fressen, und wann es zum Treffen und Certament käme, soltet ihr euch doch wohl wundern, daß ich auch etwas weiß, Vos, vos, vestrae Dominationes, ihr, ihr selbst seyd Ursache daran, daß bey dem ge- meinen Mann fast nichts mehr auf die Gelehrten gehalten wird, weil jederman nur allzudeutlich siehet, daß bonae literae, und mali mores gemeiniglich beysammen seynd. Wer weiß das Sprichwort nicht: Qui proficit in literis, & deficit in moribus, plus deficit quam groficit. Ja, sagen sie, aber er schändet den gantzen Schul- Orden, und das gantze Schul-Amt darunter doch so vie- le herrliche Leute gewesen, alsPhilippus Melanchton, Joachim Camerarius &c. Ey mein lieber Schul-Fuchs! und lächerliches Herrlein! meinest du etwa du seyest auch ein Melanchton, oder Camerarius? Weit gefehlet. Es mangeln dir noch ein paar gute grosse Bauren-Schritte zu dieser herrlichen Lob-würdigen Männer Geschicklichkeit sowohl, als zu ihren edlen Sitten und Tu- genden. Es ist wahr, wann ich sage, die Schulmeister, oder Pe- danten, thun dieses oder jenes, so verstehe ich freylich keine Bau- ren und keine Handwercksleute. Ich rede auch von keinen Edel- leuten und Bürgern, sondern ich meyne Schulmeister und Pedan- ten. Es folget aber darum nicht, daß sie eben alle gemeynet seynd, sondern nur die seynd gemeynet, die das was getadelt wird, thun. Ich werffe unter den Hauffen, wen ich treffe, der fühlet es wohl. Ich nenne niemanden. Wer aber derselbe Esel ist, dem wird es sein Gewissen, und die langen Ohren, damit er so leise höret, was auf ihn zielet, wohl sagen. Aber daran siehet man, daß dieser hier, und der dorten, eben die rechten Pedanten seynd, welche ich meyne, die ihr nehmlich euer Lebtag mit eurer Dialectic zugebracht, und solche doch noch nicht, in communi vita zu practiciren wisset. Sonst würdet ihr wohl dencken können, quod differat in definita, & universalis locutio, & quod indefinita non semper, & ubique aequipol- leat universali. Also wann man sagt: Doctores Basilea facit Witte-
berg
freſſen, und wann es zum Treffen und Certament kaͤme, ſoltet ihr euch doch wohl wundern, daß ich auch etwas weiß, Vos, vos, veſtræ Dominationes, ihr, ihr ſelbſt ſeyd Urſache daran, daß bey dem ge- meinen Mann faſt nichts mehr auf die Gelehrten gehalten wird, weil jederman nur allzudeutlich ſiehet, daß bonæ literæ, und mali mores gemeiniglich beyſammen ſeynd. Wer weiß das Sprichwort nicht: Qui proficit in literis, & deficit in moribus, plus deficit quam groficit. Ja, ſagen ſie, aber er ſchaͤndet den gantzen Schul- Orden, und das gantze Schul-Amt darunter doch ſo vie- le herrliche Leute geweſen, alsPhilippus Melanchton, Joachim Camerarius &c. Ey mein lieber Schul-Fuchs! und laͤcherliches Herrlein! meineſt du etwa du ſeyeſt auch ein Melanchton, oder Camerarius? Weit gefehlet. Es mangeln dir noch ein paar gute groſſe Bauren-Schritte zu dieſer herrlichen Lob-wuͤrdigen Maͤnner Geſchicklichkeit ſowohl, als zu ihren edlen Sitten und Tu- genden. Es iſt wahr, wann ich ſage, die Schulmeiſter, oder Pe- danten, thun dieſes oder jenes, ſo verſtehe ich freylich keine Bau- ren und keine Handwercksleute. Ich rede auch von keinen Edel- leuten und Buͤrgern, ſondern ich meyne Schulmeiſter und Pedan- ten. Es folget aber darum nicht, daß ſie eben alle gemeynet ſeynd, ſondern nur die ſeynd gemeynet, die das was getadelt wird, thun. Ich werffe unter den Hauffen, wen ich treffe, der fuͤhlet es wohl. Ich nenne niemanden. Wer aber derſelbe Eſel iſt, dem wird es ſein Gewiſſen, und die langen Ohren, damit er ſo leiſe hoͤret, was auf ihn zielet, wohl ſagen. Aber daran ſiehet man, daß dieſer hier, und der dorten, eben die rechten Pedanten ſeynd, welche ich meyne, die ihr nehmlich euer Lebtag mit eurer Dialectic zugebracht, und ſolche doch noch nicht, in communi vita zu practiciren wiſſet. Sonſt wuͤrdet ihr wohl dencken koͤnnen, quod differat in definita, & univerſalis locutio, & quod indefinita non ſemper, & ubique æquipol- leat univerſali. Alſo wann man ſagt: Doctores Baſilea facit Witte-
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freſſen, und wann es zum Treffen und Certament kaͤme, ſoltet ihr
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Dominationes, ihr, ihr ſelbſt ſeyd Urſache daran, daß bey dem ge-
meinen Mann faſt nichts mehr auf die Gelehrten gehalten wird,
weil jederman nur allzudeutlich ſiehet, daß bonæ literæ, und mali
mores gemeiniglich beyſammen ſeynd. Wer weiß das Sprichwort
nicht: Qui proficit in literis, & deficit in moribus, plus deficit quam
groficit. Ja, ſagen ſie, aber er ſchaͤndet den gantzen Schul-
Orden, und das gantze Schul-Amt darunter doch ſo vie-
le herrliche Leute geweſen, als Philippus Melanchton,
Joachim Camerarius &c. Ey mein lieber Schul-Fuchs! und
laͤcherliches Herrlein! meineſt du etwa du ſeyeſt auch ein Melanchton,
oder Camerarius? Weit gefehlet. Es mangeln dir noch ein paar
gute groſſe Bauren-Schritte zu dieſer herrlichen Lob-wuͤrdigen
Maͤnner Geſchicklichkeit ſowohl, als zu ihren edlen Sitten und Tu-
genden. Es iſt wahr, wann ich ſage, die Schulmeiſter, oder Pe-
danten, thun dieſes oder jenes, ſo verſtehe ich freylich keine Bau-
ren und keine Handwercksleute. Ich rede auch von keinen Edel-
leuten und Buͤrgern, ſondern ich meyne Schulmeiſter und Pedan-
ten. Es folget aber darum nicht, daß ſie eben alle gemeynet ſeynd,
ſondern nur die ſeynd gemeynet, die das was getadelt wird, thun.
Ich werffe unter den Hauffen, wen ich treffe, der fuͤhlet es wohl.
Ich nenne niemanden. Wer aber derſelbe Eſel iſt, dem wird es
ſein Gewiſſen, und die langen Ohren, damit er ſo leiſe hoͤret, was
auf ihn zielet, wohl ſagen. Aber daran ſiehet man, daß dieſer
hier, und der dorten, eben die rechten Pedanten ſeynd, welche ich
meyne, die ihr nehmlich euer Lebtag mit eurer Dialectic zugebracht,
und ſolche doch noch nicht, in communi vita zu practiciren wiſſet.
Sonſt wuͤrdet ihr wohl dencken koͤnnen, quod differat in definita, &
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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/60>, abgerufen am 15.08.2024.
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