von welchem aus wir alles übrige überblicken, und unsern Fuß mit Bedacht weiter setzen können.
Doch ehe wir dies thun, höre ich dich so spre- chen: Es ist wahr, weise und tugendhafte Män- ner beschäftigen sich ernsthaft mit dem Orden; es ist Faktum. Aber womit beschäftigen sie sich? mit dem Orden, wie er ist, oder wie und was er, und zwar durch sie, werden kann? Arbeiten sie vielleicht nur dahin, aus ihm etwas zu machen, und auf die tabula rasa der Frei-Maurerei etwas zu schreiben, das ihrer würdig ist? Ist dies, so hast Du durch deine Deduktion nur das Bekannte bewiesen, daß der Weise und Tugendhafte nicht spielt, für die Frei-Maurerei aber nichts gewonnen." Alles, Konstant, was ich bei Dir für sie gewinnen kann; und ich fasse, da ich Dir nicht anders ant- worten kann, ob es gleich für meinen Endzweck vollkommen hinreichend ist, meinen Satz so: So gewiß sich weise und tugendhafte Män- ner je ernsthaft mit dem Frei-Maurer-Orden beschäftigten, so gewiß kann er einen ver- nünftigen, guten, erhabener Zweck haben. Diesen -- möglichen oder wirklichen -- Zweck wol- len wir nun finden, indem wir auf diesem Wege fortwandeln. Was nehmlich der weise und tugend- hafte Mann wollen könne, was er nothwendig wollen müsse, das können wir wissen, so gewiß die Weisheit und Tugend nur Eine ist, und be- stimmt durch ewige Gesetze der Vernunft. Wir dürfen sonach nur untersuchen:
von welchem aus wir alles uͤbrige uͤberblicken, und unſern Fuß mit Bedacht weiter ſetzen koͤnnen.
Doch ehe wir dies thun, hoͤre ich dich ſo ſpre- chen: Es iſt wahr, weiſe und tugendhafte Maͤn- ner beſchaͤftigen ſich ernſthaft mit dem Orden; es iſt Faktum. Aber womit beſchaͤftigen ſie ſich? mit dem Orden, wie er iſt, oder wie und was er, und zwar durch ſie, werden kann? Arbeiten ſie vielleicht nur dahin, aus ihm etwas zu machen, und auf die tabula rasa der Frei-Maurerei etwas zu ſchreiben, das ihrer wuͤrdig iſt? Iſt dies, ſo haſt Du durch deine Deduktion nur das Bekannte bewieſen, daß der Weiſe und Tugendhafte nicht ſpielt, fuͤr die Frei-Maurerei aber nichts gewonnen.“ Alles, Konſtant, was ich bei Dir fuͤr ſie gewinnen kann; und ich faſſe, da ich Dir nicht anders ant- worten kann, ob es gleich fuͤr meinen Endzweck vollkommen hinreichend iſt, meinen Satz ſo: So gewiß ſich weiſe und tugendhafte Maͤn- ner je ernſthaft mit dem Frei-Maurer-Orden beſchaͤftigten, ſo gewiß kann er einen ver- nuͤnftigen, guten, erhabener Zweck haben. Dieſen — moͤglichen oder wirklichen — Zweck wol- len wir nun finden, indem wir auf dieſem Wege fortwandeln. Was nehmlich der weiſe und tugend- hafte Mann wollen koͤnne, was er nothwendig wollen muͤſſe, das koͤnnen wir wiſſen, ſo gewiß die Weisheit und Tugend nur Eine iſt, und be- ſtimmt durch ewige Geſetze der Vernunft. Wir duͤrfen ſonach nur unterſuchen:
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0027"n="9"/>
von welchem aus wir alles uͤbrige uͤberblicken, und<lb/>
unſern Fuß mit Bedacht weiter ſetzen koͤnnen.</p><lb/><p>Doch ehe wir dies thun, hoͤre ich dich ſo ſpre-<lb/>
chen: Es iſt wahr, weiſe und tugendhafte Maͤn-<lb/>
