Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Hochverrath.
welche ihm die Ausübung der Regierungs-
rechte unmöglich macht. -- Gefangennehmung,
Beraubung des Verstandes, Entführung
*). Aus-
ser dem Regenten selbst und der Ehegattin
oder dem Thronfolger, in so ferne diese Mit-
regentschaft
haben, kann an niemand andern
Hochverrath begangen werden. Minister sind
kein Gegenstand des Hochverraths **).

Von dem Oberherrn einer Aristokratie und Demokratie.

§. 201.

III. Der Hochverrath an der Verfassung
geschieht durch jede versuchte oder vollführte
rechtswidrige Vernichtung der Grundgesetze
des Staats. Die Aenderung der bestehenden
Grundgesetze ist rechtswidrig und heisst Revo-
lution
, wenn dieselbe entweder gegen den
Willen des Regenten, oder gegen den Willen
des Volks geschieht. Eine Aenderung der
Grundgesetze auf rechtliche Art heisst Reform
und begründet keinen Hochverrath. Uebri-

gens
*) Die L. 5. C. ad L. Jul. maj. spricht zunächst nur
von dem Hochverrath an den Grossen des Reichs
und -- wie man aus der Geschichte weiss -- an
den Eunuchen der orientalischen Majestät. Ueberall
fe[t]zt aber die Verordnung dem Zusammenhang nach,
den Hochverrath an dem Oberhaupte selbst voraus.
Auch versteht es sich von selbst, wenn es auch der
Zusammenhang nicht lehrte.
**) Der L. 5. C. cit. ungeachtet. Vergl. Feuerhach
a. O S 61 ff. Ueber das crimen perd. obliquae über-
haupt 5. Christ Lud. Reu. Diss de majestate in
persona ministri ex odio privaio laesa
. Lips. 1785.

Von dem Hochverrath.
welche ihm die Ausübung der Regierungs-
rechte unmöglich macht. — Gefangennehmung,
Beraubung des Verſtandes, Entführung
*). Auſ-
ſer dem Regenten ſelbſt und der Ehegattin
oder dem Thronfolger, in ſo ferne dieſe Mit-
regentſchaft
haben, kann an niemand andern
Hochverrath begangen werden. Miniſter ſind
kein Gegenſtand des Hochverraths **).

Von dem Oberherrn einer Ariſtokratie und Demokratie.

§. 201.

III. Der Hochverrath an der Verfaſſung
geſchieht durch jede verſuchte oder vollführte
rechtswidrige Vernichtung der Grundgeſetze
des Staats. Die Aenderung der beſtehenden
Grundgeſetze iſt rechtswidrig und heiſst Revo-
lution
, wenn dieſelbe entweder gegen den
Willen des Regenten, oder gegen den Willen
des Volks geſchieht. Eine Aenderung der
Grundgeſetze auf rechtliche Art heiſst Reform
und begründet keinen Hochverrath. Uebri-

