Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.Gesetzl. ausgezeichnete, nicht qual. Diebst gen wird *). Unter diesen Verwandten sindnur Blutsverwandte begriffen und zwar solche, welche die nächsten Erben des Bestohlnen sind. Dem Familiendiebstahl steht der Haus- diebstahl (f. domest. improprium) entgegen. Dieser wird von blossen Familiengenossen an Per- *) P. G. O. Art. 165. "So einer aus Leichtfertigkeit
"oder Unverstand etwas heimlich nähme von Gü- "tern, der er sonst ein nächster Erbe ist, oder so sich "dergleichen zwischen Mann und Weib begeben, "und ein Theil den andern derhalben anklagen "würde, sollen Richter und Urtheiler mit Entdek- "kung aller Umstände bey den Rechtsverständigen "-- Rathspflegen, auch erfahren, (1) was in sol- "chen Fällen das gemeine Recht sey und sich darnach "halten. (2) Doch soll die Obrigkeit oder Richter "in diesen Fällen von Amts wegen nicht klagen, "noch strafen." Die Rechtslehrer sehen, wie ge- wöhnlich, den Wald vor lauter Bäumen nicht. Einige sehen hier geradezu das crimen expilatae he- reditatis, wie Clasen ad h. art. -- Andere, wie Boehmer ad Carpzov Q. 82. obs. 2. u. ad h. art. §. 2. beziehen ihn auf den Diebstahl an einer angefallenen oder gehoften Erbschaft. Blumbla- cher ad h. a. pag. 385. Kress ad art. §. 2. und Kleinschrod vom Diebstahl Betr. V. §. 3. den- ken an einen Diebstahl unter Miterben, so lange die Erbschaft noch nicht getheilt ist. Aber der ganze Context lehrt, dass in keiner Rücksicht hier vom Diebstahl an einer Erbschaft, sondern vom Dieb- stahl unter Ehegatten und zwischen nahen Verwandten die Rede sey. Das Wort: sonst, die unmittelbare Ver- bindung mit den Worten "oder so sich dergleichen -- begebe," die Vergleichung des Diebstahls zwi- schen Ehegatten mit dem vorhergehenden Fall, durch das Wort "dergleichen" dieses beweisst offen- bar unsern Satz. Carl sucht durch die Beschrei- bung: "der -- Erbe ist" die Verwandten, von de- nen er spricht, genau zu bezeichnen. Geſetzl. ausgezeichnete, nicht qual. Diebſt gen wird *). Unter dieſen Verwandten ſindnur Blutsverwandte begriffen und zwar ſolche, welche die nächſten Erben des Beſtohlnen ſind. Dem Familiendiebſtahl ſteht der Haus- diebſtahl (f. domeſt. improprium) entgegen. Dieſer wird von bloſsen Familiengenoſſen an Per- *) P. G. O. Art. 165. „So einer aus Leichtfertigkeit
„oder Unverſtand etwas heimlich nähme von Gü- „tern, der er ſonſt ein nächſter Erbe iſt, oder ſo ſich „dergleichen zwiſchen Mann und Weib begeben, „und ein Theil den andern derhalben anklagen „würde, ſollen Richter und Urtheiler mit Entdek- „kung aller Umſtände bey den Rechtsverſtändigen „— Rathspflegen, auch erfahren, (1) was in ſol- „chen Fällen das gemeine Recht ſey und ſich darnach „halten. (2) Doch ſoll die Obrigkeit oder Richter „in dieſen Fällen von Amts wegen nicht klagen, „noch ſtrafen.“ Die Rechtslehrer ſehen, wie ge- wöhnlich, den Wald vor lauter Bäumen nicht. Einige ſehen hier geradezu das crimen expilatae he- reditatis, wie Claſen ad h. art. — Andere, wie Boehmer ad Carpzov Q. 82. obſ. 2. u. ad h. art. §. 