Es ist daher nöthig, den Begriff von den sogenannten höhern Graden und von reellen maurerischen Erkenntniß-Stufen zu bestim- men, und den eben so wichtigen, als wesentlichen Unterschied zwischen beiden aufzustellen.
Ein höherer Grad ist eine aus verschiede- nen Ceremonien, symbolischen Formeln und hie- roglyphischen Bildern in neuern Zeiten zusammen- gesetzte Mysterie, in welcher Ceremonien, Formeln und Hieroglyphen moralisch gedeutet, die Enthül- lung ihres eigentlichen Sinnes aber, und die völligen Aufschlüsse erst in einem noch höhe- ren Grade verheißen werden. Der darauf fol- gende höhere Grad besteht aus eben solchen Be- standtheilen, die abermal nach einer gewöhnlichen trivialen Moral erklärt werden, deren eigentliche Deutung aber sofort auf einen noch höheren Grad verwiesen wird; welches dann so lange von Grad zu Grad fortgehet, als es diesem oder jenem Logen-System nothwendig scheint, seine letzten und höchsten Aufschlüsse durch mehr oder weniger höhere Grade symbolisch vorzubilden. -- Diese letzten und höchsten Aufschlüsse, welche sodann den Schlußstein des ganzen Logen-Systems ausma- chen, sind selbst nichts anders, als eine erdichtete, aller Zeit- und Menschengeschichte widersprechende, jede Prüfung der Kritik scheuende Historie des Ordens, von denjenigen erfunden, welche die immer höher steigende Wißbegierde der Brüder nicht anders zu befriedigen wußten, oder von der traurigen Ueberzeugung geleitet wurden, daß
Es iſt daher noͤthig, den Begriff von den ſogenannten hoͤhern Graden und von reellen maureriſchen Erkenntniß-Stufen zu beſtim- men, und den eben ſo wichtigen, als weſentlichen Unterſchied zwiſchen beiden aufzuſtellen.
Ein hoͤherer Grad iſt eine aus verſchiede- nen Ceremonien, ſymboliſchen Formeln und hie- roglyphiſchen Bildern in neuern Zeiten zuſammen- geſetzte Myſterie, in welcher Ceremonien, Formeln und Hieroglyphen moraliſch gedeutet, die Enthuͤl- lung ihres eigentlichen Sinnes aber, und die voͤlligen Aufſchluͤſſe erſt in einem noch hoͤhe- ren Grade verheißen werden. Der darauf fol- gende hoͤhere Grad beſteht aus eben ſolchen Be- ſtandtheilen, die abermal nach einer gewoͤhnlichen trivialen Moral erklaͤrt werden, deren eigentliche Deutung aber ſofort auf einen noch hoͤheren Grad verwieſen wird; welches dann ſo lange von Grad zu Grad fortgehet, als es dieſem oder jenem Logen-Syſtem nothwendig ſcheint, ſeine letzten und hoͤchſten Aufſchluͤſſe durch mehr oder weniger hoͤhere Grade ſymboliſch vorzubilden. — Dieſe letzten und hoͤchſten Aufſchluͤſſe, welche ſodann den Schlußſtein des ganzen Logen-Syſtems ausma- chen, ſind ſelbſt nichts anders, als eine erdichtete, aller Zeit- und Menſchengeſchichte widerſprechende, jede Pruͤfung der Kritik ſcheuende Hiſtorie des Ordens, von denjenigen erfunden, welche die immer hoͤher ſteigende Wißbegierde der Bruͤder nicht anders zu befriedigen wußten, oder von der traurigen Ueberzeugung geleitet wurden, daß
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Es iſt daher noͤthig, den Begriff von den
ſogenannten hoͤhern Graden und von reellen
maureriſchen Erkenntniß-Stufen zu beſtim-
men, und den eben ſo wichtigen, als weſentlichen
Unterſchied zwiſchen beiden aufzuſtellen.
Ein hoͤherer Grad iſt eine aus verſchiede-
nen Ceremonien, ſymboliſchen Formeln und hie-
roglyphiſchen Bildern in neuern Zeiten zuſammen-
geſetzte Myſterie, in welcher Ceremonien, Formeln
und Hieroglyphen moraliſch gedeutet, die Enthuͤl-
lung ihres eigentlichen Sinnes aber, und
die voͤlligen Aufſchluͤſſe erſt in einem noch hoͤhe-
ren Grade verheißen werden. Der darauf fol-
gende hoͤhere Grad beſteht aus eben ſolchen Be-
ſtandtheilen, die abermal nach einer gewoͤhnlichen
trivialen Moral erklaͤrt werden, deren eigentliche
Deutung aber ſofort auf einen noch hoͤheren
Grad verwieſen wird; welches dann ſo lange von
Grad zu Grad fortgehet, als es dieſem oder jenem
Logen-Syſtem nothwendig ſcheint, ſeine letzten
und hoͤchſten Aufſchluͤſſe durch mehr oder weniger
hoͤhere Grade ſymboliſch vorzubilden. — Dieſe
letzten und hoͤchſten Aufſchluͤſſe, welche ſodann den
Schlußſtein des ganzen Logen-Syſtems ausma-
chen, ſind ſelbſt nichts anders, als eine erdichtete,
aller Zeit- und Menſchengeſchichte widerſprechende,
jede Pruͤfung der Kritik ſcheuende Hiſtorie des
Ordens, von denjenigen erfunden, welche die
immer hoͤher ſteigende Wißbegierde der Bruͤder
nicht anders zu befriedigen wußten, oder von
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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/191>, abgerufen am 16.02.2025.
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