Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abschnitt. äussern Rechts keine Strafbarkeit *). Die ob-jective Beurtheilung der Strafbarkeit einer in concreto vorkommenden Handlung hängt da- her von der Vergleichung derselben mit den Merkmalen der in dem Gesetz vorausgesetzten rechtswidrigen Handlung ab. Sie ist nur dann Verbrechen, wenn sie die Merkmale an sich trägt, welche in dem Begriffe derjenigen Hand- lung enthalten sind, an die das Gesetz die Strafe als rechtliche Folge geknüpft hat. §. 89. Der Inbegriff der Merkmale einer concre- hängt *) Es giebt eine bürgerliche Strafbarkeit der Hand- lungen in der Vorstellung des Gesetzgebers. Diese setzt natürlich kein Strafgesetz voraus, aber von ihr ist hier nicht die Rede. **) Des Worts Thatbestand bedient man sich noch
in andern Bedeutungen, in welchen es von den Rechtsgelehrten gar nicht gebraucht werden sollte. Man versteht darunter oft 1) das Instrument, mit welchem das Verbrechen verübt wurde, 2) diejeni- gen Gegenstände oder Thatsachen, aus welchen man auf die Existenz eines gewissen Verbrechens schliessen kann, z. E. blutige Kleider, beym Mord; 3) das Object, an welchem die That begangen wurde, 4) den blossen Inbegriff derjenigen That- sachen, welche den rechtswidrigen Effect des Ver- brechens ausmachen. -- Boehmer ad art. 6. §. 10. C. C. C. Klein Grunds. d. peinl. R. §. 68. I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt. äuſſern Rechts keine Strafbarkeit *). Die ob-jective Beurtheilung der Strafbarkeit einer in concreto vorkommenden Handlung hängt da- her von der Vergleichung derſelben mit den Merkmalen der in dem Geſetz vorausgeſetzten rechtswidrigen Handlung ab. Sie iſt nur dann Verbrechen, wenn ſie die Merkmale an ſich trägt, welche in dem Begriffe derjenigen Hand- lung enthalten ſind, an die das Geſetz die Strafe als rechtliche Folge geknüpft hat. §. 89. Der Inbegriff der Merkmale einer concre- hängt *) Es giebt eine bürgerliche Strafbarkeit der Hand- lungen in der Vorſtellung des Geſetzgebers. Dieſe ſetzt natürlich kein Strafgeſetz voraus, aber von ihr iſt hier nicht die Rede. **) Des Worts Thatbeſtand bedient man ſich noch
in andern Bedeutungen, in welchen es von den Rechtsgelehrten gar nicht gebraucht werden ſollte. Man verſteht darunter oft 1) das Inſtrument, mit welchem das Verbrechen verübt wurde, 2) diejeni- gen Gegenſtände oder Thatſachen, aus welchen man auf die Exiſtenz eines gewiſſen Verbrechens ſchlieſsen kann, z. E. blutige Kleider, beym Mord; 3) das Object, an welchem die That begangen wurde, 4) den bloſsen Inbegriff derjenigen That- ſachen, welche den rechtswidrigen Effect des Ver- brechens ausmachen. — Boehmer ad art. 6. §. 10. C. C. C. Klein Grundſ. d. peinl. R. §. 68. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0096" n="68"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt.</hi></fw><lb/> äuſſern Rechts keine Strafbarkeit <note place="foot" n="*)">Es giebt eine bürgerliche Strafbarkeit der Hand-<lb/> lungen in der <hi rendition="#i">Vorſtellung des Geſetzgebers</hi>. Dieſe<lb/> ſetzt natürlich kein Strafgeſetz voraus, aber von<lb/> ihr iſt hier nicht die Rede.