ner beſchaͤftigen ſich ernſthaft mit dem Orden;<lb/>
es iſt Faktum. Aber <hirendition="#g">womit</hi> beſchaͤftigen ſie ſich?<lb/>
mit dem Orden, wie er <hirendition="#g">iſt</hi>, oder wie und was<lb/>
er, und zwar durch ſie, <hirendition="#g">werden</hi> kann? Arbeiten<lb/>ſie vielleicht nur dahin, aus ihm etwas zu machen,<lb/>
und auf die <hirendition="#aq">tabula rasa</hi> der Frei-Maurerei etwas<lb/>
zu ſchreiben, das ihrer wuͤrdig iſt? Iſt dies, ſo<lb/>
haſt Du durch deine Deduktion nur das Bekannte<lb/>
bewieſen, daß der Weiſe und Tugendhafte nicht<lb/>ſpielt, fuͤr die Frei-Maurerei aber nichts gewonnen.“<lb/>
Alles, Konſtant, was ich bei Dir fuͤr ſie gewinnen<lb/>
kann; und ich faſſe, da ich Dir nicht anders ant-<lb/>
worten kann, ob es gleich fuͤr meinen Endzweck<lb/>
vollkommen hinreichend iſt, meinen Satz ſo:<lb/><hirendition="#et">So gewiß ſich weiſe und tugendhafte Maͤn-<lb/>
ner je ernſthaft mit dem Frei-Maurer-Orden<lb/>
beſchaͤftigten, ſo gewiß <hirendition="#g">kann</hi> er einen ver-<lb/>
nuͤnftigen, guten, erhabener Zweck haben.</hi><lb/>
Dieſen — moͤglichen oder wirklichen — Zweck wol-<lb/>
len wir nun finden, indem wir auf dieſem Wege<lb/>
fortwandeln. Was nehmlich der weiſe und tugend-<lb/>
hafte Mann wollen koͤnne, was er nothwendig<lb/>
wollen muͤſſe, das koͤnnen wir wiſſen, ſo gewiß<lb/>
die Weisheit und Tugend nur Eine iſt, und be-<lb/>ſtimmt durch ewige Geſetze der Vernunft. Wir<lb/>
duͤrfen ſonach nur unterſuchen:<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[9/0027]
von welchem aus wir alles uͤbrige uͤberblicken, und
unſern Fuß mit Bedacht weiter ſetzen koͤnnen.
Doch ehe wir dies thun, hoͤre ich dich ſo ſpre-
chen: Es iſt wahr, weiſe und tugendhafte Maͤn-
ner beſchaͤftigen ſich ernſthaft mit dem Orden;
es iſt Faktum. Aber womit beſchaͤftigen ſie ſich?
mit dem Orden, wie er iſt, oder wie und was
er, und zwar durch ſie, werden kann? Arbeiten
ſie vielleicht nur dahin, aus ihm etwas zu machen,
und auf die tabula rasa der Frei-Maurerei etwas
zu ſchreiben, das ihrer wuͤrdig iſt? Iſt dies, ſo
haſt Du durch deine Deduktion nur das Bekannte
bewieſen, daß der Weiſe und Tugendhafte nicht
ſpielt, fuͤr die Frei-Maurerei aber nichts gewonnen.“
Alles, Konſtant, was ich bei Dir fuͤr ſie gewinnen
kann; und ich faſſe, da ich Dir nicht anders ant-
worten kann, ob es gleich fuͤr meinen Endzweck
vollkommen hinreichend iſt, meinen Satz ſo:
So gewiß ſich weiſe und tugendhafte Maͤn-
ner je ernſthaft mit dem Frei-Maurer-Orden
beſchaͤftigten, ſo gewiß kann er einen ver-
nuͤnftigen, guten, erhabener Zweck haben.
Dieſen — moͤglichen oder wirklichen — Zweck wol-
len wir nun finden, indem wir auf dieſem Wege
fortwandeln. Was nehmlich der weiſe und tugend-
hafte Mann wollen koͤnne, was er nothwendig
wollen muͤſſe, das koͤnnen wir wiſſen, ſo gewiß
die Weisheit und Tugend nur Eine iſt, und be-
ſtimmt durch ewige Geſetze der Vernunft. Wir
duͤrfen ſonach nur unterſuchen:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/27>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.