Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729."ren Pedanten rechne; ungeachtet es lauter reine Grammatici seyn wollen. Die- cken
„ren Pedanten rechne; ungeachtet es lauter reine Grammatici ſeyn wollen. Die- cken
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="28"/> „ren <hi rendition="#aq">Pedan</hi>ten rechne; ungeachtet es lauter reine <hi rendition="#aq">Grammatici</hi> ſeyn wollen. Die-<lb/> „ſes ſind die, welche einen gantzen Tag auf dem Marckt, oder in einem La-<lb/> „den, oder ſonſt bey einer Geſellſchafft gelehrter Leute ſtehen und <hi rendition="#aq">diſputi</hi>ren,<lb/> „ja ſich um geringer und nichtiger <hi rendition="#aq">grammaticali</hi>ſchen Sachen willen zancken,<lb/> „mit vollem Geſchrey und Eyfer, als wann Leib und Leben daran gelegen waͤre,<lb/> „wodurch ſie jedermann die Ohren ſo voll fuͤllen, daß ſie auch einen Schmidt<lb/> „bey ſeinem Amboß uͤberdruͤßig und beſchwerlich ſeyn moͤchten. Da ſchweret<lb/> „man bey dem <hi rendition="#aq">Polluce</hi> und <hi rendition="#aq">Hercule,</hi> ja bey allen Goͤttern; da doch manchmal<lb/> „nur darum zu thun, ob man die Buchſtaben <hi rendition="#aq">Y.</hi> und <hi rendition="#aq">Z.</hi> nur allein im Grie-<lb/> „chiſchen, oder auch bey dem Latein gebrauchen ſolle? Ob man die <hi rendition="#aq">animam Ari-<lb/> „ſtotelis,</hi> die er <hi rendition="#aq">Entelciam</hi> nennet, mit einem <hi rendition="#aq">d.</hi> oder <hi rendition="#aq">t.</hi> ſchreiben ſolle? Ob<lb/> „<hi rendition="#aq">H.</hi> auch ein Buchſtabe ſeye, oder nur eine <hi rendition="#aq">nota aſpirationis?</hi> Ob man des<lb/> „Buchſtabens <hi rendition="#aq">X.</hi> beduͤrffe oder nicht? allermaſſen man vorzeiten an ſtatt deſ-<lb/> „ſelben <hi rendition="#aq">c s</hi> gebrauchet, und <hi rendition="#aq">pacs, lecs,</hi> geſchrieben, da man jetzo <hi rendition="#aq">pax</hi> und <hi rendition="#aq">lex</hi><lb/> „daraus gemachet. Item, ob der Name <hi rendition="#aq">Ulyſſes</hi> mit einem <hi rendition="#aq">X.</hi> oder mit zweyen<lb/> „<hi rendition="#aq">fl.</hi> ſolle geſchrieben werden? Ferner ob nur drey <hi rendition="#aq">partes orationes</hi> ſind, nem-<lb/> „lich <hi rendition="#aq">Nomen, Verbum</hi> und <hi rendition="#aq">Conjunctio,</hi> wie <hi rendition="#aq">Ariſtoteles</hi> und <hi rendition="#aq">Theodorus</hi> wol-<lb/> „len? oder ob deren viere, wie die <hi rendition="#aq">Stoici</hi> vorgeben, welche die <hi rendition="#aq">Articulos</hi> von<lb/> „denen <hi rendition="#aq">Conjunctionibus</hi> unterſcheiden? Item ob man die andern, welche lan-<lb/> „ge hernach darzu ſeynd geſetzet worden, auch vor <hi rendition="#aq">partes orationes</hi> halten<lb/> „ſolle? wie <hi rendition="#aq">Ariſtarchus</hi> und <hi rendition="#aq">Palæmon</hi> ſolches haben wollen. Ingleichen,<lb/> „ob derer <hi rendition="#aq">Pronominum</hi> funffzehen? wie <hi rendition="#aq">Priſcianus</hi> will, oder deren noch mehr<lb/> „ſeynd? wie <hi rendition="#aq">Diomedes</hi> und <hi rendition="#aq">Phocas prætendi</hi>ren. Weiter, ob man auch<lb/> „doppelte Buchſtaben doͤrffte gebrauchen, als in denen Worten, <hi rendition="#aq">cauſa, reli-<lb/> „gio, &c.</hi> da etliche Schreiben <hi rendition="#aq">cauſſa, relligio?</hi> oder, ob es genug an einem <hi rendition="#aq">ſ.</hi><lb/> „und <hi rendition="#aq">l</hi>? und was dergleichen Sachen mehr ſeynd, als <hi rendition="#aq">Accentus, Puncta, Or-<lb/> „tographia, Pronunciatio,</hi> die Form, und <hi rendition="#aq">Figur</hi> derer Buchſtaben, <hi rendition="#aq">Ftymolo-<lb/> „gia, Analogia, Præcepta, Regulæ, Declinationes, Modi ſignificandi, Mu-<lb/> „tationes Caſuum, Varietates temporum &c.</hi> daruͤber ſie mit groſſen Ernſt<lb/> „und Eiffer halten, und billig von <hi rendition="#aq">Luciano Samolatenſi,</hi> in einem ſonderlichen<lb/> „Buͤchlein, welches er vom Streit derer zwey Buchſtaben <hi rendition="#aq">S.