Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Buch. I. Theil. II. Titel. II. Abschnitt.
§. 424.

Das Verbrechen setzt voraus I. eine noch
fortdauernde rechtlich gültige Ehe. Wer nur
erst verlobt ist *), wer in einer rechtlich ungülti-
gen Ehe lebt, wessen Ehe durch Scheidung
oder durch den Tod wieder getrennt ist **),
wird durch Eingehung einer zweyten Ehe
nicht dieses Verbrechens schuldig. Ob der
frühere Ehegatte einwillige oder nicht, ändert
hier eben so wenig, als bey dem Ehebruch ***).
II. Die Handlung, durch welche das Verbre-
chen begangen wird, besteht in der Vollzie-
hung
einer neuen Ehe. Es müssen also 1) die
zur Gültigkeit des Ehecontrakts erfoderlichen
Sollennitäten beobachtet ****), 2) die Ehe muss
durch Beyschlaf, und zwar mit Einlassung des
Saamens, wirklich consummirt worden seyn +).

§. 425.

Auch hier sind, wie beym Ehebruch, so-
wohl die verheirathete, als unverheirathete
Person des Verbrechens schuldig ++), und die
Bestimmungen in Ansehung des Dolus und der
Culpa beym Ehebruch (§. 420.) finden auch
hier vollkommen Anwendung. Da der Staat

nur
*) Crimen binorum sponsaliorum.
**) Bigamia successiva.
***) Dagegen Klein peinl. R. §. 388.
****) Vom Pellicat.
+) Weil die Bigamie eine Art des Ehebruchs ist.
§. 416.
++) Dagegen Klein p. R. §. 386.
II. Buch. I. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt.
§. 424.

Das Verbrechen ſetzt voraus I. eine noch
fortdauernde rechtlich gültige Ehe. Wer nur
erſt verlobt iſt *), wer in einer rechtlich ungülti-
gen Ehe lebt, weſſen Ehe durch Scheidung
oder durch den Tod wieder getrennt iſt **),
wird durch Eingehung einer zweyten Ehe
nicht dieſes Verbrechens ſchuldig. Ob der
frühere Ehegatte einwillige oder nicht, ändert
hier eben ſo wenig, als bey dem Ehebruch ***).
II. Die Handlung, durch welche das Verbre-
chen begangen wird, beſteht in der Vollzie-
hung
einer neuen Ehe. Es müſſen alſo 1) die
zur Gültigkeit des Ehecontrakts erfoderlichen
Sollennitäten beobachtet ****), 2) die Ehe muſs
durch Beyſchlaf, und zwar mit Einlaſſung des
Saamens, wirklich conſummirt worden ſeyn †).

§. 425.

Auch hier ſind, wie beym Ehebruch, ſo-
wohl die verheirathete, als unverheirathete
Perſon des Verbrechens ſchuldig ††), und die
Beſtimmungen in Anſehung des Dolus und der
Culpa beym Ehebruch (§. 420.) finden auch
hier vollkommen Anwendung. Da der Staat

