Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abschnitt.
sten Grade Gegenstand des Verbrechens, so
ist es ein Elternmord (parricidium in sensu stmo.),
welcher entweder Vater- oder Muttermord
seyn kann.

§. 267.

Die Nähe der Verwandschaft und Schwä-
gerschaft muss hier bestimmt werden nach den
Eheverboten in dem römischen Recht *). Denn
die Nähe der Sippschaft, deren die P. G. O. er-
wähnt, muss als ein an sich relativer Begriff be-
stimmt werden aus den Gesetzen, diese nen-
nen aber nur diejenigen Verwandten, nahe,
zwischen welchen die Ehe verboten ist; und
da Carl überall das römische Recht im Blicke
hat, so kann er unter den nahe gesippten Freun-
den nur solche, zwischen welchen nach Röm.
R. die Ehe verboten ist, verstanden haben **).
Das Parricidium fände also in so ferne statt
1) zwischen Ascendenten und Descendenten,
2) zwischen Collateralen, welche im vierten
Grad römischer Computation verwandt sind,
oder zwischen denen respectus parentelae ist,
und 3) zwischen Verschwägerten ***) welche

mit
"Freunden geschieht, durch etlich Leibstrafe, als mit Zan-
"genreissen oder Ausschleiffung vor der endlichen Tö-
"dung, um grosser Furcht willen die Strafe (des
"Rads) mehren."
*) Die Einwendungen Kleins a. a. O. §. 341. lassen sich
leicht heben,
**) Damit stimmen auch ausdrücklich die §. 266.
Anm. **) angeführten Gesetze überein.
***) Obgleich Boehmer ad Art. 137. §. 13. selbst
eingesteht, dass unter Sippschaft auch verschwägerte
Per-

II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt.
ſten Grade Gegenſtand des Verbrechens, ſo
iſt es ein Elternmord (parricidium in ſenſu ſtmo.),
welcher entweder Vater- oder Muttermord
ſeyn kann.

§. 267.

Die Nähe der Verwandſchaft und Schwä-
gerſchaft muſs hier beſtimmt werden nach den
Eheverboten in dem römiſchen Recht *). Denn
die Nähe der Sippſchaft, deren die P. G. O. er-
wähnt, muſs als ein an ſich relativer Begriff be-
ſtimmt werden aus den Geſetzen, dieſe nen-
nen aber nur diejenigen Verwandten, nahe,
zwiſchen welchen die Ehe verboten iſt; und
da Carl überall das römiſche Recht im Blicke
hat, ſo kann er unter den nahe geſippten Freun-
den nur ſolche, zwiſchen welchen nach Röm.
R. die Ehe verboten iſt, verſtanden haben **).
Das Parricidium fände alſo in ſo ferne ſtatt
1) zwiſchen Aſcendenten und Deſcendenten,
2) zwiſchen Collateralen, welche im vierten
Grad römiſcher Computation verwandt ſind,
oder zwiſchen denen reſpectus parentelae iſt,
und 3) zwiſchen Verſchwägerten ***) welche

