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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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gesamt zu überlieffern bereit seye, wann ihm selbiger nur vor jedes Fach
200. Thlr. zusammen zwantzig tausend Thaler, als ein sehr schlechtes
Geld vor solche unaussprechliche Schätze bezahlen wolle.

Noch weit schätzbarer aber muß wohl das eintzige Buch derer Brüder
des Rosen Creutzes gewesen seyn. Denn unter andern Betrügereyen und
Marcktschreyereyen, so sie in die Welt ausstreueten, gaben sie vor, daß sie
ein Buch hätten, woraus sie alles lernen könten, was nur in andern Bü-
chern stünde, so jemals ans Tage-Licht gekommen wären, oder noch
geschrieben werden könten.

Indessen haben es diese doch bey Versprechungen und leeren Prahlerey-
en bewenden lassen; dahingegen Nicolaus Riccard, ein Genueser, noch viel
unvernünfftiger gewesen, als der sich gerühmet, daß er viele Jahre her,
mit grosser Muhe und Fleiß eine Widerlegung alles desjenigen, was in
einem bekannten und beruhmten Buch wider das heilige Tridentinische

Concilium geschrieben worden, verfertiget habe. Da man nun ein vor-
treffliches Werck von ihm erwartete, so kamen endlich mit genauer Noth et-
liche wenige Bogen zum Vorschein, darinnen er, gleich dem schon angezoge-
nen schwanger seyenden Berge, kaum ein lächerliches Mäußgen zur Welt
brachte. So weiß man auch von dem Johann Chapelain, einem sonst gelehr-
ten Manne, daß ihm der Printz Heinrich von Orleans eine jährliche Bestal-
lung gegeben, damit er die Geschichte der berühmten Lotharingischen Jung-
fer,
Jeanne d' Arc, welche nur insgemein das Mädgen von Orleans genannt
wird, in einem Frantzösischen Helden-Gedichte, nach Art des Homerus
oder Virgilius, beschreiben solte. Darüber nun hat Chapelain, auf daß er
nemlich der Freygebigkeit des Hertzogs desto länger geniessen möchte, viele
Jahre lang gearbeitet, und zu letzt ein sehr kahles Gedichte, so er la Pucello d'
Orleans,
oder das Mädgen von Orleans betitelt, zu Stand gebracht; wo-
durch er aber der grossen Hoffnung, so sich alle von ihm gemachet, so ein
schlechtes Genügen geleistet, daß ihn hernach fast jederman hefftig damit durch
gezogen, und einer darunter folgende Verse auf sein Gedichte gemachet hat:

Illa Capellani dudum exspectata Puella
Post longa in lucem tempora prodit anus.
Auf
C c 2

geſamt zu uͤberlieffern bereit ſeye, wann ihm ſelbiger nur vor jedes Fach
200. Thlr. zuſammen zwantzig tauſend Thaler, als ein ſehr ſchlechtes
Geld vor ſolche unausſprechliche Schaͤtze bezahlen wolle.

Noch weit ſchaͤtzbarer aber muß wohl das eintzige Buch derer Bruͤder
des Roſen Creutzes geweſen ſeyn. Denn unter andern Betruͤgereyen und
Marcktſchreyereyen, ſo ſie in die Welt ausſtreueten, gaben ſie vor, daß ſie
ein Buch haͤtten, woraus ſie alles lernen koͤnten, was nur in andern Buͤ-
chern ſtuͤnde, ſo jemals ans Tage-Licht gekommen waͤren, oder noch
geſchrieben werden koͤnten.

Indeſſen haben es dieſe doch bey Verſprechungen und leeren Prahlerey-
en bewenden laſſen; dahingegen Nicolaus Riccard, ein Genueſer, noch viel
unvernuͤnfftiger geweſen, als der ſich geruͤhmet, daß er viele Jahre her,
mit groſſer Můhe und Fleiß eine Widerlegung alles desjenigen, was in
einem bekannten und berůhmten Buch wider das heilige Tridentiniſche

