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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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widersprechen -- und wie sollten sie ihm widersprechen? -- so
widerspricht demselben auch nicht die wunderbare Wirkung der
Taufe. Im Gegentheil es ist nothwendig, der Taufe eine
supernaturalistische Bedeutung zu geben, wenn man ihr
eine christliche Bedeutung geben will. Paulus wurde durch
eine plötzliche wunderbare Erscheinung, wie er noch voll des
Christenhasses war, bekehrt. Das Christenthum kam gewaltsam
über ihn. Man kann sich nicht mit der Ausflucht helfen, daß
bei einem Andern diese Erscheinung nicht denselben Erfolg
würde gehabt haben, daß also die Wirkung derselben doch dem
Paulus selbst zugerechnet werden müsse. Denn wären Andere
derselben Erscheinung gewürdigt worden, so würden sie sicher-
lich eben so christlich geworden sein, als Paulus. Allmächtig
ist ja die göttliche Gnade. Die Ungläubigkeit und Unbekehr-
lichkeit der Pharisäer ist kein Gegengrund; denn eben ihnen
entzog sich die Gnade. Der Messias mußte nothwendig, einem
göttlichen Decret zufolge, verrathen, mißhandelt, gekreuzigt
werden. Also mußten Individuen sein, die ihn mißhandelten,
die ihn kreuzigten; also mußte schon im Voraus die göttliche
Gnade diesen Individuen sich entzogen haben. Freilich wird
sie sich ihnen nicht ganz und gar entzogen haben, aber nur,
um ihre Schuld zu vergrößern, keineswegs mit dem ernstlichen
Willen, sie zu bekehren. Wie wäre es möglich gewesen, dem
Willen Gottes, vorausgesetzt natürlich, daß es wirklich sein
Wille, nicht bloße Velleität war, zu widerstehen? Paulus
selbst stellt seine Bekehrung und Umwandlung als ein, von
seiner Seite völlig verdienstloses Werk der göttlichen Gnade
hin. Ganz richtig. Der göttlichen Gnade nicht widerstehen
d. h. die göttliche Gnade aufnehmen, auf sich wirken lassen --
das ist ja selbst schon etwas Gutes, folglich eine Wirkung der

widerſprechen — und wie ſollten ſie ihm widerſprechen? — ſo
widerſpricht demſelben auch nicht die wunderbare Wirkung der
Taufe. Im Gegentheil es iſt nothwendig, der Taufe eine
ſupernaturaliſtiſche Bedeutung zu geben, wenn man ihr
eine chriſtliche Bedeutung geben will. Paulus wurde durch
eine plötzliche wunderbare Erſcheinung, wie er noch voll des
Chriſtenhaſſes war, bekehrt. Das Chriſtenthum kam gewaltſam
über ihn. Man kann ſich nicht mit der Ausflucht helfen, daß
bei einem Andern dieſe Erſcheinung nicht denſelben Erfolg
würde gehabt haben, daß alſo die Wirkung derſelben doch dem
Paulus ſelbſt zugerechnet werden müſſe. Denn wären Andere
derſelben Erſcheinung gewürdigt worden, ſo würden ſie ſicher-
lich eben ſo chriſtlich geworden ſein, als Paulus. Allmächtig
iſt ja die göttliche Gnade. Die Ungläubigkeit und Unbekehr-
lichkeit der Phariſäer iſt kein Gegengrund; denn eben ihnen
entzog ſich die Gnade. Der Meſſias mußte nothwendig, einem
göttlichen Decret zufolge, verrathen, mißhandelt, gekreuzigt
werden. Alſo mußten Individuen ſein, die ihn mißhandelten,
die ihn kreuzigten; alſo mußte ſchon im Voraus die göttliche
Gnade dieſen Individuen ſich entzogen haben. Freilich wird
ſie ſich ihnen nicht ganz und gar entzogen haben, aber nur,
um ihre Schuld zu vergrößern, keineswegs mit dem ernſtlichen
Willen, ſie zu bekehren. Wie wäre es möglich geweſen, dem
Willen Gottes, vorausgeſetzt natürlich, daß es wirklich ſein
Wille, nicht bloße Velleität war, zu widerſtehen? Paulus
ſelbſt ſtellt ſeine Bekehrung und Umwandlung als ein, von
ſeiner Seite völlig verdienſtloſes Werk der göttlichen Gnade
hin. Ganz richtig. Der göttlichen Gnade nicht widerſtehen
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[324/0342] widerſprechen — und wie ſollten ſie ihm widerſprechen? — ſo widerſpricht demſelben auch nicht die wunderbare Wirkung der Taufe. Im Gegentheil es iſt nothwendig, der Taufe eine ſupernaturaliſtiſche Bedeutung zu geben, wenn man ihr eine chriſtliche Bedeutung geben will. Paulus wurde durch eine plötzliche wunderbare Erſcheinung, wie er noch voll des Chriſtenhaſſes war, bekehrt. Das Chriſtenthum kam gewaltſam über ihn. Man kann ſich nicht mit der Ausflucht helfen, daß bei einem Andern dieſe Erſcheinung nicht denſelben Erfolg würde gehabt haben, daß alſo die Wirkung derſelben doch dem Paulus ſelbſt zugerechnet werden müſſe. Denn wären Andere derſelben Erſcheinung gewürdigt worden, ſo würden ſie ſicher- lich eben ſo chriſtlich geworden ſein, als Paulus. Allmächtig iſt ja die göttliche Gnade. Die Ungläubigkeit und Unbekehr- lichkeit der Phariſäer iſt kein Gegengrund; denn eben ihnen entzog ſich die Gnade. Der Meſſias mußte nothwendig, einem göttlichen Decret zufolge, verrathen, mißhandelt, gekreuzigt werden. Alſo mußten Individuen ſein, die ihn mißhandelten, die ihn kreuzigten; alſo mußte ſchon im Voraus die göttliche Gnade dieſen Individuen ſich entzogen haben. Freilich wird ſie ſich ihnen nicht ganz und gar entzogen haben, aber nur, um ihre Schuld zu vergrößern, keineswegs mit dem ernſtlichen Willen, ſie zu bekehren. Wie wäre es möglich geweſen, dem Willen Gottes, vorausgeſetzt natürlich, daß es wirklich ſein Wille, nicht bloße Velleität war, zu widerſtehen? Paulus ſelbſt ſtellt ſeine Bekehrung und Umwandlung als ein, von ſeiner Seite völlig verdienſtloſes Werk der göttlichen Gnade hin. Ganz richtig. Der göttlichen Gnade nicht widerſtehen d. h. die göttliche Gnade aufnehmen, auf ſich wirken laſſen — das iſt ja ſelbſt ſchon etwas Gutes, folglich eine Wirkung der

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/342>, abgerufen am 24.11.2024.