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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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des Gegenstandes als solche, sondern die Wirkung des
Bildes
. Der heilige Gegenstand ist nur der Heiligen-
schein
, in welchen das Bild seine geheimnißvolle Macht ver-
hüllt. Der religiöse Gegenstand ist nur ein Vorwand der
Phantasie, um ihre Herrschaft über den Menschen ungehin-
dert
ausüben zu können. Für das religiöse Bewußtsein knüpft
sich freilich und zwar nothwendig die Heiligkeit des Bildes
nur an die Heiligkeit des Gegenstandes. Aber das religiöse
Bewußtsein ist nicht der Maaßstab der Wahrheit. So sehr
übrigens auch die Kirche zwischen dem Bilde und dem Gegen-
stand des Bildes unterschieden, geläugnet hat, daß dem Bilde
die Verehrung gelte, so hat sie doch zugleich nolens volens
die Wahrheit indirect wenigstens eingestanden und die Heilig-
keit des Bildes ausgesprochen *).

Aber das letzte, höchste Princip der Bilderverehrung ist
die Verehrung des Gottesbildes in Gott. Der "Abglanz Got-
tes" ist der entzückende Glanz der Phantasie, der in den sicht-
baren Bildern nur zur äußern Erscheinung gekommen. Wie
innerlich, so war auch äußerlich das Bild des Gottesbildes
das Bild der Bilder. Die Bilder der Heiligen sind nur opti-
sche Vervielfältigungen des einen und selben Bildes. Die
speculative Deduction des Gottesbildes ist daher nichts als
eine unbewußte Deduction und Begründung des Bilderdien-
stes, denn die Sanction des Princips ist nothwendig auch die
Sanction seiner nothwendigen Consequenzen; aber die Sanction

*) Sacram imaginem Domini nostri Jesu Christi et omnium salva-
toris aequo honore cum libro sanctorum evangeliorum adorari decerni-
mus. ... Dignum est enim ut ... propter honorem qui ad principalia
refertur, etiam derivative imagines honorentur et adorentur.
Gener. Const. Conc
. VIII. Act. 10. can. 3.

des Gegenſtandes als ſolche, ſondern die Wirkung des
Bildes
. Der heilige Gegenſtand iſt nur der Heiligen-
ſchein
, in welchen das Bild ſeine geheimnißvolle Macht ver-
hüllt. Der religiöſe Gegenſtand iſt nur ein Vorwand der
Phantaſie, um ihre Herrſchaft über den Menſchen ungehin-
dert
ausüben zu können. Für das religiöſe Bewußtſein knüpft
ſich freilich und zwar nothwendig die Heiligkeit des Bildes
nur an die Heiligkeit des Gegenſtandes. Aber das religiöſe
Bewußtſein iſt nicht der Maaßſtab der Wahrheit. So ſehr
übrigens auch die Kirche zwiſchen dem Bilde und dem Gegen-
ſtand des Bildes unterſchieden, geläugnet hat, daß dem Bilde
die Verehrung gelte, ſo hat ſie doch zugleich nolens volens
die Wahrheit indirect wenigſtens eingeſtanden und die Heilig-
keit des Bildes ausgeſprochen *).

Aber das letzte, höchſte Princip der Bilderverehrung iſt
die Verehrung des Gottesbildes in Gott. Der „Abglanz Got-
tes“ iſt der entzückende Glanz der Phantaſie, der in den ſicht-
baren Bildern nur zur äußern Erſcheinung gekommen. Wie
innerlich, ſo war auch äußerlich das Bild des Gottesbildes
das Bild der Bilder. Die Bilder der Heiligen ſind nur opti-
ſche Vervielfältigungen des einen und ſelben Bildes. Die
ſpeculative Deduction des Gottesbildes iſt daher nichts als
eine unbewußte Deduction und Begründung des Bilderdien-
ſtes, denn die Sanction des Princips iſt nothwendig auch die
Sanction ſeiner nothwendigen Conſequenzen; aber die Sanction

*) Sacram imaginem Domini nostri Jesu Christi et omnium salva-
toris aequo honore cum libro sanctorum evangeliorum adorari decerni-
mus. … Dignum est enim ut … propter honorem qui ad principalia
refertur, etiam derivative imagines honorentur et adorentur.
Gener. Const. Conc
. VIII. Act. 10. can. 3.
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[91/0109] des Gegenſtandes als ſolche, ſondern die Wirkung des Bildes. Der heilige Gegenſtand iſt nur der Heiligen- ſchein, in welchen das Bild ſeine geheimnißvolle Macht ver- hüllt. Der religiöſe Gegenſtand iſt nur ein Vorwand der Phantaſie, um ihre Herrſchaft über den Menſchen ungehin- dert ausüben zu können. Für das religiöſe Bewußtſein knüpft ſich freilich und zwar nothwendig die Heiligkeit des Bildes nur an die Heiligkeit des Gegenſtandes. Aber das religiöſe Bewußtſein iſt nicht der Maaßſtab der Wahrheit. So ſehr übrigens auch die Kirche zwiſchen dem Bilde und dem Gegen- ſtand des Bildes unterſchieden, geläugnet hat, daß dem Bilde die Verehrung gelte, ſo hat ſie doch zugleich nolens volens die Wahrheit indirect wenigſtens eingeſtanden und die Heilig- keit des Bildes ausgeſprochen *). Aber das letzte, höchſte Princip der Bilderverehrung iſt die Verehrung des Gottesbildes in Gott. Der „Abglanz Got- tes“ iſt der entzückende Glanz der Phantaſie, der in den ſicht- baren Bildern nur zur äußern Erſcheinung gekommen. Wie innerlich, ſo war auch äußerlich das Bild des Gottesbildes das Bild der Bilder. Die Bilder der Heiligen ſind nur opti- ſche Vervielfältigungen des einen und ſelben Bildes. Die ſpeculative Deduction des Gottesbildes iſt daher nichts als eine unbewußte Deduction und Begründung des Bilderdien- ſtes, denn die Sanction des Princips iſt nothwendig auch die Sanction ſeiner nothwendigen Conſequenzen; aber die Sanction *) Sacram imaginem Domini nostri Jesu Christi et omnium salva- toris aequo honore cum libro sanctorum evangeliorum adorari decerni- mus. … Dignum est enim ut … propter honorem qui ad principalia refertur, etiam derivative imagines honorentur et adorentur. Gener. Const. Conc. VIII. Act. 10. can. 3.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/109>, abgerufen am 26.11.2024.