Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.den Christen sind psychologisch tief begründete Folgen ihrer Aber so sehr dem objectiven Gemüthe, dem Herzen des Gott leidet, heißt aber nichts andres als: Gott ist *) S. z. B. I. Petri 4, 1. 13. Römer 8, 17. 18. II. Korinth. 4, 10. 17. Abstine ... ab omnibus seculi delectationibus, ut post hanc vitam in coelo laetari possis cum angelis. (de modo bene viv. Serm. 23. Unter den unächten Schriften des heil. Bernhard.) 5*
den Chriſten ſind pſychologiſch tief begründete Folgen ihrer Aber ſo ſehr dem objectiven Gemüthe, dem Herzen des Gott leidet, heißt aber nichts andres als: Gott iſt *) S. z. B. I. Petri 4, 1. 13. Römer 8, 17. 18. II. Korinth. 4, 10. 17. Abstine … ab omnibus seculi delectationibus, ut post hanc vitam in coelo laetari possis cum angelis. (de modo bene viv. Serm. 23. Unter den unächten Schriften des heil. Bernhard.) 5*
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den Chriſten ſind pſychologiſch tief begründete Folgen ihrer
religiöſen Anſchauung. Wie ſollte dem nicht die Luſt kommen,
ſich ſelbſt oder Andere zu kreuzigen, der ſtets das Bild eines
Gekreuzigten im Sinne hat? Wenigſtens ſind wir zu dieſem
Schluſſe eben ſo gut berechtigt, als Auguſtin und andere Kir-
chenväter zu dem Vorwurf gegen die heidniſche Religion, daß
die unzüchtigen religiöſen Bilder die Heiden zur Unzucht auf-
forderten.
Aber ſo ſehr dem objectiven Gemüthe, dem Herzen des
natürlichen oder ſelbſtbewußten Menſchen das Leiden wider-
ſpricht, weil in ihm der Trieb zur Selbſtthätigkeit, zur Kraft-
äußerung der vorherrſchende iſt: ſo ſehr entſpricht dem ſub-
jectiven, nur einwärts gekehrten, weltſcheuen, nur
auf ſich concentrirten Herzen, d. i. dem Gemüthe das
Leiden. Leiden iſt eine Selbſtnegation, aber eine ſelbſt ſub-
jective, dem Gemüthe wohlthätige — auch ganz abgeſehen
davon, daß das chriſtliche Leiden, ſelbſt das Leiden des Mär-
tyrerthums identiſch iſt mit der Hoffnung der himmli-
ſchen Seligkeit *) — die Anſchauung eines leidenden Got-
tes daher die höchſte Selbſtbejahung, die höchſte Wol-
luſt des leidenden Herzens.
Gott leidet, heißt aber nichts andres als: Gott iſt
ein Herz. Das Herz iſt die Quelle, der Inbegriff aller Lei-
den. Ein Weſen ohne Leiden iſt ein Weſen ohne Herz. Im
Verſtande ſind wir ſelbſtthätig; im Herzen leiden, d. i. empfin-
den wir. Das Geheimniß des leidenden Gottes iſt
*) S. z. B. I. Petri 4, 1. 13. Römer 8, 17. 18. II. Korinth. 4, 10. 17.
Abstine … ab omnibus seculi delectationibus, ut post hanc
vitam in coelo laetari possis cum angelis. (de modo bene viv. Serm.
23. Unter den unächten Schriften des heil. Bernhard.)
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