Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Buch. II. Titel. I. Abschn.
§. 655.

Die Fragen des Richters dürfen daher: 1)
nicht captiös d. h. von der Art seyn, dass
der Angeschuldigte durch seine Antwort auch
ohne seine Absicht und seinen Willen, einen
ihn gravirenden Umstand eingestehen kann. 2)
Sie dürfen keine schädlichen Suggestio-
nen
enthalten. Eine Suggestivfrage
überhaupt ist eine Frage, in welcher schon die
Antwort auf dieselbe bestimmt enthalten ist
*).
Sie ist schädlich und unerlaubt **), wenn die
Antwort auf sie, unmittelbar selbst eine nach-
theilige Folge für den Angeschuldigten oder
einen Dritten begründen soll. Der Name ei-
nes Gehülfen oder ein specieller Umstand des
Verbrechens, der noch nicht vollständig er-
wiesen ist, darf daher nicht suggerirt werden.
Ein durch solche Suggestionen bewirktes Ge-
ständniss ist null.

1. Gründe, warum Suggestionen verboten sind.
2. Suggestionen zum Vortheil des Angeschuldigten. P. G. O.
Art.
37.
III. Summarische Untersuchung.
§. 656.

In dem sollennen Inquisitionsprocess zer-
fällt die Specialinquisition in zwey Theile
I. die summarische Untersuchung,
in welcher der Richter die Beweise für und gegen

den
*) Kleinschrod über Suggestionen im peinlichen Pro-
cesse. In den Abhandlungen
I. Th. Nr. 2.
**) L. 1. §. 21. D. de Quaest. P. G. O. Art. 56.
III. Buch. II. Titel. I. Abſchn.
§. 655.

Die Fragen des Richters dürfen daher: 1)
nicht captiös d. h. von der Art ſeyn, daſs
der Angeſchuldigte durch ſeine Antwort auch
ohne ſeine Abſicht und ſeinen Willen, einen
ihn gravirenden Umſtand eingeſtehen kann. 2)
Sie dürfen keine ſchädlichen Suggeſtio-
nen
enthalten. Eine Suggeſtivfrage
überhaupt iſt eine Frage, in welcher ſchon die
Antwort auf dieſelbe beſtimmt enthalten iſt
*).
Sie iſt ſchädlich und unerlaubt **), wenn die
Antwort auf ſie, unmittelbar ſelbſt eine nach-
theilige Folge für den Angeſchuldigten oder
einen Dritten begründen ſoll. Der Name ei-
nes Gehülfen oder ein ſpecieller Umſtand des
Verbrechens, der noch nicht vollſtändig er-
wieſen iſt, darf daher nicht ſuggerirt werden.
Ein durch ſolche Suggeſtionen bewirktes Ge-
ſtändniſs iſt null.

1. Gründe, warum Suggeſtionen verboten ſind.
2. Suggeſtionen zum Vortheil des Angeſchuldigten. P. G. O.
Art.
37.
III. Summariſche Unterſuchung.
§. 656.

In dem ſollennen Inquiſitionsproceſs zer-
fällt die Specialinquiſition in zwey Theile
I. die ſummariſche Unterſuchung,
in welcher der Richter die Beweiſe für und gegen