Concilium geſchrieben worden, verfertiget habe. Da man nun ein vor-
treffliches Werck von ihm erwartete, ſo kamen endlich mit genauer Noth et-
liche wenige Bogen zum Vorſchein, darinnen er, gleich dem ſchon angezoge-
nen ſchwanger ſeyenden Berge, kaum ein laͤcherliches Maͤußgen zur Welt
brachte. So weiß man auch von dem Johann Chapelain, einem ſonſt gelehr-
ten Manne, daß ihm der Printz Heinrich von Orleans eine jaͤhrliche Beſtal-
lung gegeben, damit er die Geſchichte der beruͤhmten Lotharingiſchen Jung-
fer,
Jeanne d’ Arc, welche nur insgemein das Maͤdgen von Orleans genannt
wird, in einem Frantzoͤſiſchen Helden-Gedichte, nach Art des Homerus
oder Virgilius, beſchreiben ſolte. Daruͤber nun hat Chapelain, auf daß er
nemlich der Freygebigkeit des Hertzogs deſto laͤnger genieſſen moͤchte, viele
Jahre lang gearbeitet, und zu letzt ein ſehr kahles Gedichte, ſo er la Pucello d’
Orleans,
oder das Maͤdgen von Orleans betitelt, zu Stand gebracht; wo-
durch er aber der groſſen Hoffnung, ſo ſich alle von ihm gemachet, ſo ein
ſchlechtes Genuͤgen geleiſtet, daß ihn hernach faſt jederman hefftig damit durch
gezogen, und einer darunter folgende Verſe auf ſein Gedichte gemachet hat:

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[203/0247] geſamt zu uͤberlieffern bereit ſeye, wann ihm ſelbiger nur vor jedes Fach 200. Thlr. zuſammen zwantzig tauſend Thaler, als ein ſehr ſchlechtes Geld vor ſolche unausſprechliche Schaͤtze bezahlen wolle. Noch weit ſchaͤtzbarer aber muß wohl das eintzige Buch derer Bruͤder des Roſen Creutzes geweſen ſeyn. Denn unter andern Betruͤgereyen und Marcktſchreyereyen, ſo ſie in die Welt ausſtreueten, gaben ſie vor, daß ſie ein Buch haͤtten, woraus ſie alles lernen koͤnten, was nur in andern Buͤ- chern ſtuͤnde, ſo jemals ans Tage-Licht gekommen waͤren, oder noch geſchrieben werden koͤnten. Indeſſen haben es dieſe doch bey Verſprechungen und leeren Prahlerey- en bewenden laſſen; dahingegen Nicolaus Riccard, ein Genueſer, noch viel unvernuͤnfftiger geweſen, als der ſich geruͤhmet, daß er viele Jahre her, mit groſſer Můhe und Fleiß eine Widerlegung alles desjenigen, was in einem bekannten und berůhmten Buch wider das heilige Tridentiniſche Concilium geſchrieben worden, verfertiget habe. Da man nun ein vor- treffliches Werck von ihm erwartete, ſo kamen endlich mit genauer Noth et- liche wenige Bogen zum Vorſchein, darinnen er, gleich dem ſchon angezoge- nen ſchwanger ſeyenden Berge, kaum ein laͤcherliches Maͤußgen zur Welt brachte. So weiß man auch von dem Johann Chapelain, einem ſonſt gelehr- ten Manne, daß ihm der Printz Heinrich von Orleans eine jaͤhrliche Beſtal- lung gegeben, damit er die Geſchichte der beruͤhmten Lotharingiſchen Jung- fer, Jeanne d’ Arc, welche nur insgemein das Maͤdgen von Orleans genannt wird, in einem Frantzoͤſiſchen Helden-Gedichte, nach Art des Homerus oder Virgilius, beſchreiben ſolte. Daruͤber nun hat Chapelain, auf daß er nemlich der Freygebigkeit des Hertzogs deſto laͤnger genieſſen moͤchte, viele Jahre lang gearbeitet, und zu letzt ein ſehr kahles Gedichte, ſo er la Pucello d’ Orleans, oder das Maͤdgen von Orleans betitelt, zu Stand gebracht; wo- durch er aber der groſſen Hoffnung, ſo ſich alle von ihm gemachet, ſo ein ſchlechtes Genuͤgen geleiſtet, daß ihn hernach faſt jederman hefftig damit durch gezogen, und einer darunter folgende Verſe auf ſein Gedichte gemachet hat: Illa Capellani dudum exſpectata Puella Poſt longa in lucem tempora prodit anus. Auf C c 2

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/247>, abgerufen am 22.11.2024.