die Tödung im <hi rendition="#i">Affect</hi> geſchehen iſt. Hat<lb/> ein Geſetz den <hi rendition="#i">Dolus</hi> ſo nothwendig in den Begriff<lb/> des Verbrechens aufgenommen, daſs ein culpoſes<lb/> Verbrechen dieſer Art entweder ſchlechthin, oder<lb/> doch ohne den Namen ſelbſt zu verlieren, un-<lb/> möglich iſt, ſo gehört auch <hi rendition="#i">Dolus</hi> zum Thatbeſtande<lb/> <fw place="bottom" type="catch">des</fw></note>. —<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#i">Immer</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0097]
V. d. Gründen d. abſoluten Strafbarkeit.
hängt daher von der Exiſtenz des Thatbeſtan-
des eines Verbrechens überhaupt, die Anwen-
dung eines einzelnen Geſetzes auf einen be-
ſtimmten Fall von demjenigen Thatbeſtande ab,
den das anzuwendende Geſetz als Bedingung
ſeiner rechtlichen Folge vorausſetzt.
§. 90.
Der Thatbeſtand der Verbrechen iſt ver-
ſchieden nach Verſchiedenheit des geſetzlichen
Begriffs der Verbrechen. Gewöhnlich gehört
zum Thatbeſtande 1) ein beſtimmter ge-
ſetzwidriger Erfolg der Handlung *); oft aber
auch 2) gewiſſe ſubjective (in dem Gemüth des
Verbrechers liegende) Gründe der rechtswidri-
gen Handlung, welche entweder a) in einer be-
ſtimmten Abſicht **), oder b) in einer beſtimm-
ten Art der Willensbeſtimmung beſtehen ***). —
Immer
*) Es giebt Uebertretungen, wo dieſes nicht zum That-
beſtande des Verbrechens gehört. Das verſuchte
Verbrechen z. E. iſt auch ein Verbrechen, weil die
Handlung, die auf die Vollendung einer Rechtsver-
letzung gerichtet iſt, an und für ſich ſelbſt unter
einem Strafgeſetze ſteht. Ein rechtswidriger Effect
aber gehört ſo wenig in den Begriff dieſer Ueber-
tretung, daſs er dieſem Begriff ſogar widerſpricht.
**) z. E. beym Diebſtahl animus lucri faciendi etc.
***) So hängt z. E. der Begriff des Todſchlags davon
ab, daſs die Tödung im Affect geſchehen iſt. Hat
ein Geſetz den Dolus ſo nothwendig in den Begriff
des Verbrechens aufgenommen, daſs ein culpoſes
Verbrechen dieſer Art entweder ſchlechthin, oder
doch ohne den Namen ſelbſt zu verlieren, un-
möglich iſt, ſo gehört auch Dolus zum Thatbeſtande
des
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