</note>. Die ob-<lb/> jective Beurtheilung der Strafbarkeit einer in<lb/> concreto vorkommenden Handlung hängt da-<lb/> her von der Vergleichung derſelben mit den<lb/> Merkmalen der in dem Geſetz vorausgeſetzten<lb/> rechtswidrigen Handlung ab. Sie iſt nur dann<lb/> Verbrechen, wenn ſie die Merkmale an ſich<lb/> trägt, welche in dem Begriffe derjenigen Hand-<lb/> lung enthalten ſind, an die das Geſetz die<lb/> Strafe als rechtliche Folge geknüpft hat.</p> </div><lb/> <div n="8"> <head>§. 89.</head><lb/> <p>Der Inbegriff der Merkmale einer concre-<lb/> ten Handlung oder Thatſache, welche in dem<lb/> geſetzlichen Begriff von einer beſtimmten Art<lb/> rechtswidriger Handlungen enthalten ſind,<lb/> heiſst der <hi rendition="#g">Thatbeſtand des Verbrechens</hi><lb/> (<hi rendition="#i">corpus delicti</hi>) <note place="foot" n="**)">Des Worts <hi rendition="#g">Thatbeſtand</hi> bedient man ſich noch<lb/> in andern Bedeutungen, in welchen es von den<lb/> Rechtsgelehrten gar nicht gebraucht werden ſollte.<lb/> Man verſteht darunter oft 1) das Inſtrument, mit<lb/> welchem das Verbrechen verübt wurde, 2) diejeni-<lb/> gen Gegenſtände oder Thatſachen, aus welchen<lb/> man auf die Exiſtenz eines gewiſſen Verbrechens<lb/> ſchlieſsen kann, z. E. blutige Kleider, beym Mord;<lb/> 3) das Object, an welchem die That begangen<lb/> wurde, 4) den bloſsen Inbegriff derjenigen That-<lb/> ſachen, welche den rechtswidrigen Effect des Ver-<lb/> brechens ausmachen. — <hi rendition="#g">Boehmer</hi> ad art. 6.<lb/> §. 10. C. C. C. <hi rendition="#g">Klein</hi> <hi rendition="#i">Grundſ. d. peinl. R.</hi> §. 68.</note>. Die objective Strafbarkeit<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hängt</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0096]
I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt.
äuſſern Rechts keine Strafbarkeit *). Die ob-
jective Beurtheilung der Strafbarkeit einer in
concreto vorkommenden Handlung hängt da-
her von der Vergleichung derſelben mit den
Merkmalen der in dem Geſetz vorausgeſetzten
rechtswidrigen Handlung ab. Sie iſt nur dann
Verbrechen, wenn ſie die Merkmale an ſich
trägt, welche in dem Begriffe derjenigen Hand-
lung enthalten ſind, an die das Geſetz die
Strafe als rechtliche Folge geknüpft hat.
§. 89.
Der Inbegriff der Merkmale einer concre-
ten Handlung oder Thatſache, welche in dem
geſetzlichen Begriff von einer beſtimmten Art
rechtswidriger Handlungen enthalten ſind,
heiſst der Thatbeſtand des Verbrechens
(corpus delicti) **). Die objective Strafbarkeit
hängt
*) Es giebt eine bürgerliche Strafbarkeit der Hand-
lungen in der Vorſtellung des Geſetzgebers. Dieſe
ſetzt natürlich kein Strafgeſetz voraus, aber von
ihr iſt hier nicht die Rede.
**) Des Worts Thatbeſtand bedient man ſich noch
in andern Bedeutungen, in welchen es von den
Rechtsgelehrten gar nicht gebraucht werden ſollte.
Man verſteht darunter oft 1) das Inſtrument, mit
welchem das Verbrechen verübt wurde, 2) diejeni-
gen Gegenſtände oder Thatſachen, aus welchen
man auf die Exiſtenz eines gewiſſen Verbrechens
ſchlieſsen kann, z. E. blutige Kleider, beym Mord;
3) das Object, an welchem die That begangen
wurde, 4) den bloſsen Inbegriff derjenigen That-
ſachen, welche den rechtswidrigen Effect des Ver-
brechens ausmachen. — Boehmer ad art. 6.
§. 10. C. C. C. Klein Grundſ. d. peinl. R. §. 68.
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