Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.sie nicht gelehrt seynd. O wie wohl redet Quintilianus! Denn es ist kein"
Was soll ich sagen von der närrischen pedantischen Gravitaet etlicher, die" Die-
ſie nicht gelehrt ſeynd. O wie wohl redet Quintilianus! Denn es iſt kein„
Was ſoll ich ſagen von der naͤrriſchen pedantiſchen Gravitæt etlicher, die„ Die-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="31"/><hi rendition="#fr">ſie nicht gelehrt ſeynd.</hi> O wie wohl redet <hi rendition="#aq">Quintilianus!</hi> Denn es iſt kein„<lb/> ſchaͤndlicher Ding in einer Schul, als wann der <hi rendition="#aq">Præceptor</hi> ſich nicht kennet,„<lb/> und ſich duͤncken laͤſſet er ſeye gelehrter als er iſt, koͤnne auch ſeine Knaben gar„<lb/> bald klug und gelehrt wachen. Von einem ſolchem Duͤnckel ſagt obgemeld-„<lb/> ter <hi rendition="#aq">Candaticius,</hi> welcher auch ein <hi rendition="#aq">Præceptor</hi> auf Schulen geweſen:„</p><lb/> <cit> <quote> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#aq">Ille tribus brumis vix Alpha & beata docebat,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">In tribus aſt pueros menſibus aſtra doces.</hi> </l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#fr">Jener</hi> (er redet vom <hi rendition="#aq">Quintiliano</hi>) <hi rendition="#fr">lehret</hi> <hi rendition="#aq">A. B. C.</hi> <hi rendition="#fr">kaum recht in</hi></l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">dreyen Jahren, und du lehreſt in dreyen Monaten deine Kna-</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">ben auch die Sterne und den Himmel kennen.</hi> </l> </lg> </quote> <bibl/> </cit><lb/> <p>Was ſoll ich ſagen von der naͤrriſchen <hi rendition="#aq">pedanti</hi>ſchen <hi rendition="#aq">Gravitæt</hi> etlicher, die„<lb/> mit ihrem <hi rendition="#aq">Baculo Magiſtrali,</hi> mit ihrem kahlen Rock, der nicht weniger als„<lb/> fuͤnff Jubel-Jahre geſehen, mit ihrem Meiſter-Geſang beydes <hi rendition="#aq">in Proſa</hi> und in„<lb/> Verſen, mit ihrem hauffen Nachfolgern von Knaben, die ſie zum Pracht auf- und„<lb/> anfuͤhren, mit ihrem Lateiniſchen Gruß: <hi rendition="#aq">Salus, Salvete, Avete Domini &c.</hi>„<lb/> mit ihrer praͤchtigen <hi rendition="#aq">Reveren</hi>tz, mit ihrer aufgeblaſenen Stellung und Gang,„<lb/> als wann ſie lauter <hi rendition="#aq">Tullii</hi> waͤren, mit ihrem praͤchtigen Leſen, mit ihrem„<lb/> ſchnarchenden Reden, wann ſie ihre Knaben <hi rendition="#aq">examini</hi>ren, mit ihrem anſehn-„<lb/> lichen Auf- und Abtreten in der Schulen, als wann ſie Pfauen oder welſche„<lb/> Hahnen waͤren; in Summa ſich mit allerhand anſehnlichen ja recht majeſtaͤ-„<lb/> tiſchen Geberden, Worten und Weſen, ſehen und hoͤren laſſen? Item von„<lb/> ihren ernſtlichen Erinnerungen, die ſie ſtets an ihre Knaben thun, daß ſie des„<lb/><hi rendition="#aq">Priſciani</hi> Fußſtapffen fleißig ſollen nachfolgen; daß ſie von dem <hi rendition="#aq">Diomede</hi> nicht„<lb/> ſollen abweichen, daß ſie allezeit ein gutes Buch als ein <hi rendition="#aq">Cornu copiæ</hi> ſollen„<lb/> unter dem Arm oder in denen Hoſen tragen, daß ſie ihr <hi rendition="#aq">Catholicon,</hi> ihren„<lb/><hi rendition="#aq">Papiam,</hi> benebſt dem <hi rendition="#aq">Momotracto</hi> bey Leibe nicht dahinten laſſen ſollen, und„<lb/> was dergleichen mehr damit man ſie fein uͤberall, wo ſie ſind, gehen oder ſte-„<lb/> hen, vor