Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.Von concurrirenden Verbrechen. §. 155. Die Gesetze bestätigen besonders diese auf *) L. 32. §. 1. D. ad L. Aquil. L. 2. D. de privatis de- lictis. -- Die Praktiker stellen, den Gesetzen zu- wider, folgende Grundsätze auf. I. Concurriren mehrere Capitalverbretben, so wird nur auf die Strafe des härtesten Verbrechens erkannt, ohne alle Rücksicht auf die übrigen Verbrechen. Sie dehnen also zur Unge- bühr den Grundsatz: poena major absorbes minorem, den doch nur die Gesetze von einem Fall der idealen Concurrenz behaupten, auch auf diesen Fall, wie noch auf mehrere andere, aus. Nur dann, wenn die Strafe eines andern concurrirenden Verbrechens noch einen schärfenden Zusatz hat, soll dieser Zu- satz mit der Strafe des schwersten Verbrechens ver- bunden werden. Heil judex et defensor C VI. § 63. II. Concurrirt Todesstrafe mit Leibesstrafe, oder Leibes- strafe mit andern geringern Strafen, denn absorbirt die grössere die geringere Strafe. Carpzov Q. 132. N. 64 III. Concurriren mehrere poenae corporis afflic- tirae, dann wird blos auf die härteste erkannt, einige Fälle ausgenommen Carpzov l. c. Nr. 72. IV. Steht auf allen Verbrechen Geldstrafe, dann wird die Strafe eines jeden Verbrechens für sich bezahlt. **) L. 28. §. 3. 10. D. de poenis L. un. C. de superexac-
tionibus. L. 8. §. 1. C. ad L. Jul. de vi publ. die Praktiker stimmen im Ganzen bey, nur mit dem Unterschied, dass sie bey Verbrechen, auf welchen allen blos Leibesstrafe steht, nur als Eins betrachten und die Regel: poena major etc. anwenden. Von concurrirenden Verbrechen. §. 155. Die Geſetze beſtätigen beſonders dieſe auf *) L. 32. §. 1. D. ad L. Aquil. L. 2. D. de privatis de- lictis. — Die Praktiker ſtellen, den Geſetzen zu- wider, folgende Grundſätze auf. I. Concurriren mehrere Capitalverbretben, ſo wird nur auf die Strafe des härteſten Verbrechens erkannt, ohne alle Rückſicht auf die übrigen Verbrechen. Sie dehnen alſo zur Unge- bühr den Grundſatz: poena major abſorbes minorem, den doch nur die Geſetze von einem Fall der idealen Concurrenz behaupten, auch auf dieſen Fall, wie noch auf mehrere andere, aus. Nur dann, wenn die Strafe eines andern concurrirenden Verbrechens noch einen ſchärfenden Zuſatz hat, ſoll dieſer Zu- ſatz mit der Strafe des ſchwerſten Verbrechens ver- bunden werden. Heil judex et defenſor C VI. § 63. II. Concurrirt Todesſtrafe mit Leibesſtrafe, oder Leibes- ſtrafe mit andern geringern Strafen, denn abſorbirt die gröſsere die geringere Strafe. Carpzov Q. 132. N. 64 III. Concurriren mehrere poenae corporis afflic- tirae, dann wird blos auf die härteſte erkannt, einige Fälle ausgenommen Carpzov l. c. Nr. 72. IV. Steht auf allen Verbrechen Geldſtrafe, dann wird die Strafe eines jeden Verbrechens für ſich bezahlt. **) L. 28. §. 3. 10. D. de poenis L. un. C. de ſuperexac-
tionibus. L. 8. §. 1. C. ad L. Jul. de vi publ. die Praktiker ſtimmen im Ganzen bey, nur mit dem Unterſchied, daſs ſie bey Verbrechen, auf welchen allen blos Leibesſtrafe ſteht, nur als Eins betrachten und die Regel: poena major etc. anwenden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <pb facs="#f0147" n="119"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#i">Von concurrirenden Verbrechen.</hi> </fw><lb/> <div n="8"> <head>§. 155.</head><lb/> <p>Die Geſetze beſtätigen beſonders dieſe<lb/> Grundſätze bey der <hi rendition="#i">objectiven Concurrenz</hi> <note place="foot" n="*)">L. 32. §. 1. <hi rendition="#i">D. ad L. Aquil. L. 2. D. de privatis de-<lb/> lictis.