nur
*) Crimen binorum ſponſaliorum.
**) Bigamia ſucceſſiva.
***) Dagegen Klein peinl. R. §. 388.
****) Vom Pellicat.
†) Weil die Bigamie eine Art des Ehebruchs iſt.
§. 416.
††) Dagegen Klein p. R. §. 386.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <pb facs="#f0370" n="342"/>
                      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#i">II. Buch. I. Theil. II. Titel. II. Ab&#x017F;chnitt.</hi> </fw><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 424.</head><lb/>
                        <p>Das Verbrechen &#x017F;etzt voraus I. eine noch<lb/><hi rendition="#i">fortdauernde rechtlich gültige</hi> Ehe. Wer nur<lb/>
er&#x017F;t verlobt i&#x017F;t <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#i">Crimen binorum &#x017F;pon&#x017F;aliorum</hi>.</note>, wer in einer rechtlich ungülti-<lb/>
gen Ehe lebt, we&#x017F;&#x017F;en Ehe durch Scheidung<lb/>
oder durch den Tod wieder getrennt i&#x017F;t <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#i">Bigamia &#x017F;ucce&#x017F;&#x017F;iva</hi>.</note>,<lb/>
wird durch Eingehung einer zweyten Ehe<lb/>
nicht die&#x017F;es Verbrechens &#x017F;chuldig. Ob der<lb/>
frühere Ehegatte einwillige oder nicht, ändert<lb/>
hier eben &#x017F;o wenig, als bey dem Ehebruch <note place="foot" n="***)">Dagegen <hi rendition="#g">Klein</hi> <hi rendition="#i">peinl. R</hi>. §. 388.</note>.<lb/>
II. Die Handlung, durch welche das Verbre-<lb/>
chen begangen wird, be&#x017F;teht in der <hi rendition="#i">Vollzie-<lb/>
hung</hi> einer neuen <hi rendition="#i">Ehe</hi>. Es mü&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o 1) die<lb/>
zur Gültigkeit des Ehecontrakts erfoderlichen<lb/>
Sollennitäten beobachtet <note place="foot" n="****)">Vom <hi rendition="#i">Pellicat</hi>.</note>, 2) die Ehe mu&#x017F;s<lb/>
durch Bey&#x017F;chlaf, und zwar mit Einla&#x017F;&#x017F;ung des<lb/>
Saamens, wirklich con&#x017F;ummirt worden &#x017F;eyn <note place="foot" n="&#x2020;)">Weil die Bigamie eine Art des Ehebruchs i&#x017F;t.<lb/>
§. 416.</note>.</p>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 425.</head><lb/>
                        <p>Auch hier &#x017F;ind, wie beym Ehebruch, &#x017F;o-<lb/>
wohl die verheirathete, als unverheirathete<lb/>
Per&#x017F;on des Verbrechens &#x017F;chuldig <note place="foot" n="&#x2020;&#x2020;)">Dagegen <hi rendition="#g">Klein</hi> p. R. §. 386.</note>, und die<lb/>
Be&#x017F;timmungen in An&#x017F;ehung des Dolus und der<lb/>
Culpa beym Ehebruch (§. 420.) finden auch<lb/>
hier vollkommen Anwendung. Da der Staat<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nur</fw><lb/></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0370] II. Buch. I. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt. §. 424. Das Verbrechen ſetzt voraus I. eine noch fortdauernde rechtlich gültige Ehe. Wer nur erſt verlobt iſt *), wer in einer rechtlich ungülti- gen Ehe lebt, weſſen Ehe durch Scheidung oder durch den Tod wieder getrennt iſt **), wird durch Eingehung einer zweyten Ehe nicht dieſes Verbrechens ſchuldig. Ob der frühere Ehegatte einwillige oder nicht, ändert hier eben ſo wenig, als bey dem Ehebruch ***). II. Die Handlung, durch welche das Verbre- chen begangen wird, beſteht in der Vollzie- hung einer neuen Ehe. Es müſſen alſo 1) die zur Gültigkeit des Ehecontrakts erfoderlichen Sollennitäten beobachtet ****), 2) die Ehe muſs durch Beyſchlaf, und zwar mit Einlaſſung des Saamens, wirklich conſummirt worden ſeyn †). §. 425. Auch hier ſind, wie beym Ehebruch, ſo- wohl die verheirathete, als unverheirathete Perſon des Verbrechens ſchuldig ††), und die Beſtimmungen in Anſehung des Dolus und der Culpa beym Ehebruch (§. 420.) finden auch hier vollkommen Anwendung. Da der Staat nur *) Crimen binorum ſponſaliorum. **) Bigamia ſucceſſiva. ***) Dagegen Klein peinl. R. §. 388. ****) Vom Pellicat. †) Weil die Bigamie eine Art des Ehebruchs iſt. §. 416. ††) Dagegen Klein p. R. §. 386.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/370
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/370>, abgerufen am 19.11.2024.