fleißige, ſorgfaͤltige und gelehrte Schuͤler anſehen moͤge, da ſie doch„<lb/> nichts als Eſel ziehen, die zwar Buͤcher tragen, aber nicht wiſſen, noch ver-„<lb/> ſtehen, was drinnen iſt. Was ſolle ich ſagen von ihren ſtoltzen und uͤbermuͤ-„<lb/> thigen Reden, in welchen ſie alle Sprachen unter einander hacken, damit„<lb/> man ihre <hi rendition="#aq">pedant</hi> ſche und grobianiſche Gelehrſamkeit uͤberall ſpuͤre. Sollen„<lb/> ſie etwas <hi rendition="#aq">parli</hi>ren, ſo muß es alles <hi rendition="#aq">latiniſi</hi>ret, oder auch wohl mit dem Griechi-„<lb/> ſchen geſpickt ſeyn. Anderergeſtalt taugt es nichts, und moͤchte vielleicht von„<lb/> denen gemeinen und ungelehrten Leuten verſtanden werden.„</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die-</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [31/0075]
ſie nicht gelehrt ſeynd. O wie wohl redet Quintilianus! Denn es iſt kein„
ſchaͤndlicher Ding in einer Schul, als wann der Præceptor ſich nicht kennet,„
und ſich duͤncken laͤſſet er ſeye gelehrter als er iſt, koͤnne auch ſeine Knaben gar„
bald klug und gelehrt wachen. Von einem ſolchem Duͤnckel ſagt obgemeld-„
ter Candaticius, welcher auch ein Præceptor auf Schulen geweſen:„
Ille tribus brumis vix Alpha & beata docebat,
In tribus aſt pueros menſibus aſtra doces.
Jener (er redet vom Quintiliano) lehret A. B. C. kaum recht in
dreyen Jahren, und du lehreſt in dreyen Monaten deine Kna-
ben auch die Sterne und den Himmel kennen.
Was ſoll ich ſagen von der naͤrriſchen pedantiſchen Gravitæt etlicher, die„
mit ihrem Baculo Magiſtrali, mit ihrem kahlen Rock, der nicht weniger als„
fuͤnff Jubel-Jahre geſehen, mit ihrem Meiſter-Geſang beydes in Proſa und in„
Verſen, mit ihrem hauffen Nachfolgern von Knaben, die ſie zum Pracht auf- und„
anfuͤhren, mit ihrem Lateiniſchen Gruß: Salus, Salvete, Avete Domini &c.„
mit ihrer praͤchtigen Reverentz, mit ihrer aufgeblaſenen Stellung und Gang,„
als wann ſie lauter Tullii waͤren, mit ihrem praͤchtigen Leſen, mit ihrem„
ſchnarchenden Reden, wann ſie ihre Knaben examiniren, mit ihrem anſehn-„
lichen Auf- und Abtreten in der Schulen, als wann ſie Pfauen oder welſche„
Hahnen waͤren; in Summa ſich mit allerhand anſehnlichen ja recht majeſtaͤ-„
tiſchen Geberden, Worten und Weſen, ſehen und hoͤren laſſen? Item von„
ihren ernſtlichen Erinnerungen, die ſie ſtets an ihre Knaben thun, daß ſie des„
Priſciani Fußſtapffen fleißig ſollen nachfolgen; daß ſie von dem Diomede nicht„
ſollen abweichen, daß ſie allezeit ein gutes Buch als ein Cornu copiæ ſollen„
unter dem Arm oder in denen Hoſen tragen, daß ſie ihr Catholicon, ihren„
Papiam, benebſt dem Momotracto bey Leibe nicht dahinten laſſen ſollen, und„
was dergleichen mehr damit man ſie fein uͤberall, wo ſie ſind, gehen oder ſte-„
hen, vor fleißige, ſorgfaͤltige und gelehrte Schuͤler anſehen moͤge, da ſie doch„
nichts als Eſel ziehen, die zwar Buͤcher tragen, aber nicht wiſſen, noch ver-„
ſtehen, was drinnen iſt. Was ſolle ich ſagen von ihren ſtoltzen und uͤbermuͤ-„
thigen Reden, in welchen ſie alle Sprachen unter einander hacken, damit„
man ihre pedant ſche und grobianiſche Gelehrſamkeit uͤberall ſpuͤre. Sollen„
ſie etwas parliren, ſo muß es alles latiniſiret, oder auch wohl mit dem Griechi-„
ſchen geſpickt ſeyn. Anderergeſtalt taugt es nichts, und moͤchte vielleicht von„
denen gemeinen und ungelehrten Leuten verſtanden werden.„
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