mit
„Freunden geſchieht, durch etlich Leibſtrafe, als mit Zan-
„genreiſſen oder Ausſchleiffung vor der endlichen Tö-
„dung, um groſser Furcht willen die Strafe (des
„Rads) mehren.“
*) Die Einwendungen Kleins a. a. O. §. 341. laſſen ſich
leicht heben,
**) Damit ſtimmen auch ausdrücklich die §. 266.
Anm. **) angeführten Geſetze überein.
***) Obgleich Boehmer ad Art. 137. §. 13. ſelbſt
eingeſteht, daſs unter Sippſchaft auch verſchwägerte
Per-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0236" n="208"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ten Grade Gegen&#x017F;tand des Verbrechens, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t es ein <hi rendition="#i">Elternmord (parricidium in &#x017F;en&#x017F;u &#x017F;tmo.)</hi>,<lb/>
welcher entweder <hi rendition="#i">Vater-</hi> oder <hi rendition="#i">Muttermord</hi><lb/>
&#x017F;eyn kann.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 267.</head><lb/>
                          <p>Die Nähe der Verwand&#x017F;chaft und Schwä-<lb/>
ger&#x017F;chaft mu&#x017F;s hier be&#x017F;timmt werden nach den<lb/>
Eheverboten in dem römi&#x017F;chen Recht <note place="foot" n="*)">Die Einwendungen <hi rendition="#i">Kleins</hi> a. a. O. §. 341. la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
leicht heben,</note>. Denn<lb/>
die Nähe der Sipp&#x017F;chaft, deren die P. G. O. er-<lb/>
wähnt, mu&#x017F;s als ein an &#x017F;ich relativer Begriff be-<lb/>
&#x017F;timmt werden aus den Ge&#x017F;etzen, die&#x017F;e nen-<lb/>
nen aber nur diejenigen Verwandten, nahe,<lb/>
zwi&#x017F;chen welchen die Ehe verboten i&#x017F;t; und<lb/>
da <hi rendition="#i">Carl</hi> überall das römi&#x017F;che Recht im Blicke<lb/>
hat, &#x017F;o kann er unter den nahe ge&#x017F;ippten Freun-<lb/>
den nur &#x017F;olche, zwi&#x017F;chen welchen nach Röm.<lb/>
R. die Ehe verboten i&#x017F;t, ver&#x017F;tanden haben <note place="foot" n="**)">Damit &#x017F;timmen auch ausdrücklich die §. 266.<lb/>
Anm. **) angeführten Ge&#x017F;etze überein.</note>.<lb/>
Das Parricidium fände al&#x017F;o in &#x017F;o ferne &#x017F;tatt<lb/>
1) zwi&#x017F;chen A&#x017F;cendenten und De&#x017F;cendenten,<lb/>
2) zwi&#x017F;chen Collateralen, welche im vierten<lb/>
Grad römi&#x017F;cher Computation verwandt &#x017F;ind,<lb/>
oder zwi&#x017F;chen denen <hi rendition="#i">re&#x017F;pectus parentelae</hi> i&#x017F;t,<lb/>
und 3) zwi&#x017F;chen Ver&#x017F;chwägerten <note xml:id="note-0236a" next="#note-0237" place="foot" n="***)">Obgleich <hi rendition="#g">Boehmer</hi> <hi rendition="#i">ad Art.</hi> 137. §. 13. &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
einge&#x017F;teht, da&#x017F;s unter <hi rendition="#i">Sipp&#x017F;chaft</hi> auch <hi rendition="#i">ver&#x017F;chwägerte</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Per-</fw></note> welche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/><note xml:id="note-0236" prev="#note-0235" place="foot" n="**)"><hi rendition="#i">&#x201E;Freunden ge&#x017F;chieht, durch etlich Leib&#x017F;trafe</hi>, als mit Zan-<lb/>
&#x201E;genrei&#x017F;&#x017F;en oder Aus&#x017F;chleiffung vor der endlichen Tö-<lb/>
&#x201E;dung, um gro&#x017F;ser Furcht willen die Strafe (des<lb/>
&#x201E;Rads) mehren.&#x201C;</note><lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0236] II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt. ſten Grade Gegenſtand des Verbrechens, ſo iſt es ein Elternmord (parricidium in ſenſu ſtmo.), welcher entweder Vater- oder Muttermord ſeyn kann. §. 267. Die Nähe der Verwandſchaft und Schwä- gerſchaft muſs hier beſtimmt werden nach den Eheverboten in dem römiſchen Recht *). Denn die Nähe der Sippſchaft, deren die P. G. O. er- wähnt, muſs als ein an ſich relativer Begriff be- ſtimmt werden aus den Geſetzen, dieſe nen- nen aber nur diejenigen Verwandten, nahe, zwiſchen welchen die Ehe verboten iſt; und da Carl überall das römiſche Recht im Blicke hat, ſo kann er unter den nahe geſippten Freun- den nur ſolche, zwiſchen welchen nach Röm. R. die Ehe verboten iſt, verſtanden haben **). Das Parricidium fände alſo in ſo ferne ſtatt 1) zwiſchen Aſcendenten und Deſcendenten, 2) zwiſchen Collateralen, welche im vierten Grad römiſcher Computation verwandt ſind, oder zwiſchen denen reſpectus parentelae iſt, und 3) zwiſchen Verſchwägerten ***) welche mit **) *) Die Einwendungen Kleins a. a. O. §. 341. laſſen ſich leicht heben, **) Damit ſtimmen auch ausdrücklich die §. 266. Anm. **) angeführten Geſetze überein. ***) Obgleich Boehmer ad Art. 137. §. 13. ſelbſt eingeſteht, daſs unter Sippſchaft auch verſchwägerte Per- **) „Freunden geſchieht, durch etlich Leibſtrafe, als mit Zan- „genreiſſen oder Ausſchleiffung vor der endlichen Tö- „dung, um groſser Furcht willen die Strafe (des „Rads) mehren.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/236
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/236>, abgerufen am 22.12.2024.