standen und 2) ohne dass Ueberlegung, weder in Ansehung des Entschlusses selbst, noch in Ansehung der Mittel zur Ausführung, auf den- selben folgte, ausgeführt worden ist. Fehlt eins oder das andere, so ist die Tödung Mord (§. 249.)
§. 251.
Der Grund des Strafgesetzes gegen den Todschlag ist, die unüberlegten gesetzwidrigen Ausbrüche des Affects zu verhindern und durch die Vorstellung der Strafe den Menschen in den Zustand der Reflexion über seine Hand- lungen zu versetzen Dennoch wird zum Be- griff des Todschlags, vermöge der Natur eines jeden Strafgesetzes, vorausgesetzet 1) dass sich der Handelnde in dem Zustande der Zurech- nungsfähigkeit befunden habe. Wer in dem höchsten Grad des gerechten Affects einen andern tödet, ist kein Verbrecher (§. 96) 2) Der im Affect gefasste rechtswidrige Entschluss muste, wenn die ordentliche Strafe statt finden soll, auf Tödung gerichtet gewesen seyn. Doch ist es gleichviel, ob der Dolus in Beziehung auf Tödung bestimmt, oder unbestimmt und alter- nativ war (§. 66.).
§. 252.
Der Endzweck und die Triebfedern zu dem überlegten Mord haben auf die recht- liche Beurtheilung des Verbrechens keinen Einflass. Man kann Mörder aus Liebe, aus Mitleid, selbst aus moralischen Gründen seyn. Mord aus Lebensüberdruss oder aus religiöser Schwärmerey, giebt zwar Ursachen des Ver-
dachts
Verbrechen der Tödung überhaupt.
ſtanden und 2) ohne daſs Ueberlegung, weder in Anſehung des Entſchluſses ſelbſt, noch in Anſehung der Mittel zur Ausführung, auf den- ſelben folgte, ausgeführt worden iſt. Fehlt eins oder das andere, ſo iſt die Tödung Mord (§. 249.)
§. 251.
Der Grund des Strafgeſetzes gegen den Todſchlag iſt, die unüberlegten geſetzwidrigen Ausbrüche des Affects zu verhindern und durch die Vorſtellung der Strafe den Menſchen in den Zuſtand der Reflexion über ſeine Hand- lungen zu verſetzen Dennoch wird zum Be- griff des Todſchlags, vermöge der Natur eines jeden Strafgeſetzes, vorausgeſetzet 1) daſs ſich der Handelnde in dem Zuſtande der Zurech- nungsfähigkeit befunden habe. Wer in dem höchſten Grad des gerechten Affects einen andern tödet, iſt kein Verbrecher (§. 96) 2) Der im Affect gefaſste rechtswidrige Entſchluſs muſte, wenn die ordentliche Strafe ſtatt finden ſoll, auf Tödung gerichtet geweſen ſeyn. Doch iſt es gleichviel, ob der Dolus in Beziehung auf Tödung beſtimmt, oder unbeſtimmt und alter- nativ war (§. 66.).
§. 252.
