Durch Verbrechen werden die ursprünglichen Rechte des Staats oder des Bürgers; durch Vergehen wird nur das Recht des Staats, für ein bestimmtes gegebenes Polizeygesetz Ge- horsam zu fodern, verletzt. Jene sind noth- wendig, diese zufällig, weil sie zufällige Ein- richtungen des Staats voraussetzen. -- Unter Verbrechen im engsten Sinne ist eine durch ein Strafgesetz bedrohte Verletzung unersetzlicher Rechte zu verstehen.
§. 28.
Alle Verbrechen beleidigen den Staat: aber einige mittelbar, andere unmittelbar. Diese heissen Staatsverbrechen (delicta publica), weil sie zunächst Rechte des Staats selbst zum Gegenstande ihrer Verletzung haben; jene Pri- vatverbrechen (delicta privata), weil sie zu- nächst Rechte von Privatpersonen, und erst hiedurch den Staat selbst beleidigen.
Anmerk. Delicta extraordinaria -- delicta publica -- del. pri- vata im Sinne des römischen Rechts. KochInstitut- jur. crim. §. 27. -- C. Th. GraunDiss. de super- vacua delictorum divisione in publica et privata moribus nostris. Jenae 1756.
§. 29.
Ein Strafgesetz kann eine positive Hand- lung, eine wirkliche Aeusserung der Thätig- keit des Menschen; es kann aber auch eine negative Handlung, eine bestimmte Nichtäus- serung der Thätigkeit, mit Strafe bedrohen. Jene positiven Handlungen heissen dann Be- gehungsverbrechen (del. commissionis); diese
nega-
Begriff u. Eintheilung des Verbrechens.
Durch Verbrechen werden die urſprünglichen Rechte des Staats oder des Bürgers; durch Vergehen wird nur das Recht des Staats, für ein beſtimmtes gegebenes Polizeygeſetz Ge- horſam zu fodern, verletzt. Jene ſind noth- wendig, dieſe zufällig, weil ſie zufällige Ein- richtungen des Staats vorausſetzen. — Unter Verbrechen im engſten Sinne iſt eine durch ein Strafgeſetz bedrohte Verletzung unerſetzlicher Rechte zu verſtehen.
§. 28.
Alle Verbrechen beleidigen den Staat: aber einige mittelbar, andere unmittelbar. Dieſe heiſsen Staatsverbrechen (delicta publica), weil ſie zunächſt Rechte des Staats ſelbſt zum Gegenſtande ihrer Verletzung haben; jene Pri- vatverbrechen (delicta privata), weil ſie zu- nächſt Rechte von Privatperſonen, und erſt hiedurch den Staat ſelbſt beleidigen.
Anmerk. Delicta extraordinaria — delicta publica — del. pri- vata im Sinne des römiſchen Rechts. KochInſtitut- jur. crim. §. 27. — C. Th. GraunDiſſ. de ſuper- vacua delictorum diviſione in publica et privata moribus noſtris. Jenae 1756.
§. 29.