</hi> und <hi rendition="#aq">T.</hi> geſchrie-<lb/> „ben, ausgelachet werden. Desgleichen von <hi rendition="#aq">Andre Salernitano,</hi> welcher das<lb/> „<hi rendition="#aq">Bellum Grammaticale,</hi> oder den Feder-Krieg derer <hi rendition="#aq">Gramaticorum,</hi> gar ar-<lb/> „tig, ſolchen naͤrriſchen <hi rendition="#aq">Grammatieis</hi> zum Spott geſchrieben. Nebſt dieſen<lb/> „ſeynd auch andere, die wollen gar gute und reine <hi rendition="#aq">Grammatici</hi> ſeyn. <hi rendition="#aq">Meſſala</hi><lb/> „hat von jeden Buchſtaben ein beſonderes Buch geſchrieben. <hi rendition="#aq">Beroaldus</hi> will<lb/> „den <hi rendition="#aq">Servium,</hi> geringer Sachen halber, in die Schulen verweiſen oder ſchi-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">cken</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0072]
„ren Pedanten rechne; ungeachtet es lauter reine Grammatici ſeyn wollen. Die-
„ſes ſind die, welche einen gantzen Tag auf dem Marckt, oder in einem La-
„den, oder ſonſt bey einer Geſellſchafft gelehrter Leute ſtehen und diſputiren,
„ja ſich um geringer und nichtiger grammaticaliſchen Sachen willen zancken,
„mit vollem Geſchrey und Eyfer, als wann Leib und Leben daran gelegen waͤre,
„wodurch ſie jedermann die Ohren ſo voll fuͤllen, daß ſie auch einen Schmidt
„bey ſeinem Amboß uͤberdruͤßig und beſchwerlich ſeyn moͤchten. Da ſchweret
„man bey dem Polluce und Hercule, ja bey allen Goͤttern; da doch manchmal
„nur darum zu thun, ob man die Buchſtaben Y. und Z. nur allein im Grie-
„chiſchen, oder auch bey dem Latein gebrauchen ſolle? Ob man die animam Ari-
„ſtotelis, die er Entelciam nennet, mit einem d. oder t. ſchreiben ſolle? Ob
„H. auch ein Buchſtabe ſeye, oder nur eine nota aſpirationis? Ob man des
„Buchſtabens X. beduͤrffe oder nicht? allermaſſen man vorzeiten an ſtatt deſ-
„ſelben c s gebrauchet, und pacs, lecs, geſchrieben, da man jetzo pax und lex
„daraus gemachet. Item, ob der Name Ulyſſes mit einem X. oder mit zweyen
„fl. ſolle geſchrieben werden? Ferner ob nur drey partes orationes ſind, nem-
„lich Nomen, Verbum und Conjunctio, wie Ariſtoteles und Theodorus wol-
„len? oder ob deren viere, wie die Stoici vorgeben, welche die Articulos von
„denen Conjunctionibus unterſcheiden? Item ob man die andern, welche lan-
„ge hernach darzu ſeynd geſetzet worden, auch vor partes orationes halten
„ſolle? wie Ariſtarchus und Palæmon ſolches haben wollen. Ingleichen,
„ob derer Pronominum funffzehen? wie Priſcianus will, oder deren noch mehr
„ſeynd? wie Diomedes und Phocas prætendiren. Weiter, ob man auch
„doppelte Buchſtaben doͤrffte gebrauchen, als in denen Worten, cauſa, reli-
„gio, &c. da etliche Schreiben cauſſa, relligio? oder, ob es genug an einem ſ.
„und l? und was dergleichen Sachen mehr ſeynd, als Accentus, Puncta, Or-
„tographia, Pronunciatio, die Form, und Figur derer Buchſtaben, Ftymolo-
„gia, Analogia, Præcepta, Regulæ, Declinationes, Modi ſignificandi, Mu-
„tationes Caſuum, Varietates temporum &c. daruͤber ſie mit groſſen Ernſt
„und Eiffer halten, und billig von Luciano Samolatenſi, in einem ſonderlichen
„Buͤchlein, welches er vom Streit derer zwey Buchſtaben S. und T. geſchrie-
„ben, ausgelachet werden. Desgleichen von Andre Salernitano, welcher das
„Bellum Grammaticale, oder den Feder-Krieg derer Gramaticorum, gar ar-
„tig, ſolchen naͤrriſchen Grammatieis zum Spott geſchrieben. Nebſt dieſen
„ſeynd auch andere, die wollen gar gute und reine Grammatici ſeyn. Meſſala
„hat von jeden Buchſtaben ein beſonderes Buch geſchrieben. Beroaldus will
„den Servium, geringer Sachen halber, in die Schulen verweiſen oder ſchi-
cken
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Zitationshilfe: | Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/72>, abgerufen am 26.06.2024. |