Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Noch weiter von denen Partisans des Alterthums zu reden, so wird es Zu C c 3
Noch weiter von denen Partiſans des Alterthums zu reden, ſo wird es Zu C c 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0249" n="205"/> <p>Noch weiter von denen <hi rendition="#aq">Partiſans</hi> des Alterthums zu reden, ſo wird es<lb/> nicht unrecht ſeyn, auch dererjenigen ihre Thorheit hier zu beruͤhren, die nichts<lb/> loben und bewundern, als was nach <hi rendition="#aq">Antiquitæ</hi>ten ſchmeckt, und die nach Art<lb/> derer <hi rendition="#aq">Chineſer,</hi> alle uͤbrige vor <hi rendition="#fr">ein</hi> ſich allein aber vor <hi rendition="#fr">zwey-aͤugige</hi> halten,<lb/> weil ſie nicht nur bloß dasjenige, was ihnen vor der Naſe lieget, ſehen, ſondern<lb/> auch die Beſchaffenheit derer aͤlteſten Zeiten genau unterſuchet und durchfor-<lb/> ſchet zu haben vermeynen Wann ihnen nun etwa ein alter, von Schimmel<lb/> und Roſt durchfreſſener Pfennig, oder andere Uberbleibſel eines vor tauſend<lb/> und mehr Jahren abgebrauchten Hausraths zu Handen kommen, O ihr Goͤt-<lb/> ter, was entſtehet da vor Freude! Was macht man ſich nicht vor Muͤhe und<lb/> Arbeit, daß man ja alle <hi rendition="#aq">Puncte</hi> genau daran erkennen, ja gantze Buͤcher mit<lb/> Erklaͤhrung dererſelben anfuͤllen, und ſeinen lieben Nachkommen hinterlaſſen<lb/> koͤnne. Das ſind eben die trefflichen Maͤnner, welche die <hi rendition="#fr">Prophezeyung</hi> derer<lb/><hi rendition="#fr">Sybillen,</hi> die <hi rendition="#fr">Lieder</hi> der <hi rendition="#fr">wahrſagenden</hi> <hi rendition="#aq">Charmante,</hi> die <hi rendition="#fr">unerforſchlichen Ge-<lb/> heimniſſe</hi> des <hi rendition="#aq">Lycophronis,</hi> die <hi rendition="#fr">Heiligen Buͤcher</hi> des <hi rendition="#fr">Koͤnigs</hi> <hi rendition="#aq">Numa,</hi> die <hi rendition="#fr">ver-<lb/> ſteckte Deutung</hi> des <hi rendition="#fr">goldenen Vlieſſes</hi> die <hi rendition="#fr">unverſtaͤndliche Grabſchrifft</hi> der<lb/><hi rendition="#aq">Ælia Lelila Chriſpis,</hi> die <hi rendition="#fr">Schrifften</hi> derer <hi rendition="#fr">Egyptier,</hi> und dergleichen Heim-<lb/> lichkeiten mehr gar leicht, und gleichſam ſpielende, aufloͤſen koͤnnen; obgleich<lb/> von denen letztern ſchon <hi rendition="#aq">Apulejus</hi> geſtanden, <hi rendition="#fr">daß ſie mit unverſtaͤndlichen<lb/> und wunderlich verzogenen Buchſtaben geſchrieben, auch ſonſt der-<lb/> maſſen in einander geſchlungen und gekuͤnſtelt waͤren, daß man ſich<lb/> leichtlich von dem Vorwitz, ſelbige zu durchſtaͤnckern, abhalten lieſſe.</hi><lb/> Wie bald ſich aber die <hi rendition="#aq">Antiquitæten</hi> <hi rendition="#fr">Craͤmer</hi> betruͤgen laſſen, bezeugen ande-<lb/> rer zu geſchweigen, die <hi rendition="#fr">zwey Ober-Zunfftmeiſter</hi> in dieſer <hi rendition="#fr">Wiſſenſchafft,</hi><lb/><hi rendition="#aq">Athanaſius</hi> <hi rendition="#fr">Kircher,</hi> und <hi rendition="#fr">Jacob Gronov.</hi> Es waren zu <hi rendition="#fr">Rom</hi> etliche muth-<lb/> willige Juͤnglinge, die in Erfahrung gebracht hatten, daß man eheſtens ein<lb/> neues Gebaͤude in der Stadt aufrichten wuͤrde, deswegen ſie einen alten <hi rendition="#fr">ver-<lb/> moderten Stein</hi> an ſelbigen Ort vergraben laſſen, auf den ſie allerhand wun-<lb/> derliche Zeuge und <hi rendition="#aq">phantaſti</hi>ſche <hi rendition="#aq">Figu</hi>ren gegraben hatten, um zu erfahren, was<lb/> doch <hi rendition="#fr">Kircher</hi> immermehr vor einfaͤlle dabey bekommen wuͤrde? Was ge-<lb/> ſchieht? Man will den Grund zum Gebaͤude legen, und findet dieſen <hi rendition="#fr">Stein</hi><lb/> als ein neues Geſchencke des Alterthums, welches noch darzu durch ſeine Voll-<lb/> kommenheit koſtbar gemachet wuͤrde. Man verlangte alſo eine Erklaͤrung,<lb/> und ſchickte deswegen zu <hi rendition="#fr">Kirchern.