den
*) Kleinſchrod über Suggeſtionen im peinlichen Pro-
ceſſe. In den Abhandlungen
I. Th. Nr. 2.
**) L. 1. §. 21. D. de Quaeſt. P. G. O. Art. 56.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <pb facs="#f0536" n="508"/>
                  <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#i">III. Buch. II. Titel. I. Ab&#x017F;chn.</hi> </fw><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 655.</head><lb/>
                    <p>Die Fragen des Richters dürfen daher: 1)<lb/>
nicht <hi rendition="#g">captiös</hi> d. h. von der Art &#x017F;eyn, da&#x017F;s<lb/>
der Ange&#x017F;chuldigte durch &#x017F;eine Antwort auch<lb/>
ohne &#x017F;eine Ab&#x017F;icht und &#x017F;einen Willen, einen<lb/>
ihn gravirenden Um&#x017F;tand einge&#x017F;tehen kann. 2)<lb/>
Sie dürfen keine <hi rendition="#g">&#x017F;chädlichen Sugge&#x017F;tio-<lb/>
nen</hi> enthalten. Eine <hi rendition="#g">Sugge&#x017F;tivfrage</hi><lb/>
überhaupt i&#x017F;t eine Frage, <hi rendition="#i">in welcher &#x017F;chon die<lb/>
Antwort auf die&#x017F;elbe be&#x017F;timmt enthalten i&#x017F;t</hi> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Klein&#x017F;chrod</hi><hi rendition="#i">über Sugge&#x017F;tionen im peinlichen Pro-<lb/>
ce&#x017F;&#x017F;e. In den Abhandlungen</hi> I. Th. Nr. 2.</note>.<lb/>
Sie i&#x017F;t <hi rendition="#i">&#x017F;chädlich</hi> und unerlaubt <note place="foot" n="**)">L. 1. §. 21. D. <hi rendition="#i">de Quae&#x017F;t.</hi> P. G. O. Art. 56.</note>, wenn die<lb/>
Antwort auf &#x017F;ie, unmittelbar &#x017F;elb&#x017F;t eine nach-<lb/>
theilige Folge für den Ange&#x017F;chuldigten oder<lb/>
einen Dritten begründen &#x017F;oll. Der Name ei-<lb/>
nes Gehülfen oder ein &#x017F;pecieller Um&#x017F;tand des<lb/>
Verbrechens, der noch nicht voll&#x017F;tändig er-<lb/>
wie&#x017F;en i&#x017F;t, darf daher nicht &#x017F;uggerirt werden.<lb/>
Ein durch &#x017F;olche Sugge&#x017F;tionen bewirktes Ge-<lb/>
&#x017F;tändni&#x017F;s i&#x017F;t null.</p><lb/>
                    <list>
                      <item>1. <hi rendition="#i">Gründe, warum Sugge&#x017F;tionen verboten &#x017F;ind.</hi></item><lb/>
                      <item>2. <hi rendition="#i">Sugge&#x017F;tionen zum Vortheil des Ange&#x017F;chuldigten. P. G. O.<lb/>
Art.</hi> 37.</item>
                    </list>
                  </div>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#i">III. <hi rendition="#g">Summari&#x017F;che Unter&#x017F;uchung</hi>.</hi> </head><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 656.</head><lb/>
                    <p>In dem &#x017F;ollennen Inqui&#x017F;itionsproce&#x017F;s zer-<lb/>
fällt die Specialinqui&#x017F;ition in zwey Theile<lb/>
I. die <hi rendition="#g">&#x017F;ummari&#x017F;che Unter&#x017F;uchung</hi>,<lb/><hi rendition="#i">in welcher der Richter die Bewei&#x017F;e für und gegen</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#i">den</hi></fw><lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[508/0536] III. Buch. II. Titel. I. Abſchn. §. 655. Die Fragen des Richters dürfen daher: 1) nicht captiös d. h. von der Art ſeyn, daſs der Angeſchuldigte durch ſeine Antwort auch ohne ſeine Abſicht und ſeinen Willen, einen ihn gravirenden Umſtand eingeſtehen kann. 2) Sie dürfen keine ſchädlichen Suggeſtio- nen enthalten. Eine Suggeſtivfrage überhaupt iſt eine Frage, in welcher ſchon die Antwort auf dieſelbe beſtimmt enthalten iſt *). Sie iſt ſchädlich und unerlaubt **), wenn die Antwort auf ſie, unmittelbar ſelbſt eine nach- theilige Folge für den Angeſchuldigten oder einen Dritten begründen ſoll. Der Name ei- nes Gehülfen oder ein ſpecieller Umſtand des Verbrechens, der noch nicht vollſtändig er- wieſen iſt, darf daher nicht ſuggerirt werden. Ein durch ſolche Suggeſtionen bewirktes Ge- ſtändniſs iſt null. 1. Gründe, warum Suggeſtionen verboten ſind. 2. Suggeſtionen zum Vortheil des Angeſchuldigten. P. G. O. Art. 37. III. Summariſche Unterſuchung. §. 656. In dem ſollennen Inquiſitionsproceſs zer- fällt die Specialinquiſition in zwey Theile I. die ſummariſche Unterſuchung, in welcher der Richter die Beweiſe für und gegen den *) Kleinſchrod über Suggeſtionen im peinlichen Pro- ceſſe. In den Abhandlungen I. Th. Nr. 2. **) L. 1. §. 21. D. de Quaeſt. P. G. O. Art. 56.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/536
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/536>, abgerufen am 22.12.2024.