Deinen Füßen vorbeirauscht. Was ergreift Dich also, wenn Dich der Ton ergreift? Was vernimmst Du in ihm? was anders, als die Stimme Deines eignen Herzens? Darum spricht das Gefühl nur zum Gefühl, darum ist das Gefühl nur dem Gefühl, d. h. sich selbst verständlich -- darum, weil der Gegenstand des Gefühls selbst nur Gefühl ist. Die Mu- sik ist ein Monolog des Gefühls. Aber auch der Dialog der Philosophie ist in Wahrheit nur ein Monolog der Ver- nunft. Der Gedanke spricht nur zum Gedanken. Der Far- benglanz der Krystalle entzückt die Sinne; die Vernunft inter- essiren nur die Gesetze der Krystallonomie. Der Vernunft ist nur das Vernünftige Gegenstand.
Alles daher, was im Sinne der hyperphysischen trans- cendenten Speculation und Religion nur die Bedeutung des Secundären, des Subjectiven, des Mittels, des Or- gans hat, das hat im Sinne der Wahrheit die Bedeutung des Primitiven, des Wesens, des Gegenstandes selbst. Ist z. B. das Gefühl das wesentliche Organ der Religion, so drückt das Wesen Gottes nichts andres aus, als das We- sen des Gefühls. Der wahre, aber verborgene Sinn der Rede: "das Gefühl ist das Organ des Göttlichen," lautet: das Gefühl ist das Nobelste, Trefflichste, d. h. Göttliche im Menschen. Wie könntest Du das Göttliche vernehmen durch das Gefühl, wenn das Gefühl nicht selbst göttlicher Na- tur wäre? Das Göttliche wird ja nur durch das Göttliche, Gott nur durch sich selbst erkannt. Das göttliche Wesen, wel- ches das Gefühl vernimmt, ist in der That nichts als das von sich selbst entzückte und bezauberte Wesen des Ge- fühls -- das wonnetrunkene, in sich selige Gefühl.
Es erhellt dieß schon daraus, daß da, wo das Gefühl
Deinen Füßen vorbeirauſcht. Was ergreift Dich alſo, wenn Dich der Ton ergreift? Was vernimmſt Du in ihm? was anders, als die Stimme Deines eignen Herzens? Darum ſpricht das Gefühl nur zum Gefühl, darum iſt das Gefühl nur dem Gefühl, d. h. ſich ſelbſt verſtändlich — darum, weil der Gegenſtand des Gefühls ſelbſt nur Gefühl iſt. Die Mu- ſik iſt ein Monolog des Gefühls. Aber auch der Dialog der Philoſophie iſt in Wahrheit nur ein Monolog der Ver- nunft. Der Gedanke ſpricht nur zum Gedanken. Der Far- benglanz der Kryſtalle entzückt die Sinne; die Vernunft inter- eſſiren nur die Geſetze der Kryſtallonomie. Der Vernunft iſt nur das Vernünftige Gegenſtand.
Alles daher, was im Sinne der hyperphyſiſchen trans- cendenten Speculation und Religion nur die Bedeutung des Secundären, des Subjectiven, des Mittels, des Or- gans hat, das hat im Sinne der Wahrheit die Bedeutung des Primitiven, des Weſens, des Gegenſtandes ſelbſt. Iſt z. B. das Gefühl das weſentliche Organ der Religion, ſo drückt das Weſen Gottes nichts andres aus, als das We- ſen des Gefühls. Der wahre, aber verborgene Sinn der Rede: „das Gefühl iſt das Organ des Göttlichen,“ lautet: das Gefühl iſt das Nobelſte, Trefflichſte, d. h. Göttliche im Menſchen. Wie könnteſt Du das Göttliche vernehmen durch das Gefühl, wenn das Gefühl nicht ſelbſt göttlicher Na- tur wäre? Das Göttliche wird ja nur durch das Göttliche, Gott nur durch ſich ſelbſt erkannt. Das göttliche Weſen, wel- ches das Gefühl vernimmt, iſt in der That nichts als das von ſich ſelbſt entzückte und bezauberte Weſen des Ge- fühls — das wonnetrunkene, in ſich ſelige Gefühl.
Es erhellt dieß ſchon daraus, daß da, wo das Gefühl
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Deinen Füßen vorbeirauſcht. Was ergreift Dich alſo, wenn
Dich der Ton ergreift? Was vernimmſt Du in ihm? was
anders, als die Stimme Deines eignen Herzens? Darum
ſpricht das Gefühl nur zum Gefühl, darum iſt das Gefühl
nur dem Gefühl, d. h. ſich ſelbſt verſtändlich — darum, weil
der Gegenſtand des Gefühls ſelbſt nur Gefühl iſt. Die Mu-
ſik iſt ein Monolog des Gefühls. Aber auch der Dialog
der Philoſophie iſt in Wahrheit nur ein Monolog der Ver-
nunft. Der Gedanke ſpricht nur zum Gedanken. Der Far-
benglanz der Kryſtalle entzückt die Sinne; die Vernunft inter-
eſſiren nur die Geſetze der Kryſtallonomie. Der Vernunft iſt
nur das Vernünftige Gegenſtand.
Alles daher, was im Sinne der hyperphyſiſchen trans-
cendenten Speculation und Religion nur die Bedeutung des
Secundären, des Subjectiven, des Mittels, des Or-
gans hat, das hat im Sinne der Wahrheit die Bedeutung
des Primitiven, des Weſens, des Gegenſtandes ſelbſt.
Iſt z. B. das Gefühl das weſentliche Organ der Religion, ſo
drückt das Weſen Gottes nichts andres aus, als das We-
ſen des Gefühls. Der wahre, aber verborgene Sinn der
Rede: „das Gefühl iſt das Organ des Göttlichen,“ lautet:
das Gefühl iſt das Nobelſte, Trefflichſte, d. h. Göttliche
im Menſchen. Wie könnteſt Du das Göttliche vernehmen
durch das Gefühl, wenn das Gefühl nicht ſelbſt göttlicher Na-
tur wäre? Das Göttliche wird ja nur durch das Göttliche,
Gott nur durch ſich ſelbſt erkannt. Das göttliche Weſen, wel-
ches das Gefühl vernimmt, iſt in der That nichts als das
von ſich ſelbſt entzückte und bezauberte Weſen des Ge-
fühls — das wonnetrunkene, in ſich ſelige Gefühl.
Es erhellt dieß ſchon daraus, daß da, wo das Gefühl
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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/31>, abgerufen am 23.11.2024.
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