zeigen. Man schickte ihn in die Stadt zurück, weil man verzweifelte, einen guten Bauer aus ihm zu ziehen. Was er Jahre lang von seiner frommen Mutter gebeten hatte, ward ihm gewährt." Er kam in die Lehre zu dem Stadt-Musikus W. in Braunschweig, wo er sechs traurige Lehrjahre auszustehen hatte.
Auch hier zog er sich den Vorwurf der Untaug- lichkeit zu, und sein Lehrmeister empfahl ihn nach der Lehrzeit an das hannöverische Regiment Prinz Karl, welches zu Stade in Garnison lag. Dort erst entwickelten sich seine musikalischen Talente; er übte sich unermüdet, besonders auf Instrumen- ten, zu denen er als Hautboist nicht verpflichtet war, und bildete sich bald zum Virtuosen. Auch verheuratete er sich hier zum erstenmale.
Auf einer Reise nach Hamburg kam er zufäl- liger Weise in die Bekanntschaft des Syndicus Schubak, eines sehr gebildeten Mannes und eines Freundes der Musik. Dieser veranstaltete zu seiner Unterstützung ein Concert, worinn er sich produci- ren sollte. Da dies in der Regimentsuniform nicht wohl geschehen konnte, so borgte er sich einen Rock von Brüsseler Kammelot mit Aufschlägen von drap d' argent und eine dergleichen Weste vom Kleider- söller, und spielte vortrefflich. "Das sieht man schon aus dem Rocke, antwortete S., daß er ein Virtuos ist" als ihn Schubak gefragt hatte: Wie er ihm gefiele?
Er ward bekannt in Hamburg und glaubte hier sein Fortkommen zu finden. Daher nahm er
zeigen. Man ſchickte ihn in die Stadt zuruͤck, weil man verzweifelte, einen guten Bauer aus ihm zu ziehen. Was er Jahre lang von ſeiner frommen Mutter gebeten hatte, ward ihm gewaͤhrt.“ Er kam in die Lehre zu dem Stadt-Muſikus W. in Braunſchweig, wo er ſechs traurige Lehrjahre auszuſtehen hatte.
Auch hier zog er ſich den Vorwurf der Untaug- lichkeit zu, und ſein Lehrmeiſter empfahl ihn nach der Lehrzeit an das hannoͤveriſche Regiment Prinz Karl, welches zu Stade in Garniſon lag. Dort erſt entwickelten ſich ſeine muſikaliſchen Talente; er uͤbte ſich unermuͤdet, beſonders auf Inſtrumen- ten, zu denen er als Hautboiſt nicht verpflichtet war, und bildete ſich bald zum Virtuoſen. Auch verheuratete er ſich hier zum erſtenmale.
Auf einer Reiſe nach Hamburg kam er zufaͤl- liger Weiſe in die Bekanntſchaft des Syndicus Schubak, eines ſehr gebildeten Mannes und eines Freundes der Muſik. Dieſer veranſtaltete zu ſeiner Unterſtuͤtzung ein Concert, worinn er ſich produci- ren ſollte. Da dies in der Regimentsuniform nicht wohl geſchehen konnte, ſo borgte er ſich einen Rock von Bruͤſſeler Kammelot mit Aufſchlaͤgen von drap d’ argent und eine dergleichen Weſte vom Kleider- ſoͤller, und ſpielte vortrefflich. „Das ſieht man ſchon aus dem Rocke, antwortete S., daß er ein Virtuos iſt“ als ihn Schubak gefragt hatte: Wie er ihm gefiele?
Er ward bekannt in Hamburg und glaubte hier ſein Fortkommen zu finden. Daher nahm er
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zeigen. Man ſchickte ihn in die Stadt zuruͤck,
weil man verzweifelte, einen guten Bauer aus
ihm zu ziehen. Was er Jahre lang von ſeiner
frommen Mutter gebeten hatte, ward ihm gewaͤhrt.“
Er kam in die Lehre zu dem Stadt-Muſikus W.
in Braunſchweig, wo er ſechs traurige Lehrjahre
auszuſtehen hatte.
Auch hier zog er ſich den Vorwurf der Untaug-
lichkeit zu, und ſein Lehrmeiſter empfahl ihn nach
der Lehrzeit an das hannoͤveriſche Regiment Prinz
Karl, welches zu Stade in Garniſon lag. Dort
erſt entwickelten ſich ſeine muſikaliſchen Talente;
er uͤbte ſich unermuͤdet, beſonders auf Inſtrumen-
ten, zu denen er als Hautboiſt nicht verpflichtet
war, und bildete ſich bald zum Virtuoſen. Auch
verheuratete er ſich hier zum erſtenmale.
Auf einer Reiſe nach Hamburg kam er zufaͤl-
liger Weiſe in die Bekanntſchaft des Syndicus
Schubak, eines ſehr gebildeten Mannes und eines
Freundes der Muſik. Dieſer veranſtaltete zu ſeiner
Unterſtuͤtzung ein Concert, worinn er ſich produci-
ren ſollte. Da dies in der Regimentsuniform nicht
wohl geſchehen konnte, ſo borgte er ſich einen Rock
von Bruͤſſeler Kammelot mit Aufſchlaͤgen von drap
d’ argent und eine dergleichen Weſte vom Kleider-
ſoͤller, und ſpielte vortrefflich. „Das ſieht man
ſchon aus dem Rocke, antwortete S., daß er ein
Virtuos iſt“ als ihn Schubak gefragt hatte: Wie
er ihm gefiele?
Er ward bekannt in Hamburg und glaubte
hier ſein Fortkommen zu finden. Daher nahm er
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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/219>, abgerufen am 16.02.2025.
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