und seine darüber aufgestellte, sehr scharfsinnige Hypothese zu befestigen, das wissen wir nicht: aber das wissen wir, daß er sich mit aller Kraft und auf mannigfachen Wegen dem eingeschlichnen Aberglauben, dem Pfaffenthum, der Geisterseherei und allen diesen kläglichen Verirrungen des mensch- lichen Geistes und des ehrw. O. widersetzte und diese üppig aufgeschoßne Hyder bis in ihre letzten Schlupfwinkel verfolgte.
Seine Lebensgeschichte ist sonderbar (noch sonder- barer ists, daß dies der Fall bei den meisten Lebens- geschichten merkwürdiger Männer im O. ist). Sie ist noch sehr wenig bekannt; in der Denkschrift auf ihn, (die wir zugleich benutzen wollen) ist sie nur mit einigen, obgleich kraftvollen Strichen bezeichnet. Wir geben die folgenden Beiträge, die wir aus dem Munde eines seiner alten Be- kannten erhalten haben, und die manche indivi- duelle Züge liefern, mehr, mit dem Wunsche an seine noch lebenden Freunde, sie zu vermehren und (wo es nöthig seyn sollte) zu berichtigen, als in der Meinung, etwas Vollständiges und Be- friedigendes über ihn zu liefern.
Er ward 1730 den 16. Januar bei Braun- schweig in der Hütte seines Vaters, der Hand- langer bei der Ziegelbrennerei war, gebohren. Als er etwas erwachsen war, nahm ihn sein Groß- vater auf einem benachbarten Dorfe zu sich und lies ihn seine Schafe hüten. Aber "man schalt ihn ungelehrig (sagt die Denkschrift) weil er zu ehrgeizig war, um Anstelligkeit zur Landarbeit zu
und ſeine daruͤber aufgeſtellte, ſehr ſcharfſinnige Hypotheſe zu befeſtigen, das wiſſen wir nicht: aber das wiſſen wir, daß er ſich mit aller Kraft und auf mannigfachen Wegen dem eingeſchlichnen Aberglauben, dem Pfaffenthum, der Geiſterſeherei und allen dieſen klaͤglichen Verirrungen des menſch- lichen Geiſtes und des ehrw. O. widerſetzte und dieſe uͤppig aufgeſchoßne Hyder bis in ihre letzten Schlupfwinkel verfolgte.
Seine Lebensgeſchichte iſt ſonderbar (noch ſonder- barer iſts, daß dies der Fall bei den meiſten Lebens- geſchichten merkwuͤrdiger Maͤnner im O. iſt). Sie iſt noch ſehr wenig bekannt; in der Denkſchrift auf ihn, (die wir zugleich benutzen wollen) iſt ſie nur mit einigen, obgleich kraftvollen Strichen bezeichnet. Wir geben die folgenden Beitraͤge, die wir aus dem Munde eines ſeiner alten Be- kannten erhalten haben, und die manche indivi- duelle Zuͤge liefern, mehr, mit dem Wunſche an ſeine noch lebenden Freunde, ſie zu vermehren und (wo es noͤthig ſeyn ſollte) zu berichtigen, als in der Meinung, etwas Vollſtaͤndiges und Be- friedigendes uͤber ihn zu liefern.