gens
*) Die L. 5. C. ad L. Jul. maj. ſpricht zunächſt nur
von dem Hochverrath an den Groſsen des Reichs
und — wie man aus der Geſchichte weiſs — an
den Eunuchen der orientaliſchen Majeſtät. Ueberall
fe[t]zt aber die Verordnung dem Zuſammenhang nach,
den Hochverrath an dem Oberhaupte ſelbſt voraus.
Auch verſteht es ſich von ſelbſt, wenn es auch der
Zuſammenhang nicht lehrte.
**) Der L. 5. C. cit. ungeachtet. Vergl. Feuerhach
a. O S 61 ff. Ueber das crimen perd. obliquae über-
haupt 5. Chriſt Lud. Reu. Diſſ de majeſtate in
perſona miniſtri ex odio privaio laeſa
. Lipſ. 1785.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0181" n="153"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Von dem Hochverrath.</hi></fw><lb/>
welche ihm die Ausübung der Regierungs-<lb/>
rechte unmöglich macht. &#x2014; <hi rendition="#i">Gefangennehmung,<lb/>
Beraubung des Ver&#x017F;tandes, Entführung</hi> <note place="foot" n="*)">Die L. 5. C. <hi rendition="#i">ad L. Jul. maj</hi>. &#x017F;pricht zunäch&#x017F;t nur<lb/>
von dem Hochverrath an den Gro&#x017F;sen des Reichs<lb/>
und &#x2014; wie man aus der Ge&#x017F;chichte wei&#x017F;s &#x2014; an<lb/>
den Eunuchen der orientali&#x017F;chen Maje&#x017F;tät. Ueberall<lb/>
fe<supplied>t</supplied>zt aber die Verordnung dem Zu&#x017F;ammenhang nach,<lb/>
den Hochverrath an dem Oberhaupte &#x017F;elb&#x017F;t voraus.<lb/>
Auch ver&#x017F;teht es &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t, wenn es auch der<lb/>
Zu&#x017F;ammenhang nicht lehrte.</note>. Au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er dem Regenten &#x017F;elb&#x017F;t und der Ehegattin<lb/>
oder dem Thronfolger, in &#x017F;o ferne die&#x017F;e <hi rendition="#i">Mit-<lb/>
regent&#x017F;chaft</hi> haben, kann an niemand andern<lb/>
Hochverrath begangen werden. Mini&#x017F;ter &#x017F;ind<lb/>
kein Gegen&#x017F;tand des Hochverraths <note place="foot" n="**)">Der L. 5. C. cit. ungeachtet. Vergl. <hi rendition="#g">Feuerhach</hi><lb/>
a. O S 61 ff. Ueber das <hi rendition="#i">crimen perd. obliquae</hi> über-<lb/>
haupt 5. <hi rendition="#g">Chri&#x017F;t Lud. Reu</hi>. <hi rendition="#i">Di&#x017F;&#x017F; de maje&#x017F;tate in<lb/>
per&#x017F;ona mini&#x017F;tri ex odio privaio lae&#x017F;a</hi>. Lip&#x017F;. 1785.</note>.</p><lb/>
                    <p> <hi rendition="#et">Von dem Oberherrn einer <hi rendition="#i">Ari&#x017F;tokratie</hi> und <hi rendition="#i">Demokratie</hi>.</hi> </p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 201.</head><lb/>
                    <p>III. Der <hi rendition="#i">Hochverrath an der Verfa&#x017F;&#x017F;ung</hi><lb/>
ge&#x017F;chieht durch jede ver&#x017F;uchte oder vollführte<lb/>
rechtswidrige Vernichtung der Grundge&#x017F;etze<lb/>
des Staats. Die Aenderung der be&#x017F;tehenden<lb/>
Grundge&#x017F;etze i&#x017F;t rechtswidrig und hei&#x017F;st <hi rendition="#i">Revo-<lb/>
lution</hi>, wenn die&#x017F;elbe entweder gegen den<lb/>
Willen des Regenten, oder gegen den Willen<lb/>
des Volks ge&#x017F;chieht. Eine Aenderung der<lb/>
Grundge&#x017F;etze auf rechtliche Art hei&#x017F;st <hi rendition="#i">Reform</hi><lb/>
und begründet keinen Hochverrath. Uebri-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gens</fw><lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0181] Von dem Hochverrath. welche ihm die Ausübung der Regierungs- rechte unmöglich macht. — Gefangennehmung, Beraubung des Verſtandes, Entführung *). Auſ- ſer dem Regenten ſelbſt und der Ehegattin oder dem Thronfolger, in ſo ferne dieſe Mit- regentſchaft haben, kann an niemand andern Hochverrath begangen werden. Miniſter ſind kein Gegenſtand des Hochverraths **). Von dem Oberherrn einer Ariſtokratie und Demokratie. §. 201. III. Der Hochverrath an der Verfaſſung geſchieht durch jede verſuchte oder vollführte rechtswidrige Vernichtung der Grundgeſetze des Staats. Die Aenderung der beſtehenden Grundgeſetze iſt rechtswidrig und heiſst Revo- lution, wenn dieſelbe entweder gegen den Willen des Regenten, oder gegen den Willen des Volks geſchieht. Eine Aenderung der Grundgeſetze auf rechtliche Art heiſst Reform und begründet keinen Hochverrath. Uebri- gens *) Die L. 5. C. ad L. Jul. maj. ſpricht zunächſt nur von dem Hochverrath an den Groſsen des Reichs und — wie man aus der Geſchichte weiſs — an den Eunuchen der orientaliſchen Majeſtät. Ueberall fetzt aber die Verordnung dem Zuſammenhang nach, den Hochverrath an dem Oberhaupte ſelbſt voraus. Auch verſteht es ſich von ſelbſt, wenn es auch der Zuſammenhang nicht lehrte. **) Der L. 5. C. cit. ungeachtet. Vergl. Feuerhach a. O S 61 ff. Ueber das crimen perd. obliquae über- haupt 5. Chriſt Lud. Reu. Diſſ de majeſtate in perſona miniſtri ex odio privaio laeſa. Lipſ. 1785.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/181
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/181>, abgerufen am 22.12.2024.