</hi> Dieſer ſprang, ſobald er den Stein ge-<lb/> ſehen, vor Freuden in die Hoͤhe, und wuſte, ohne Verzug, alle Circul, Creu-<lb/> tze und uͤbrige merckwuͤrdige <hi rendition="#aq">Figur</hi>en, ſo geſchickt und kuͤnſtlich auszulegen,<lb/> daß nichts druͤber ſeyn kunte.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">C c 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Zu</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0249]
Noch weiter von denen Partiſans des Alterthums zu reden, ſo wird es
nicht unrecht ſeyn, auch dererjenigen ihre Thorheit hier zu beruͤhren, die nichts
loben und bewundern, als was nach Antiquitæten ſchmeckt, und die nach Art
derer Chineſer, alle uͤbrige vor ein ſich allein aber vor zwey-aͤugige halten,
weil ſie nicht nur bloß dasjenige, was ihnen vor der Naſe lieget, ſehen, ſondern
auch die Beſchaffenheit derer aͤlteſten Zeiten genau unterſuchet und durchfor-
ſchet zu haben vermeynen Wann ihnen nun etwa ein alter, von Schimmel
und Roſt durchfreſſener Pfennig, oder andere Uberbleibſel eines vor tauſend
und mehr Jahren abgebrauchten Hausraths zu Handen kommen, O ihr Goͤt-
ter, was entſtehet da vor Freude! Was macht man ſich nicht vor Muͤhe und
Arbeit, daß man ja alle Puncte genau daran erkennen, ja gantze Buͤcher mit
Erklaͤhrung dererſelben anfuͤllen, und ſeinen lieben Nachkommen hinterlaſſen
koͤnne. Das ſind eben die trefflichen Maͤnner, welche die Prophezeyung derer
Sybillen, die Lieder der wahrſagenden Charmante, die unerforſchlichen Ge-
heimniſſe des Lycophronis, die Heiligen Buͤcher des Koͤnigs Numa, die ver-
ſteckte Deutung des goldenen Vlieſſes die unverſtaͤndliche Grabſchrifft der
Ælia Lelila Chriſpis, die Schrifften derer Egyptier, und dergleichen Heim-
lichkeiten mehr gar leicht, und gleichſam ſpielende, aufloͤſen koͤnnen; obgleich
von denen letztern ſchon Apulejus geſtanden, daß ſie mit unverſtaͤndlichen
und wunderlich verzogenen Buchſtaben geſchrieben, auch ſonſt der-
maſſen in einander geſchlungen und gekuͤnſtelt waͤren, daß man ſich
leichtlich von dem Vorwitz, ſelbige zu durchſtaͤnckern, abhalten lieſſe.
Wie bald ſich aber die Antiquitæten Craͤmer betruͤgen laſſen, bezeugen ande-
rer zu geſchweigen, die zwey Ober-Zunfftmeiſter in dieſer Wiſſenſchafft,
Athanaſius Kircher, und Jacob Gronov. Es waren zu Rom etliche muth-
willige Juͤnglinge, die in Erfahrung gebracht hatten, daß man eheſtens ein
neues Gebaͤude in der Stadt aufrichten wuͤrde, deswegen ſie einen alten ver-
moderten Stein an ſelbigen Ort vergraben laſſen, auf den ſie allerhand wun-
derliche Zeuge und phantaſtiſche Figuren gegraben hatten, um zu erfahren, was
doch Kircher immermehr vor einfaͤlle dabey bekommen wuͤrde? Was ge-
ſchieht? Man will den Grund zum Gebaͤude legen, und findet dieſen Stein
als ein neues Geſchencke des Alterthums, welches noch darzu durch ſeine Voll-
kommenheit koſtbar gemachet wuͤrde. Man verlangte alſo eine Erklaͤrung,
und ſchickte deswegen zu Kirchern. Dieſer ſprang, ſobald er den Stein ge-
ſehen, vor Freuden in die Hoͤhe, und wuſte, ohne Verzug, alle Circul, Creu-
tze und uͤbrige merckwuͤrdige Figuren, ſo geſchickt und kuͤnſtlich auszulegen,
daß nichts druͤber ſeyn kunte.
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