Der Endzweck und die Triebfedern zu dem überlegten Mord haben auf die recht- liche Beurtheilung des Verbrechens keinen Einflaſs. Man kann Mörder aus Liebe, aus Mitleid, ſelbſt aus moraliſchen Gründen ſeyn. Mord aus Lebensüberdruſs oder aus religiöſer Schwärmerey, giebt zwar Urſachen des Ver-
dachts
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><p><pbfacs="#f0225"n="197"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#i">Verbrechen der Tödung überhaupt.</hi></fw><lb/>ſtanden und 2) ohne daſs Ueberlegung, weder<lb/>
in Anſehung des Entſchluſses ſelbſt, noch in<lb/>
Anſehung der Mittel zur Ausführung, auf den-<lb/>ſelben folgte, ausgeführt worden iſt. Fehlt<lb/>
eins oder das andere, ſo iſt die Tödung Mord<lb/>
(§. 249.)</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 251.</head><lb/><p>Der Grund des Strafgeſetzes gegen den<lb/><hirendition="#i">Todſchlag</hi> iſt, die unüberlegten geſetzwidrigen<lb/>
Ausbrüche des Affects zu verhindern und durch<lb/>
die Vorſtellung der Strafe den Menſchen in<lb/>
den Zuſtand der Reflexion über ſeine Hand-<lb/>
lungen zu verſetzen Dennoch wird zum Be-<lb/>
griff des Todſchlags, vermöge der Natur eines<lb/>
jeden Strafgeſetzes, vorausgeſetzet 1) daſs ſich<lb/>
der Handelnde in dem Zuſtande der Zurech-<lb/>
nungsfähigkeit befunden habe. Wer in dem<lb/><hirendition="#i">höchſten</hi> Grad des <hirendition="#i">gerechten</hi> Affects einen andern<lb/>
tödet, iſt kein Verbrecher (§. 96) 2) Der im<lb/>
Affect gefaſste rechtswidrige Entſchluſs muſte,<lb/>
wenn die ordentliche Strafe ſtatt finden ſoll,<lb/>
auf Tödung gerichtet geweſen ſeyn. Doch iſt<lb/>
es gleichviel, ob der Dolus in Beziehung auf<lb/>
Tödung <hirendition="#i">beſtimmt</hi>, oder <hirendition="#i">unbeſtimmt</hi> und <hirendition="#i">alter-<lb/>
nativ</hi> war (§. 66.).</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 252.</head><lb/><p>Der Endzweck und die Triebfedern zu<lb/>
dem überlegten Mord haben auf die recht-<lb/>
liche Beurtheilung des Verbrechens keinen<lb/>
Einflaſs. Man kann Mörder aus Liebe, aus<lb/>
Mitleid, ſelbſt aus moraliſchen Gründen ſeyn.<lb/>
Mord aus Lebensüberdruſs oder aus religiöſer<lb/>
Schwärmerey, giebt zwar Urſachen des Ver-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dachts</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[197/0225]
Verbrechen der Tödung überhaupt.
ſtanden und 2) ohne daſs Ueberlegung, weder
in Anſehung des Entſchluſses ſelbſt, noch in
Anſehung der Mittel zur Ausführung, auf den-
ſelben folgte, ausgeführt worden iſt. Fehlt
eins oder das andere, ſo iſt die Tödung Mord
(§. 249.)
§. 251.
Der Grund des Strafgeſetzes gegen den
Todſchlag iſt, die unüberlegten geſetzwidrigen
Ausbrüche des Affects zu verhindern und durch
die Vorſtellung der Strafe den Menſchen in
den Zuſtand der Reflexion über ſeine Hand-
lungen zu verſetzen Dennoch wird zum Be-
griff des Todſchlags, vermöge der Natur eines
jeden Strafgeſetzes, vorausgeſetzet 1) daſs ſich
der Handelnde in dem Zuſtande der Zurech-
nungsfähigkeit befunden habe. Wer in dem
höchſten Grad des gerechten Affects einen andern
tödet, iſt kein Verbrecher (§. 96) 2) Der im
Affect gefaſste rechtswidrige Entſchluſs muſte,
wenn die ordentliche Strafe ſtatt finden ſoll,
auf Tödung gerichtet geweſen ſeyn. Doch iſt
es gleichviel, ob der Dolus in Beziehung auf
Tödung beſtimmt, oder unbeſtimmt und alter-
nativ war (§. 66.).
§. 252.
Der Endzweck und die Triebfedern zu
dem überlegten Mord haben auf die recht-
liche Beurtheilung des Verbrechens keinen
Einflaſs. Man kann Mörder aus Liebe, aus
Mitleid, ſelbſt aus moraliſchen Gründen ſeyn.
Mord aus Lebensüberdruſs oder aus religiöſer
Schwärmerey, giebt zwar Urſachen des Ver-
dachts
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/225>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.