Er ward 1730 den 16. Januar bei Braun- ſchweig in der Huͤtte ſeines Vaters, der Hand- langer bei der Ziegelbrennerei war, gebohren. Als er etwas erwachſen war, nahm ihn ſein Groß- vater auf einem benachbarten Dorfe zu ſich und lies ihn ſeine Schafe huͤten. Aber „man ſchalt ihn ungelehrig (ſagt die Denkſchrift) weil er zu ehrgeizig war, um Anſtelligkeit zur Landarbeit zu
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0218"n="200"/>
und ſeine daruͤber aufgeſtellte, ſehr ſcharfſinnige<lb/>
Hypotheſe zu befeſtigen, das wiſſen wir nicht:<lb/>
aber das wiſſen wir, daß er ſich mit aller Kraft<lb/>
und auf mannigfachen Wegen dem eingeſchlichnen<lb/>
Aberglauben, dem Pfaffenthum, der Geiſterſeherei<lb/>
und allen dieſen klaͤglichen Verirrungen des menſch-<lb/>
lichen Geiſtes und des ehrw. O. widerſetzte und<lb/>
dieſe uͤppig aufgeſchoßne Hyder bis in ihre letzten<lb/>
Schlupfwinkel verfolgte.</p><lb/><p>Seine Lebensgeſchichte iſt ſonderbar (noch ſonder-<lb/>
barer iſts, daß dies der Fall bei den meiſten Lebens-<lb/>
geſchichten merkwuͤrdiger Maͤnner im O. iſt). Sie<lb/>
iſt noch ſehr wenig bekannt; in der Denkſchrift<lb/>
auf ihn, (die wir zugleich benutzen wollen) iſt<lb/>ſie nur mit einigen, obgleich kraftvollen Strichen<lb/>
bezeichnet. Wir geben die folgenden Beitraͤge,<lb/>
die wir aus dem Munde eines ſeiner alten Be-<lb/>
kannten erhalten haben, und die manche indivi-<lb/>
duelle Zuͤge liefern, mehr, mit dem Wunſche an<lb/>ſeine noch lebenden Freunde, ſie zu vermehren<lb/>
und (wo es noͤthig ſeyn ſollte) zu berichtigen, als<lb/>
in der Meinung, etwas Vollſtaͤndiges und Be-<lb/>
friedigendes uͤber ihn zu liefern.</p><lb/><p>Er ward 1730 den 16. Januar bei Braun-<lb/>ſchweig in der Huͤtte ſeines Vaters, der Hand-<lb/>
langer bei der Ziegelbrennerei war, gebohren. Als<lb/>
er etwas erwachſen war, nahm ihn ſein Groß-<lb/>
vater auf einem benachbarten Dorfe zu ſich und<lb/>
lies ihn ſeine Schafe huͤten. Aber „man ſchalt<lb/>
ihn ungelehrig (ſagt die Denkſchrift) weil er zu<lb/>
ehrgeizig war, um Anſtelligkeit zur Landarbeit zu<lb/></p></div></body></text></TEI>
[200/0218]
und ſeine daruͤber aufgeſtellte, ſehr ſcharfſinnige
Hypotheſe zu befeſtigen, das wiſſen wir nicht:
aber das wiſſen wir, daß er ſich mit aller Kraft
und auf mannigfachen Wegen dem eingeſchlichnen
Aberglauben, dem Pfaffenthum, der Geiſterſeherei
und allen dieſen klaͤglichen Verirrungen des menſch-
lichen Geiſtes und des ehrw. O. widerſetzte und
dieſe uͤppig aufgeſchoßne Hyder bis in ihre letzten
Schlupfwinkel verfolgte.
Seine Lebensgeſchichte iſt ſonderbar (noch ſonder-
barer iſts, daß dies der Fall bei den meiſten Lebens-
geſchichten merkwuͤrdiger Maͤnner im O. iſt). Sie
iſt noch ſehr wenig bekannt; in der Denkſchrift
auf ihn, (die wir zugleich benutzen wollen) iſt
ſie nur mit einigen, obgleich kraftvollen Strichen
bezeichnet. Wir geben die folgenden Beitraͤge,
die wir aus dem Munde eines ſeiner alten Be-
kannten erhalten haben, und die manche indivi-
duelle Zuͤge liefern, mehr, mit dem Wunſche an
ſeine noch lebenden Freunde, ſie zu vermehren
und (wo es noͤthig ſeyn ſollte) zu berichtigen, als
in der Meinung, etwas Vollſtaͤndiges und Be-
friedigendes uͤber ihn zu liefern.
Er ward 1730 den 16. Januar bei Braun-
ſchweig in der Huͤtte ſeines Vaters, der Hand-
langer bei der Ziegelbrennerei war, gebohren. Als
er etwas erwachſen war, nahm ihn ſein Groß-
vater auf einem benachbarten Dorfe zu ſich und
lies ihn ſeine Schafe huͤten. Aber „man ſchalt
ihn ungelehrig (ſagt die Denkſchrift) weil er zu
ehrgeizig war, um Anſtelligkeit zur Landarbeit zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/218>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.