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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803.

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fern zu gehen pflegt: Sie laufen durch Dörfer
und Städte, hören läuten, und wissen nicht wo
die Glocken hängen.

"Auch Manuscripte aus dem Anfang des ver-
"flossenen Jahrhunderts aufweißt."

Das aufweisen ist ihm nie in den Sinn gekom-
men, wohl aber beruft er sich dort, wo er verstan-
den wird, auf noch ältere Documente, so ungefähr
wie sich der Kirchenhistoriker auf ächte, kritisch
bewährte Urkunden beruft, wenn er sie auch ge-
rade nicht unter den autographis oder apographis
in seiner Bibliothek liegen hat.

"Sein achter Grad ist ein Meisterstück von
"philosophischer Täuschung und Nichtmau-
"rerei."

So spricht der Blinde von der Farbe.

"Der wahren Maurerei kann und wird er
"nie schaden."

Nein, guter Guilleaume, das thut Feß-
ler
gewiß nicht, weil er sie zu gut kennt und zu
hoch achtet: für beides sind sprechende Beweise da,
die nur so flüchtigen Lebensläufern unbekannt oder
unverständlich bleiben müssen.

"Und seine neugemodelte Maurerei wird sicher
"nicht das Alter der einmahl seit Jahrtau-
"senden bestehenden, erreichen."

Weil diese neugemodelte Maurerei nirgends, als
in dem verworrnen Gehirne des ignoranten Logen-
Volkes da ist. Feßler war nie so toll, die alte,
ächte Maurerei umschaffen oder eine neue modeln
zu wollen.


fern zu gehen pflegt: Sie laufen durch Doͤrfer
und Staͤdte, hoͤren laͤuten, und wiſſen nicht wo
die Glocken haͤngen.

„Auch Manuſcripte aus dem Anfang des ver-
„floſſenen Jahrhunderts aufweißt.“

Das aufweiſen iſt ihm nie in den Sinn gekom-
men, wohl aber beruft er ſich dort, wo er verſtan-
den wird, auf noch aͤltere Documente, ſo ungefaͤhr
wie ſich der Kirchenhiſtoriker auf aͤchte, kritiſch
bewaͤhrte Urkunden beruft, wenn er ſie auch ge-
rade nicht unter den autographis oder apographis
in ſeiner Bibliothek liegen hat.

„Sein achter Grad iſt ein Meiſterſtuͤck von
„philoſophiſcher Taͤuſchung und Nichtmau-
„rerei.“

So ſpricht der Blinde von der Farbe.

„Der wahren Maurerei kann und wird er
„nie ſchaden.“

Nein, guter Guilleaume, das thut Feß-
ler
gewiß nicht, weil er ſie zu gut kennt und zu
hoch achtet: fuͤr beides ſind ſprechende Beweiſe da,
die nur ſo fluͤchtigen Lebenslaͤufern unbekannt oder
unverſtaͤndlich bleiben muͤſſen.

„Und ſeine neugemodelte Maurerei wird ſicher
„nicht das Alter der einmahl ſeit Jahrtau-
„ſenden beſtehenden, erreichen.“

Weil dieſe neugemodelte Maurerei nirgends, als
in dem verworrnen Gehirne des ignoranten Logen-
Volkes da iſt. Feßler war nie ſo toll, die alte,
aͤchte Maurerei umſchaffen oder eine neue modeln
zu wollen.


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[89/0111] fern zu gehen pflegt: Sie laufen durch Doͤrfer und Staͤdte, hoͤren laͤuten, und wiſſen nicht wo die Glocken haͤngen. „Auch Manuſcripte aus dem Anfang des ver- „floſſenen Jahrhunderts aufweißt.“ Das aufweiſen iſt ihm nie in den Sinn gekom- men, wohl aber beruft er ſich dort, wo er verſtan- den wird, auf noch aͤltere Documente, ſo ungefaͤhr wie ſich der Kirchenhiſtoriker auf aͤchte, kritiſch bewaͤhrte Urkunden beruft, wenn er ſie auch ge- rade nicht unter den autographis oder apographis in ſeiner Bibliothek liegen hat. „Sein achter Grad iſt ein Meiſterſtuͤck von „philoſophiſcher Taͤuſchung und Nichtmau- „rerei.“ So ſpricht der Blinde von der Farbe. „Der wahren Maurerei kann und wird er „nie ſchaden.“ Nein, guter Guilleaume, das thut Feß- ler gewiß nicht, weil er ſie zu gut kennt und zu hoch achtet: fuͤr beides ſind ſprechende Beweiſe da, die nur ſo fluͤchtigen Lebenslaͤufern unbekannt oder unverſtaͤndlich bleiben muͤſſen. „Und ſeine neugemodelte Maurerei wird ſicher „nicht das Alter der einmahl ſeit Jahrtau- „ſenden beſtehenden, erreichen.“ Weil dieſe neugemodelte Maurerei nirgends, als in dem verworrnen Gehirne des ignoranten Logen- Volkes da iſt. Feßler war nie ſo toll, die alte, aͤchte Maurerei umſchaffen oder eine neue modeln zu wollen.

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Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/111>, abgerufen am 24.11.2024.