Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abschnitt. hält also einen Zusatz, der im drohendenGesetze nicht enthalten ist. Nun setzt aber je- des Strafübel voraus, dass es durch ein Gesetz vorher angedroht sey. Es ist daher auch jede Schärfung der Strafe rechtlich unmöglich *). Anhang: Von falschen Milderungsgründen und angeblichen Gründen der Schärfung. Reinharth Diss. de causis, ob quas judex potestatem §. 109. Die Rechtslehrer kennen noch viele Grad *) Wenn Verbrechen concurriren, so muss freylich oft mit der ordentlichen Strafe des einen Ver- brechens noch ein schärfender Zusatz verbunden werden, wie sich weiter unten zeigen wird. Aber dies ist nicht eigentlich Schärfung der Strafe jenes Verbrechens; sondern der schärfende Zusatz ist ein Theil der ordentlichen Strafe eines andern eben- falls zur Anwendung kommenden Strafgesetzes, oder desselben Strafgesetzes, welches mehrmals übertreten worden ist. Ein himmelweiter Unter- schied. cf. Gros Diss. de notione poenarum forensium §. 18. -- Feuerbach Revision. Thl. I. S. 333. ff. **) Ich führe diese Gründe zur Notiz historisch an,
weil nichts so sehr als sie den bisherigen Geist der Wissenschaft charakterisirt und weil sie dem künfti- gen Defensor nützlich ist. der alles mögliche für seinen Clienten sagen muss. Der verständige Rich- ter freylich muss wissen, was er von diesen Gründen zu halten hat. I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt. hält alſo einen Zuſatz, der im drohendenGeſetze nicht enthalten iſt. Nun ſetzt aber je- des Strafübel voraus, daſs es durch ein Geſetz vorher angedroht ſey. Es iſt daher auch jede Schärfung der Strafe rechtlich unmöglich *). Anhang: Von falſchen Milderungsgründen und angeblichen Gründen der Schärfung. Reinharth Diſſ. de cauſis, ob quas judex poteſtatem §. 109. Die Rechtslehrer kennen noch viele Grad *) Wenn Verbrechen concurriren, ſo muſs freylich oft mit der ordentlichen Strafe des einen Ver- brechens noch ein ſchärfender Zuſatz verbunden werden, wie ſich weiter unten zeigen wird. Aber dies iſt nicht eigentlich Schärfung der Strafe jenes Verbrechens; ſondern der ſchärfende Zuſatz iſt ein Theil der ordentlichen Strafe eines andern eben- falls zur Anwendung kommenden Strafgeſetzes, oder deſſelben Strafgeſetzes, welches mehrmals übertreten worden iſt. Ein himmelweiter Unter- ſchied. cf. Gros Diſſ. de notione poenarum forenſium §. 18. — Feuerbach Reviſion. Thl. I. S. 333. ff. **) Ich führe dieſe Gründe zur Notiz hiſtoriſch an,
weil nichts ſo ſehr als ſie den bisherigen Geiſt der Wiſſenſchaft charakteriſirt und weil ſie dem künfti- gen Defenſor nützlich iſt. der alles mögliche für ſeinen Clienten ſagen muſs. Der verſtändige Rich- ter freylich muſs wiſſen, was er von dieſen Gründen zu halten hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="9"> <div n="10"> <p><pb facs="#f0114" n="86"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt.</hi></fw><lb/> hält alſo einen Zuſatz, der im drohenden<lb/> Geſetze nicht enthalten iſt. Nun ſetzt aber je-<lb/> des Strafübel voraus, daſs es durch ein Geſetz<lb/> vorher angedroht ſey. Es iſt daher auch jede<lb/> Schärfung der Strafe rechtlich unmöglich <note place="foot" n="*)">Wenn Verbrechen concurriren, ſo muſs freylich<lb/> oft mit der ordentlichen Strafe des einen Ver-<lb/> brechens noch ein ſchärfender Zuſatz verbunden<lb/> werden, wie ſich weiter unten zeigen wird. Aber<lb/> dies iſt nicht eigentlich Schärfung der Strafe jenes<lb/> Verbrechens; ſondern der ſchärfende Zuſatz iſt ein<lb/> Theil der ordentlichen Strafe eines andern eben-<lb/> falls zur Anwendung kommenden Strafgeſetzes,<lb/> oder deſſelben Strafgeſetzes, welches mehrmals<lb/> übertreten worden iſt. Ein himmelweiter Unter-<lb/> ſchied. cf. <hi rendition="#g">Gros</hi> <hi rendition="#i">Diſſ. de notione poenarum forenſium</hi><lb/> §. 