Machwerk, ein Product des Willens ist; denn die Religion betrachtet die Dinge nicht vom theoretischen, sondern praktischen Standpunkt. Aber sie stimmen nur einen Augenblick, nur im Moment des Machens oder Schaffens mit einander überein -- ist dieses schöpferische Nu verschwunden, so ist auch die Harmonie vorüber. Der Mechanikus braucht Gott nur zum Machen der Welt; ist sie gemacht, so kehrt sie sogleich dem lie- ben Gott den Rücken, und freut sich von Herzen ihrer gottlo- sen Selbstständigkeit. Aber die Religion macht die Welt, nur um sie immer im Bewußtsein ihrer Nichtigkeit, ihrer Abhängigkeit von Gott zu erhalten. Die Schöpfung ist bei dem Mechaniker der letzte dünne Faden, an dem die Reli- gion mit ihm noch zusammenhängt; die Religion, welcher die Nichtigkeit der Welt eine gegenwärtige Wahrheit ist (denn alle Kraft und Thätigkeit ist ihr Gottes Kraft und Thätigkeit) ist bei ihm nur noch eine Reminiscenz aus der Jugend; er verlegt daher die Schöpfung der Welt, den Act der Reli- gion, das Nichtsein der Welt -- denn im Anfange, vor der Erschaffung war keine Welt, war nur Gott allein -- in die Ferne, in die Vergangenheit, während die Selbst- ständigkeit der Welt, die all sein Sinnen und Trachten absorbirt, mit der Macht der Gegenwart auf ihn wirkt. Der Mechaniker unterbricht und verkürzt die Thätigkeit Gottes durch die Thätigkeit der Welt. Gott hat bei ihm wohl noch ein historisches Recht, das aber seinem Natur- recht widerspricht, er beschränkt daher so viel als möglich die- ses Gott noch zustehende Recht, um für seine natürlichen Ur- sachen und damit für seinen Verstand um so größern und freiern Spielraum zu gewinnen.
Es hat mit der Schöpfung im Sinne des Maschinisten
Machwerk, ein Product des Willens iſt; denn die Religion betrachtet die Dinge nicht vom theoretiſchen, ſondern praktiſchen Standpunkt. Aber ſie ſtimmen nur einen Augenblick, nur im Moment des Machens oder Schaffens mit einander überein — iſt dieſes ſchöpferiſche Nu verſchwunden, ſo iſt auch die Harmonie vorüber. Der Mechanikus braucht Gott nur zum Machen der Welt; iſt ſie gemacht, ſo kehrt ſie ſogleich dem lie- ben Gott den Rücken, und freut ſich von Herzen ihrer gottlo- ſen Selbſtſtändigkeit. Aber die Religion macht die Welt, nur um ſie immer im Bewußtſein ihrer Nichtigkeit, ihrer Abhängigkeit von Gott zu erhalten. Die Schöpfung iſt bei dem Mechaniker der letzte dünne Faden, an dem die Reli- gion mit ihm noch zuſammenhängt; die Religion, welcher die Nichtigkeit der Welt eine gegenwärtige Wahrheit iſt (denn alle Kraft und Thätigkeit iſt ihr Gottes Kraft und Thätigkeit) iſt bei ihm nur noch eine Reminiscenz aus der Jugend; er verlegt daher die Schöpfung der Welt, den Act der Reli- gion, das Nichtſein der Welt — denn im Anfange, vor der Erſchaffung war keine Welt, war nur Gott allein — in die Ferne, in die Vergangenheit, während die Selbſt- ſtändigkeit der Welt, die all ſein Sinnen und Trachten abſorbirt, mit der Macht der Gegenwart auf ihn wirkt. Der Mechaniker unterbricht und verkürzt die Thätigkeit Gottes durch die Thätigkeit der Welt. Gott hat bei ihm wohl noch ein hiſtoriſches Recht, das aber ſeinem Natur- recht widerſpricht, er beſchränkt daher ſo viel als möglich die- ſes Gott noch zuſtehende Recht, um für ſeine natürlichen Ur- ſachen und damit für ſeinen Verſtand um ſo größern und freiern Spielraum zu gewinnen.
Es hat mit der Schöpfung im Sinne des Maſchiniſten
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Machwerk, ein Product des Willens iſt; denn die Religion
betrachtet die Dinge nicht vom theoretiſchen, ſondern praktiſchen
Standpunkt. Aber ſie ſtimmen nur einen Augenblick, nur im
Moment des Machens oder Schaffens mit einander überein
— iſt dieſes ſchöpferiſche Nu verſchwunden, ſo iſt auch die
Harmonie vorüber. Der Mechanikus braucht Gott nur zum
Machen der Welt; iſt ſie gemacht, ſo kehrt ſie ſogleich dem lie-
ben Gott den Rücken, und freut ſich von Herzen ihrer gottlo-
ſen Selbſtſtändigkeit. Aber die Religion macht die Welt, nur
um ſie immer im Bewußtſein ihrer Nichtigkeit, ihrer
Abhängigkeit von Gott zu erhalten. Die Schöpfung iſt
bei dem Mechaniker der letzte dünne Faden, an dem die Reli-
gion mit ihm noch zuſammenhängt; die Religion, welcher die
Nichtigkeit der Welt eine gegenwärtige Wahrheit iſt (denn
alle Kraft und Thätigkeit iſt ihr Gottes Kraft und Thätigkeit)
iſt bei ihm nur noch eine Reminiscenz aus der Jugend; er
verlegt daher die Schöpfung der Welt, den Act der Reli-
gion, das Nichtſein der Welt — denn im Anfange, vor
der Erſchaffung war keine Welt, war nur Gott allein —
in die Ferne, in die Vergangenheit, während die Selbſt-
ſtändigkeit der Welt, die all ſein Sinnen und Trachten
abſorbirt, mit der Macht der Gegenwart auf ihn wirkt.
Der Mechaniker unterbricht und verkürzt die Thätigkeit
Gottes durch die Thätigkeit der Welt. Gott hat bei ihm
wohl noch ein hiſtoriſches Recht, das aber ſeinem Natur-
recht widerſpricht, er beſchränkt daher ſo viel als möglich die-
ſes Gott noch zuſtehende Recht, um für ſeine natürlichen Ur-
ſachen und damit für ſeinen Verſtand um ſo größern und
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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/276>, abgerufen am 28.11.2024.
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