2. beziehen ihn auf den Diebſtahl an einer angefallenen oder gehoften Erbſchaft. Blumbla- cher ad h. a. pag. 385. Kreſs ad art. §. 2. und Kleinſchrod vom Diebſtahl Betr. V. §. 3. den- ken an einen Diebſtahl unter Miterben, ſo lange die Erbſchaft noch nicht getheilt iſt. Aber der ganze Context lehrt, daſs in keiner Rückſicht hier vom Diebſtahl an einer Erbſchaft, ſondern vom Dieb- ſtahl unter Ehegatten und zwiſchen nahen Verwandten die Rede ſey. Das Wort: ſonſt, die unmittelbare Ver- bindung mit den Worten „oder ſo ſich dergleichen — begebe,“ die Vergleichung des Diebſtahls zwi- ſchen Ehegatten mit dem vorhergehenden Fall, durch das Wort „dergleichen“ dieſes beweiſst offen- bar unſern Satz. Carl ſucht durch die Beſchrei- bung: „der — Erbe iſt“ die Verwandten, von de- nen er ſpricht, genau zu bezeichnen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="9"> <div n="10"> <p><pb facs="#f0339" n="311"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Geſetzl. ausgezeichnete, nicht qual. Diebſt</hi></fw><lb/> gen wird <note place="foot" n="*)">P. G. O. Art. 165. „So einer aus Leichtfertigkeit<lb/> „oder Unverſtand etwas heimlich nähme von Gü-<lb/> „tern, der er <hi rendition="#g">ſonſt</hi> <hi rendition="#i">ein nächſter Erbe iſt</hi>, oder <hi rendition="#i">ſo ſich</hi><lb/> „<hi rendition="#g">dergleichen</hi> <hi rendition="#i">zwiſchen Mann und Weib begeben</hi>,<lb/> „und ein Theil den andern derhalben anklagen<lb/> „würde, ſollen Richter und Urtheiler mit Entdek-<lb/> „kung aller Umſtände bey den Rechtsverſtändigen<lb/> „— Rathspflegen, auch erfahren, (1) was in ſol-<lb/> „<choice><sic>hen</sic><corr>chen</corr></choice> Fällen das <hi rendition="#i">gemeine Recht</hi> ſey und ſich darnach<lb/> „<choice><sic>hal en</sic><corr>halten</corr></choice>. (2) Doch ſoll die Obrigkeit oder Richter<lb/> „in dieſen Fällen von Amts wegen nicht klagen,<lb/> „noch ſtrafen.“ Die Rechtslehrer ſehen, wie ge-<lb/> wöhnlich, den Wald vor lauter Bäumen nicht.<lb/> Einige ſehen hier geradezu das <hi rendition="#i">crimen expilatae he-<lb/> reditatis</hi>, wie <hi rendition="#g">Claſen</hi> ad h. art. — Andere, wie<lb/><hi rendition="#g">Boehmer</hi> ad <hi rendition="#g">Carpzov</hi> Q. 82. obſ. 2. u. ad h.<lb/> art. §. 2. beziehen ihn auf den Diebſtahl an einer<lb/><hi rendition="#i">angefallenen</hi> oder <hi rendition="#i">gehoften</hi> Erbſchaft. <hi rendition="#g">Blumbla-<lb/> cher</hi> ad h. a. pag. 385. <hi rendition="#g">Kreſs</hi> ad art. §. 2. und<lb/><hi rendition="#g">Kleinſchrod</hi> vom <hi rendition="#i">Diebſtahl</hi> Betr. V. §. 