</hi> — Die Praktiker ſtellen, den Geſetzen zu-<lb/> wider, folgende Grundſätze auf. I. <hi rendition="#i">Concurriren mehrere<lb/> Capitalverbretben</hi>, ſo wird nur auf die Strafe des<lb/> härteſten Verbrechens erkannt, ohne alle Rückſicht<lb/> auf die übrigen Verbrechen. Sie dehnen alſo zur Unge-<lb/> bühr den Grundſatz: <hi rendition="#i">poena major abſorbes minorem</hi>, den<lb/> doch nur die Geſetze von einem Fall der idealen<lb/> Concurrenz behaupten, auch auf dieſen Fall, wie<lb/> noch auf mehrere andere, aus. Nur dann, wenn<lb/> die Strafe eines andern concurrirenden Verbrechens<lb/> noch einen ſchärfenden Zuſatz hat, ſoll dieſer Zu-<lb/> ſatz mit der Strafe des ſchwerſten Verbrechens ver-<lb/> bunden werden. <hi rendition="#g">Heil</hi> <hi rendition="#i">judex et defenſor</hi> C VI. § 63.<lb/> II. <hi rendition="#i">Concurrirt Todesſtrafe mit Leibesſtrafe, oder Leibes-<lb/> ſtrafe mit andern geringern Strafen</hi>, denn abſorbirt die<lb/> gröſsere die geringere Strafe. <hi rendition="#g">Carpzov</hi> Q. 132.<lb/> N. 64 III. Concurriren mehrere <hi rendition="#i">poenae corporis afflic-<lb/> tirae</hi>, dann wird blos auf die härteſte erkannt,<lb/> einige Fälle ausgenommen <hi rendition="#g">Carpzov</hi> l. c. Nr. 72.<lb/> IV. Steht auf allen Verbrechen <hi rendition="#i">Geldſtrafe</hi>, dann wird<lb/> die Strafe eines jeden Verbrechens für ſich bezahlt.</note><lb/> und bey <hi rendition="#i">wiederholten Verbrechen</hi> <note place="foot" n="**)">L. 28. §. 3. 10. <hi rendition="#i">D. de poenis</hi> L. <hi rendition="#i">un.</hi> C. de <hi rendition="#i">ſuperexac-<lb/> tionibus.</hi> L. 8. §. 1. C. <hi rendition="#i">ad L. Jul. de vi publ.</hi> die<lb/> Praktiker ſtimmen im Ganzen bey, nur mit dem<lb/> Unterſchied, daſs ſie bey Verbrechen, auf welchen<lb/> allen blos Leibesſtrafe ſteht, nur als Eins betrachten<lb/> und die Regel: <hi rendition="#i">poena major</hi> etc. anwenden.</note>. Aber bey<lb/> der <hi rendition="#i">idealen Concurrenz</hi> und bey <hi rendition="#i">fortgeſetzten<lb/> Verbrechen</hi> machen ſie eine Ausnahme, in wie<lb/> ferne ſie dort, wenn Verbrechen <hi rendition="#i">derſelben<lb/> Gattung</hi> idealiter concurriren, die Regel auf-<lb/> ſtellen: die <hi rendition="#i">gröſsere Strafe hebt die geringere</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#i">auf</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0147]
Von concurrirenden Verbrechen.
§. 155.
Die Geſetze beſtätigen beſonders dieſe
Grundſätze bey der objectiven Concurrenz *)
und bey wiederholten Verbrechen **). Aber bey
der idealen Concurrenz und bey fortgeſetzten
Verbrechen machen ſie eine Ausnahme, in wie
ferne ſie dort, wenn Verbrechen derſelben
Gattung idealiter concurriren, die Regel auf-
ſtellen: die gröſsere Strafe hebt die geringere
auf
*) L. 32. §. 1. D. ad L. Aquil. L. 2. D. de privatis de-
lictis. — Die Praktiker ſtellen, den Geſetzen zu-
wider, folgende Grundſätze auf. I. Concurriren mehrere
Capitalverbretben, ſo wird nur auf die Strafe des
härteſten Verbrechens erkannt, ohne alle Rückſicht
auf die übrigen Verbrechen. Sie dehnen alſo zur Unge-
bühr den Grundſatz: poena major abſorbes minorem, den
doch nur die Geſetze von einem Fall der idealen
Concurrenz behaupten, auch auf dieſen Fall, wie
noch auf mehrere andere, aus. Nur dann, wenn
die Strafe eines andern concurrirenden Verbrechens
noch einen ſchärfenden Zuſatz hat, ſoll dieſer Zu-
ſatz mit der Strafe des ſchwerſten Verbrechens ver-
bunden werden. Heil judex et defenſor C VI. § 63.
II. Concurrirt Todesſtrafe mit Leibesſtrafe, oder Leibes-
ſtrafe mit andern geringern Strafen, denn abſorbirt die
gröſsere die geringere Strafe. Carpzov Q. 132.
N. 64 III. Concurriren mehrere poenae corporis afflic-
tirae, dann wird blos auf die härteſte erkannt,
einige Fälle ausgenommen Carpzov l. c. Nr. 72.
IV. Steht auf allen Verbrechen Geldſtrafe, dann wird
die Strafe eines jeden Verbrechens für ſich bezahlt.
**) L. 28. §. 3. 10. D. de poenis L. un. C. de ſuperexac-
tionibus. L. 8. §. 1. C. ad L. Jul. de vi publ. die
Praktiker ſtimmen im Ganzen bey, nur mit dem
Unterſchied, daſs ſie bey Verbrechen, auf welchen
allen blos Leibesſtrafe ſteht, nur als Eins betrachten
und die Regel: poena major etc. anwenden.
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