18. — <hi rendition="#g">Feuerbach</hi> <hi rendition="#i">Reviſion.</hi> Thl. I. S. 333. ff.</note>.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="9"> <head><hi rendition="#g">Anhang</hi>:<lb/><hi rendition="#i">Von falſchen Milderungsgründen und angeblichen Gründen<lb/> der Schärfung.</hi></head><lb/> <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Reinharth</hi><hi rendition="#i">Diſſ. de cauſis, ob quas judex poteſtatem<lb/> mitigandi poenas falſo ſibi arrogat.</hi> Erf. 1734.</hi> </p><lb/> <div n="10"> <head>§. 109.</head><lb/> <p>Die Rechtslehrer kennen noch viele<lb/> andere Milderungsgründe, welche die Noth<lb/> und halbverſtandene Humanität erfunden<lb/> hat <note place="foot" n="**)">Ich führe dieſe Gründe zur Notiz hiſtoriſch an,<lb/> weil nichts ſo ſehr als ſie den bisherigen Geiſt der<lb/> Wiſſenſchaft charakteriſirt und weil ſie dem künfti-<lb/> gen Defenſor nützlich iſt. der <hi rendition="#i">alles</hi> mögliche für<lb/> ſeinen Clienten ſagen muſs. Der verſtändige <hi rendition="#i">Rich-<lb/> ter</hi> freylich muſs wiſſen, was er von dieſen Gründen<lb/> zu halten hat.</note>. Die wichtigſten ſind I. der <hi rendition="#i">verringerte</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#i">Grad</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0114]
I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt.
hält alſo einen Zuſatz, der im drohenden
Geſetze nicht enthalten iſt. Nun ſetzt aber je-
des Strafübel voraus, daſs es durch ein Geſetz
vorher angedroht ſey. Es iſt daher auch jede
Schärfung der Strafe rechtlich unmöglich *).
Anhang:
Von falſchen Milderungsgründen und angeblichen Gründen
der Schärfung.
Reinharth Diſſ. de cauſis, ob quas judex poteſtatem
mitigandi poenas falſo ſibi arrogat. Erf. 1734.
§. 109.
Die Rechtslehrer kennen noch viele
andere Milderungsgründe, welche die Noth
und halbverſtandene Humanität erfunden
hat **). Die wichtigſten ſind I. der verringerte
Grad
*) Wenn Verbrechen concurriren, ſo muſs freylich
oft mit der ordentlichen Strafe des einen Ver-
brechens noch ein ſchärfender Zuſatz verbunden
werden, wie ſich weiter unten zeigen wird. Aber
dies iſt nicht eigentlich Schärfung der Strafe jenes
Verbrechens; ſondern der ſchärfende Zuſatz iſt ein
Theil der ordentlichen Strafe eines andern eben-
falls zur Anwendung kommenden Strafgeſetzes,
oder deſſelben Strafgeſetzes, welches mehrmals
übertreten worden iſt. Ein himmelweiter Unter-
ſchied. cf. Gros Diſſ. de notione poenarum forenſium
§. 18. — Feuerbach Reviſion. Thl. I. S. 333. ff.
**) Ich führe dieſe Gründe zur Notiz hiſtoriſch an,
weil nichts ſo ſehr als ſie den bisherigen Geiſt der
Wiſſenſchaft charakteriſirt und weil ſie dem künfti-
gen Defenſor nützlich iſt. der alles mögliche für
ſeinen Clienten ſagen muſs. Der verſtändige Rich-
ter freylich muſs wiſſen, was er von dieſen Gründen
zu halten hat.
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