3. den-<lb/> ken an einen Diebſtahl unter Miterben, ſo lange<lb/> die Erbſchaft noch nicht getheilt iſt. Aber der<lb/> ganze Context lehrt, daſs in keiner Rückſicht hier<lb/> vom Diebſtahl an einer Erbſchaft, ſondern vom Dieb-<lb/> ſtahl unter Ehegatten und zwiſchen nahen Verwandten<lb/> die Rede ſey. Das Wort: <hi rendition="#i">ſonſt</hi>, die unmittelbare Ver-<lb/> bindung mit den Worten „<hi rendition="#i">oder ſo ſich dergleichen<lb/> — begebe</hi>,“ die Vergleichung des Diebſtahls zwi-<lb/> ſchen Ehegatten mit dem vorhergehenden Fall,<lb/> durch das Wort „<hi rendition="#i">dergleichen</hi>“ dieſes beweiſst offen-<lb/> bar unſern Satz. <hi rendition="#g">Carl</hi> ſucht durch die Beſchrei-<lb/> bung: „der — Erbe iſt“ die Verwandten, von de-<lb/> nen er ſpricht, genau zu bezeichnen.</note>. Unter dieſen Verwandten ſind<lb/> nur Blutsverwandte begriffen und zwar ſolche,<lb/> welche die nächſten Erben des Beſtohlnen<lb/> ſind. Dem Familiendiebſtahl ſteht der <hi rendition="#i">Haus-<lb/> diebſtahl</hi> (<hi rendition="#i">f. domeſt. improprium</hi>) entgegen.<lb/> Dieſer wird von bloſsen Familiengenoſſen an<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Per-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [311/0339]
Geſetzl. ausgezeichnete, nicht qual. Diebſt
gen wird *). Unter dieſen Verwandten ſind
nur Blutsverwandte begriffen und zwar ſolche,
welche die nächſten Erben des Beſtohlnen
ſind. Dem Familiendiebſtahl ſteht der Haus-
diebſtahl (f. domeſt. improprium) entgegen.
Dieſer wird von bloſsen Familiengenoſſen an
Per-
*) P. G. O. Art. 165. „So einer aus Leichtfertigkeit
„oder Unverſtand etwas heimlich nähme von Gü-
„tern, der er ſonſt ein nächſter Erbe iſt, oder ſo ſich
„dergleichen zwiſchen Mann und Weib begeben,
„und ein Theil den andern derhalben anklagen
„würde, ſollen Richter und Urtheiler mit Entdek-
„kung aller Umſtände bey den Rechtsverſtändigen
„— Rathspflegen, auch erfahren, (1) was in ſol-
„chen Fällen das gemeine Recht ſey und ſich darnach
„halten. (2) Doch ſoll die Obrigkeit oder Richter
„in dieſen Fällen von Amts wegen nicht klagen,
„noch ſtrafen.“ Die Rechtslehrer ſehen, wie ge-
wöhnlich, den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Einige ſehen hier geradezu das crimen expilatae he-
reditatis, wie Claſen ad h. art. — Andere, wie
Boehmer ad Carpzov Q. 82. obſ. 2. u. ad h.
art. §. 2. beziehen ihn auf den Diebſtahl an einer
angefallenen oder gehoften Erbſchaft. Blumbla-
cher ad h. a. pag. 385. Kreſs ad art. §. 2. und
Kleinſchrod vom Diebſtahl Betr. V. §. 3. den-
ken an einen Diebſtahl unter Miterben, ſo lange
die Erbſchaft noch nicht getheilt iſt. Aber der
ganze Context lehrt, daſs in keiner Rückſicht hier
vom Diebſtahl an einer Erbſchaft, ſondern vom Dieb-
ſtahl unter Ehegatten und zwiſchen nahen Verwandten
die Rede ſey. Das Wort: ſonſt, die unmittelbare Ver-
bindung mit den Worten „oder ſo ſich dergleichen
— begebe,“ die Vergleichung des Diebſtahls zwi-
ſchen Ehegatten mit dem vorhergehenden Fall,
durch das Wort „dergleichen“ dieſes beweiſst offen-
bar unſern Satz. Carl ſucht durch die Beſchrei-
bung: „der — Erbe iſt“ die Verwandten, von de-
nen er ſpricht, genau zu bezeichnen.
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