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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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tasie. Dieß bestätigt vor Allem das unselige Zwittergeschöpf
der Schelling'schen Identitätsphilosophie. Wenn wirklich Geist
und Natur identisch sind, so ist die Wahrheit dieser Identität
die Identität der Natur mit sich selber. Wir brauchen
nichts weiter mehr als Natur: es gibt dann nicht mehr eine
Natur- und Geistesphilosophie, sondern Alles ist Naturlehre.
So nur bekommen wir ein System der Identität -- wahrer
Identität im Gegensatze zu der scheinbaren, träumerischen Iden-
titätslehre der Schelling'schen Philosophie, gleichwie wir nur
dann ein wahres System der Identität des göttlichen und
menschlichen Wesens bekommen, wenn wir nicht mehr eine be-
sondre, von der Psychologie oder Anthropologie unterschiedne
Religionsphilosophie oder Theologie haben, sondern die An-
thropologie selbst als Theologie erkennen.


Die Religion realisirt oder verobjectivirt aber nicht nur
das menschliche oder göttliche Wesen überhaupt als persönliches
Wesen; sie realisirt auch die Grundbestimmungen oder Grund-
unterschiede desselben wieder als Personen. Die Trinität ist
daher ursprünglich nichts andres als der Inbegriff der wesentli-
chen Grundunterschiede, welche der Mensch im Wesen des
Menschen wahrnimmt. Je nachdem dieses erfaßt wird, je
nachdem sind auch die Grundbestimmungen, worauf die Tri-
nität gegründet wird, verschieden. So hat man in neuerer
Zeit hauptsächlich die Trinität nur auf den Act des Bewußt-
seins reducirt. Gott denkt sich, was Gott denkt, ist zwar auch
Gedanke, aber als Gedanke Gottes zugleich Wesen. Das
Wesentliche für uns ist aber hier nur dieß, daß Gedankenun-

taſie. Dieß beſtätigt vor Allem das unſelige Zwittergeſchöpf
der Schelling’ſchen Identitätsphiloſophie. Wenn wirklich Geiſt
und Natur identiſch ſind, ſo iſt die Wahrheit dieſer Identität
die Identität der Natur mit ſich ſelber. Wir brauchen
nichts weiter mehr als Natur: es gibt dann nicht mehr eine
Natur- und Geiſtesphiloſophie, ſondern Alles iſt Naturlehre.
So nur bekommen wir ein Syſtem der Identität — wahrer
Identität im Gegenſatze zu der ſcheinbaren, träumeriſchen Iden-
titätslehre der Schelling’ſchen Philoſophie, gleichwie wir nur
dann ein wahres Syſtem der Identität des göttlichen und
menſchlichen Weſens bekommen, wenn wir nicht mehr eine be-
ſondre, von der Pſychologie oder Anthropologie unterſchiedne
Religionsphiloſophie oder Theologie haben, ſondern die An-
thropologie ſelbſt als Theologie erkennen.


Die Religion realiſirt oder verobjectivirt aber nicht nur
das menſchliche oder göttliche Weſen überhaupt als perſönliches
Weſen; ſie realiſirt auch die Grundbeſtimmungen oder Grund-
unterſchiede deſſelben wieder als Perſonen. Die Trinität iſt
daher urſprünglich nichts andres als der Inbegriff der weſentli-
chen Grundunterſchiede, welche der Menſch im Weſen des
Menſchen wahrnimmt. Je nachdem dieſes erfaßt wird, je
nachdem ſind auch die Grundbeſtimmungen, worauf die Tri-
nität gegründet wird, verſchieden. So hat man in neuerer
Zeit hauptſächlich die Trinität nur auf den Act des Bewußt-
ſeins reducirt. Gott denkt ſich, was Gott denkt, iſt zwar auch
Gedanke, aber als Gedanke Gottes zugleich Weſen. Das
Weſentliche für uns iſt aber hier nur dieß, daß Gedankenun-

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[314/0332] taſie. Dieß beſtätigt vor Allem das unſelige Zwittergeſchöpf der Schelling’ſchen Identitätsphiloſophie. Wenn wirklich Geiſt und Natur identiſch ſind, ſo iſt die Wahrheit dieſer Identität die Identität der Natur mit ſich ſelber. Wir brauchen nichts weiter mehr als Natur: es gibt dann nicht mehr eine Natur- und Geiſtesphiloſophie, ſondern Alles iſt Naturlehre. So nur bekommen wir ein Syſtem der Identität — wahrer Identität im Gegenſatze zu der ſcheinbaren, träumeriſchen Iden- titätslehre der Schelling’ſchen Philoſophie, gleichwie wir nur dann ein wahres Syſtem der Identität des göttlichen und menſchlichen Weſens bekommen, wenn wir nicht mehr eine be- ſondre, von der Pſychologie oder Anthropologie unterſchiedne Religionsphiloſophie oder Theologie haben, ſondern die An- thropologie ſelbſt als Theologie erkennen. Die Religion realiſirt oder verobjectivirt aber nicht nur das menſchliche oder göttliche Weſen überhaupt als perſönliches Weſen; ſie realiſirt auch die Grundbeſtimmungen oder Grund- unterſchiede deſſelben wieder als Perſonen. Die Trinität iſt daher urſprünglich nichts andres als der Inbegriff der weſentli- chen Grundunterſchiede, welche der Menſch im Weſen des Menſchen wahrnimmt. Je nachdem dieſes erfaßt wird, je nachdem ſind auch die Grundbeſtimmungen, worauf die Tri- nität gegründet wird, verſchieden. So hat man in neuerer Zeit hauptſächlich die Trinität nur auf den Act des Bewußt- ſeins reducirt. Gott denkt ſich, was Gott denkt, iſt zwar auch Gedanke, aber als Gedanke Gottes zugleich Weſen. Das Weſentliche für uns iſt aber hier nur dieß, daß Gedankenun-

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/332>, abgerufen am 24.11.2024.