Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.gegenständliches Wesen gesetzt, das ist ihm Gott überhaupt, Aber die Intelligenz als solche entspricht, als eine abge- *) Proprium est filio esseimaginem, quia illi convenit se-
cundum proprietatem originis. .... Filius ex eo, quod ab alio est, habet quem imitetur ..... ideo dicit Augustinus, quod eo imago est quo filius. Albertus M. de mir. sci. Dei. P. I. Tr. VIII. Qu. 35. m. 2. gegenſtändliches Weſen geſetzt, das iſt ihm Gott überhaupt, Aber die Intelligenz als ſolche entſpricht, als eine abge- *) Proprium est filio esseimaginem, quia illi convenit se-
cundum proprietatem originis. .... Filius ex eo, quod ab alio est, habet quem imitetur ..... ideo dicit Augustinus, quod eo imago est quo filius. Albertus M. de mir. sci. Dei. P. I. Tr. VIII. Qu. 35. m. 2. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0107" n="89"/> gegenſtändliches Weſen geſetzt, das iſt ihm Gott überhaupt,<lb/> Gott im Allgemeinen, Gott der Vater, d. i. die <hi rendition="#g">Idee der<lb/> Gottheit</hi> oder der <hi rendition="#g">abſtracte Gott</hi>.</p><lb/> <p>Aber die Intelligenz als ſolche entſpricht, als eine abge-<lb/> zogne unſinnliche Thätigkeit und Weſenheit, nicht dem ſinnli-<lb/> chen und gemüthlichen Menſchen. Den ſinnlichen und gemüth-<lb/> lichen Menſchen beherrſcht und beſeligt nur das <hi rendition="#g">Bild</hi>. Die<lb/> bildliche, die gemüthliche, die ſinnliche Vernunft iſt die <hi rendition="#g">Phan-<lb/> taſie</hi>. Das zweite Weſen in Gott, in Wahrheit das erſte<lb/> Weſen der Religion, iſt das <hi rendition="#g">gegenſtändliche Weſen der<lb/> Phantaſie</hi>. Die Beſtimmungen der zweiten Perſon ſind<lb/> vorzüglich <hi rendition="#g">Bilder</hi>. Und dieſe Bilder kommen nicht her von<lb/> dem Unvermögen des Menſchen, den Gegenſtand nicht anders<lb/> denken zu können als bildlich — was eine ganz falſche Inter-<lb/> pretation iſt — ſondern die Sache ſelbſt kann gar nicht an-<lb/> ders gedacht werden, denn bildlich, weil die <hi rendition="#g">Sache ſelbſt<lb/> Bild iſt</hi>. Der Sohn heißt daher auch expreß das <hi rendition="#g">Ebenbild</hi><lb/> Gottes <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Proprium est filio esseimaginem</hi>, quia illi convenit se-<lb/> cundum proprietatem originis. .... Filius ex eo, quod ab alio est, habet<lb/> quem imitetur ..... ideo dicit <hi rendition="#g">Augustinus</hi>, quod <hi rendition="#g">eo imago est quo<lb/> filius. Albertus</hi> M. de mir. sci. Dei. P. I. Tr. VIII. Qu. 35. m. 2.</hi></note>. Sein Weſen iſt, daß er Bild iſt. Der Sohn iſt<lb/> das befriedigte Bedürfniß der Bilderſchau; das vergegenſtänd-<lb/> lichte Weſen der Bilderthätigkeit als einer abſoluten, gött-<lb/> lichen Thätigkeit. Der Menſch macht ſich ein Bild von Gott,<lb/> d. h. er verwandelt das <hi rendition="#g">abſtracte Vernunftweſen</hi>, das<lb/><hi rendition="#g">Weſen der Denkkraft</hi> in ein <hi rendition="#g">Phantaſieweſen</hi>. Er ſetzt<lb/> aber dieſes Bild in Gott ſelbſt, weil es natürlich nicht ſeinem<lb/> Bedürfniß entſprechen würde, wenn er dieſes Bild nicht als<lb/> objective Realität wüßte, wenn dieſes Bild für ihn nur ein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [89/0107]
gegenſtändliches Weſen geſetzt, das iſt ihm Gott überhaupt,
Gott im Allgemeinen, Gott der Vater, d. i. die Idee der
Gottheit oder der abſtracte Gott.
Aber die Intelligenz als ſolche entſpricht, als eine abge-
zogne unſinnliche Thätigkeit und Weſenheit, nicht dem ſinnli-
chen und gemüthlichen Menſchen. Den ſinnlichen und gemüth-
lichen Menſchen beherrſcht und beſeligt nur das Bild. Die
bildliche, die gemüthliche, die ſinnliche Vernunft iſt die Phan-
taſie. Das zweite Weſen in Gott, in Wahrheit das erſte
Weſen der Religion, iſt das gegenſtändliche Weſen der
Phantaſie. Die Beſtimmungen der zweiten Perſon ſind
vorzüglich Bilder. Und dieſe Bilder kommen nicht her von
dem Unvermögen des Menſchen, den Gegenſtand nicht anders
denken zu können als bildlich — was eine ganz falſche Inter-
pretation iſt — ſondern die Sache ſelbſt kann gar nicht an-
ders gedacht werden, denn bildlich, weil die Sache ſelbſt
Bild iſt. Der Sohn heißt daher auch expreß das Ebenbild
Gottes *). Sein Weſen iſt, daß er Bild iſt. Der Sohn iſt
das befriedigte Bedürfniß der Bilderſchau; das vergegenſtänd-
lichte Weſen der Bilderthätigkeit als einer abſoluten, gött-
lichen Thätigkeit. Der Menſch macht ſich ein Bild von Gott,
d. h. er verwandelt das abſtracte Vernunftweſen, das
Weſen der Denkkraft in ein Phantaſieweſen. Er ſetzt
aber dieſes Bild in Gott ſelbſt, weil es natürlich nicht ſeinem
Bedürfniß entſprechen würde, wenn er dieſes Bild nicht als
objective Realität wüßte, wenn dieſes Bild für ihn nur ein
*) Proprium est filio esseimaginem, quia illi convenit se-
cundum proprietatem originis. .... Filius ex eo, quod ab alio est, habet
quem imitetur ..... ideo dicit Augustinus, quod eo imago est quo
filius. Albertus M. de mir. sci. Dei. P. I. Tr. VIII. Qu. 35. m. 2.
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