kurz, die durch die Vorstellung der Individualität oder Persönlichkeit entzweite Vernunftidentität. Ich kann keinen wirklichen Unterschied zwischen Vater und Kind, Urbild und Ebenbild, Gott und Mensch entdecken, wenn ich nicht die Vorstellung der Persönlichkeit zwischen einschiebe. Die Aehn- lichkeit ist die äußerliche Identität; die Identität, die durch die Vernunft, den Wahrheitssinn bejaht, durch die Einbil- dung verneint wird, die Identität, welche einen Schein des Unterschieds bestehen läßt -- eine Scheinvorstel- lung, die nicht geradezu Ja, nicht geradezu Nein sagt.
Gott ist Person -- das heißt: Gott ist nicht nur ein ge- fühltes, vorgestelltes, geliebtes, gedachtes, er ist selbst ein lie- bendes, denkendes und zwar sich selbst liebendes, sich selbst denkendes Wesen. Die Persönlichkeit Gottes ist die entäußerte, vergegenständlichte Persönlichkeit des Menschen. Vermittelst der Persönlichkeit macht der Mensch seine eignen Selbstbestim- mungen und Gemüthsbewegungen zu göttlichen Bestimmungen, wie wenn er z. B. seine Gewissensfurcht in den Zorn Gottes, seinen Frieden vor dem Gewissen in göttliches Wohlgefallen verwandelt.
Auf diesem Processe der Selbstentäußerung, Selbstvergegen- ständlichung beruht auch im Grunde die neuere, Hegel'sche spe- culative Lehre, welche das Bewußtsein des Menschen von Gott zum Selbstbewußtsein Gottes macht, nur mit dem Unterschiede, daß hier dieser Proceß ein selbstbewußter ist und daher zugleich, in einem und demselben Momente das entäußerte Wesen in den Menschen wieder zurückgenommen wird. Gott wird nicht nur von uns gedacht -- er denkt sich selbst. Dieses sein Gedachtwerden
kurz, die durch die Vorſtellung der Individualität oder Perſönlichkeit entzweite Vernunftidentität. Ich kann keinen wirklichen Unterſchied zwiſchen Vater und Kind, Urbild und Ebenbild, Gott und Menſch entdecken, wenn ich nicht die Vorſtellung der Perſönlichkeit zwiſchen einſchiebe. Die Aehn- lichkeit iſt die äußerliche Identität; die Identität, die durch die Vernunft, den Wahrheitsſinn bejaht, durch die Einbil- dung verneint wird, die Identität, welche einen Schein des Unterſchieds beſtehen läßt — eine Scheinvorſtel- lung, die nicht geradezu Ja, nicht geradezu Nein ſagt.
Gott iſt Perſon — das heißt: Gott iſt nicht nur ein ge- fühltes, vorgeſtelltes, geliebtes, gedachtes, er iſt ſelbſt ein lie- bendes, denkendes und zwar ſich ſelbſt liebendes, ſich ſelbſt denkendes Weſen. Die Perſönlichkeit Gottes iſt die entäußerte, vergegenſtändlichte Perſönlichkeit des Menſchen. Vermittelſt der Perſönlichkeit macht der Menſch ſeine eignen Selbſtbeſtim- mungen und Gemüthsbewegungen zu göttlichen Beſtimmungen, wie wenn er z. B. ſeine Gewiſſensfurcht in den Zorn Gottes, ſeinen Frieden vor dem Gewiſſen in göttliches Wohlgefallen verwandelt.
Auf dieſem Proceſſe der Selbſtentäußerung, Selbſtvergegen- ſtändlichung beruht auch im Grunde die neuere, Hegel’ſche ſpe- culative Lehre, welche das Bewußtſein des Menſchen von Gott zum Selbſtbewußtſein Gottes macht, nur mit dem Unterſchiede, daß hier dieſer Proceß ein ſelbſtbewußter iſt und daher zugleich, in einem und demſelben Momente das entäußerte Weſen in den Menſchen wieder zurückgenommen wird. Gott wird nicht nur von uns gedacht — er denkt ſich ſelbſt. Dieſes ſein Gedachtwerden
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kurz, die durch die Vorſtellung der Individualität oder
Perſönlichkeit entzweite Vernunftidentität. Ich kann
keinen wirklichen Unterſchied zwiſchen Vater und Kind, Urbild
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Vorſtellung der Perſönlichkeit zwiſchen einſchiebe. Die Aehn-
lichkeit iſt die äußerliche Identität; die Identität, die durch
die Vernunft, den Wahrheitsſinn bejaht, durch die Einbil-
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des Unterſchieds beſtehen läßt — eine Scheinvorſtel-
lung, die nicht geradezu Ja, nicht geradezu Nein ſagt.
Gott iſt Perſon — das heißt: Gott iſt nicht nur ein ge-
fühltes, vorgeſtelltes, geliebtes, gedachtes, er iſt ſelbſt ein lie-
bendes, denkendes und zwar ſich ſelbſt liebendes, ſich ſelbſt
denkendes Weſen. Die Perſönlichkeit Gottes iſt die entäußerte,
vergegenſtändlichte Perſönlichkeit des Menſchen. Vermittelſt
der Perſönlichkeit macht der Menſch ſeine eignen Selbſtbeſtim-
mungen und Gemüthsbewegungen zu göttlichen Beſtimmungen,
wie wenn er z. B. ſeine Gewiſſensfurcht in den Zorn Gottes,
ſeinen Frieden vor dem Gewiſſen in göttliches Wohlgefallen
verwandelt.
Auf dieſem Proceſſe der Selbſtentäußerung, Selbſtvergegen-
ſtändlichung beruht auch im Grunde die neuere, Hegel’ſche ſpe-
culative Lehre, welche das Bewußtſein des Menſchen von Gott
zum Selbſtbewußtſein Gottes macht, nur mit dem Unterſchiede,
daß hier dieſer Proceß ein ſelbſtbewußter iſt und daher zugleich,
in einem und demſelben Momente das entäußerte Weſen in den
Menſchen wieder zurückgenommen wird. Gott wird nicht nur
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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/327>, abgerufen am 28.11.2024.
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