Ein Strafgeſetz kann eine poſitive Hand- lung, eine wirkliche Aeuſſerung der Thätig- keit des Menſchen; es kann aber auch eine negative Handlung, eine beſtimmte Nichtäuſ- ſerung der Thätigkeit, mit Strafe bedrohen. Jene poſitiven Handlungen heiſsen dann Be- gehungsverbrechen (del. commiſſionis); dieſe
nega-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0051"n="23"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#i">Begriff u. Eintheilung des Verbrechens.</hi></fw><lb/>
Durch <hirendition="#i">Verbrechen</hi> werden die <hirendition="#i">urſprünglichen</hi><lb/>
Rechte des Staats oder des Bürgers; durch<lb/><hirendition="#i">Vergehen</hi> wird nur das Recht des Staats, für<lb/>
ein beſtimmtes gegebenes Polizeygeſetz Ge-<lb/>
horſam zu fodern, verletzt. Jene ſind noth-<lb/>
wendig, dieſe zufällig, weil ſie zufällige Ein-<lb/>
richtungen des Staats <choice><sic>vorausſezen</sic><corr>vorausſetzen</corr></choice>. — Unter<lb/>
Verbrechen im <hirendition="#i">engſten</hi> Sinne iſt eine durch ein<lb/>
Strafgeſetz bedrohte Verletzung <hirendition="#i">unerſetzlicher</hi><lb/>
Rechte zu verſtehen.</p></div><lb/><divn="6"><head>§. 28.</head><lb/><p>Alle Verbrechen beleidigen den Staat:<lb/>
aber einige <hirendition="#i">mittelbar</hi>, andere <hirendition="#i">unmittelbar</hi>.<lb/>
Dieſe heiſsen <hirendition="#i">Staatsverbrechen</hi> (delicta publica),<lb/>
weil ſie zunächſt Rechte des Staats ſelbſt zum<lb/>
Gegenſtande ihrer Verletzung haben; jene <hirendition="#i">Pri-<lb/>
vatverbrechen</hi> (delicta privata), weil ſie zu-<lb/>
nächſt Rechte von Privatperſonen, und erſt<lb/>
hiedurch den Staat ſelbſt beleidigen.</p><lb/><p><hirendition="#et"><hirendition="#i">Anmerk</hi>. D<hirendition="#i">elicta extraordinaria — delicta publica — del. pri-<lb/>
vata</hi> im Sinne des römiſchen Rechts. <hirendition="#g">Koch</hi><hirendition="#i">Inſtitut-<lb/>
jur. crim</hi>. §. 27. — C. <hirendition="#g">Th. Graun</hi><hirendition="#i">Diſſ. de ſuper-<lb/>
vacua delictorum diviſione in publica et privata moribus<lb/>
noſtris</hi>. Jenae 1756.</hi></p></div><lb/><divn="6"><head>§. 29.</head><lb/><p>Ein Strafgeſetz kann eine <hirendition="#i">poſitive Hand-<lb/>
lung</hi>, eine wirkliche Aeuſſerung der Thätig-<lb/>
keit des Menſchen; es kann aber auch eine<lb/><hirendition="#i">negative</hi> Handlung, eine beſtimmte Nichtäuſ-<lb/>ſerung der Thätigkeit, mit Strafe bedrohen.<lb/>
Jene poſitiven Handlungen heiſsen dann <hirendition="#i">Be-<lb/>
gehungsverbrechen</hi> (del. commiſſionis); dieſe<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nega-</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[23/0051]
Begriff u. Eintheilung des Verbrechens.
Durch Verbrechen werden die urſprünglichen
Rechte des Staats oder des Bürgers; durch
Vergehen wird nur das Recht des Staats, für
ein beſtimmtes gegebenes Polizeygeſetz Ge-
horſam zu fodern, verletzt. Jene ſind noth-
wendig, dieſe zufällig, weil ſie zufällige Ein-
richtungen des Staats vorausſetzen. — Unter
Verbrechen im engſten Sinne iſt eine durch ein
Strafgeſetz bedrohte Verletzung unerſetzlicher
Rechte zu verſtehen.
§. 28.
Alle Verbrechen beleidigen den Staat:
aber einige mittelbar, andere unmittelbar.
Dieſe heiſsen Staatsverbrechen (delicta publica),
weil ſie zunächſt Rechte des Staats ſelbſt zum
Gegenſtande ihrer Verletzung haben; jene Pri-
vatverbrechen (delicta privata), weil ſie zu-
nächſt Rechte von Privatperſonen, und erſt
hiedurch den Staat ſelbſt beleidigen.
Anmerk. Delicta extraordinaria — delicta publica — del. pri-
vata im Sinne des römiſchen Rechts. Koch Inſtitut-
jur. crim. §. 27. — C. Th. Graun Diſſ. de ſuper-
vacua delictorum diviſione in publica et privata moribus
noſtris. Jenae 1756.
§. 29.
Ein Strafgeſetz kann eine poſitive Hand-
lung, eine wirkliche Aeuſſerung der Thätig-
keit des Menſchen; es kann aber auch eine
negative Handlung, eine beſtimmte Nichtäuſ-
ſerung der Thätigkeit, mit Strafe bedrohen.
Jene poſitiven Handlungen heiſsen dann Be-
gehungsverbrechen (del. commiſſionis); dieſe
nega-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/51>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.