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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Köpffe gewesen seyn, daß sie die gantze Zeit ihres Lebens auf die
Weißbeit gewendet, welche doch unsere
Pansophi der Jugend gar
leicht in einem eintzigen Jahre beybringen können.
Auch Morhoff im
1. Cap. des 1ten B. §. 24. seines Poly historis urtheilet, daß man diese Unbeson-
nenheit durch öffentliche Gesetze im Zaum halten solle, indem dadurch denen
Lehrern ein offener Weg zur Unwissenheit gebahnet, alle rechtschaffene Gelehr-
samkeit ausgerottet, und sowohl in die Schulen als Raths-Häuser lauter un-
reiffe Wissenschafften eingeführet würden, da man an statt erfahrner Weltwei-
sen, eitel unzeitige und ausgerathene Nach-Beter einiger unverständlichen Kunst-
Wörter, ja mit einem Wort, an statt rechtschaffener braver Männer nichts
als Oel-Götzen und Maul-Affen zu unserer höchsten Schande empor kom-
men sähe.

Von denen Lullisten, und absonderlich von einem sogenannten Kuhl-
mann
ist bekannt, daß er versprochen, er wolle die tümmsten und aller Dinge
unerfahrnen Köpffe, durch eine eintzige Schrifft geschickt machen, stehenden
Fußes von allen Dingen in der Welt, in gebundener und ungebundener Re-
de, so hurtig, verständig und zieriich zu handeln, daß man solches mit Er-
staunen würde ansehen müssen. Ja sie solten mit sehr leichter Mühe neue, nutz-
liche und mit vielen ersprießlichen Dingen angefüllete Bücher schreiben.

Von Peter von Montmaur, der zu Paris, unterm König Ludovico
XIII. Professor
der Griechischen Sprache gewesen, finden wir aufgezeignet,
daß er einstmahls einen Zeddel angeschlagen, welcher also gelautet:

Mit GOtt! Peter von Montmaur, Königlicher Professor der Griechi-
schen Sprache, wird die, mit vieler versteckten
Gelebrsamkeit angefülle-
ten,
Glossen des Hesychius öffentlich zu betrachten und zu geniessen vor-
legen, auch ihre Vortrefflichkeit in denen außerlesensten Erklärungen
kund machen; ferner mit festen Gründen, in der Vorrede beweisen,
daß der
Autor von der Christlichen Religion nicht sey entfernt gewesen.
Denen schweren Worten wird er eine Auslegung, denen alten ein neues
Ansehen, denen bißher verworffenen ihren vorigen Glantz, denen dunck-
len ihr Licht, denen verachteten ihre Annehmlichkeit, und denen zweif-
felhafften eine Gewißheit geben. In allem diesem aber wird er
GOtt, und alles in GOtt suchen, damit durch dessen Beystand etwas
würdiges vorgetragen werde, welches sonderlich bey dieser heiligen

Fa-
B b 2

Koͤpffe geweſen ſeyn, daß ſie die gantze Zeit ihres Lebens auf die
Weißbeit gewendet, welche doch unſere
Panſophi der Jugend gar
leicht in einem eintzigen Jahre beybringen koͤnnen.
Auch Morhoff im
1. Cap. des 1ten B. §. 24. ſeines Poly hiſtoris urtheilet, daß man dieſe Unbeſon-
nenheit durch oͤffentliche Geſetze im Zaum halten ſolle, indem dadurch denen
Lehrern ein offener Weg zur Unwiſſenheit gebahnet, alle rechtſchaffene Gelehr-
ſamkeit ausgerottet, und ſowohl in die Schulen als Raths-Haͤuſer lauter un-
reiffe Wiſſenſchafften eingefuͤhret wuͤrden, da man an ſtatt erfahrner Weltwei-
ſen, eitel unzeitige und ausgerathene Nach-Beter einiger unverſtaͤndlichen Kunſt-
Woͤrter, ja mit einem Wort, an ſtatt rechtſchaffener braver Maͤnner nichts
als Oel-Goͤtzen und Maul-Affen zu unſerer hoͤchſten Schande empor kom-
men ſaͤhe.

Von denen Lulliſten, und abſonderlich von einem ſogenannten Kuhl-
mann
iſt bekannt, daß er verſprochen, er wolle die tuͤmmſten und aller Dinge
unerfahrnen Koͤpffe, durch eine eintzige Schrifft geſchickt machen, ſtehenden
Fußes von allen Dingen in der Welt, in gebundener und ungebundener Re-
de, ſo hurtig, verſtaͤndig und zieriich zu handeln, daß man ſolches mit Er-
ſtaunen wuͤrde anſehen muͤſſen. Ja ſie ſolten mit ſehr leichter Muͤhe neue, nutz-
liche und mit vielen erſprießlichen Dingen angefuͤllete Buͤcher ſchreiben.

Von Peter von Montmaur, der zu Paris, unterm Koͤnig Ludovico
XIII. Profeſſor
der Griechiſchen Sprache geweſen, finden wir aufgezeignet,
daß er einſtmahls einen Zeddel angeſchlagen, welcher alſo gelautet:

Mit GOtt! Peter von Montmaur, Koͤniglicher Profeſſor der Griechi-
ſchen Sprache, wird die, mit vieler verſteckten
Gelebrſamkeit angefuͤlle-
ten,
Gloſſen des Heſychius oͤffentlich zu betrachten und zu genieſſen vor-
legen, auch ihre Vortrefflichkeit in denen außerleſenſten Erklaͤrungen
kund machen; ferner mit feſten Gruͤnden, in der Vorrede beweiſen,
daß der
Autor von der Chriſtlichen Religion nicht ſey entfernt geweſen.
Denen ſchweren Worten wird er eine Auslegung, denen alten ein neues
Anſehen, denen bißher verworffenen ihren vorigen Glantz, denen dunck-
len ihr Licht, denen verachteten ihre Annehmlichkeit, und denen zweif-
felhafften eine Gewißheit geben. In allem dieſem aber wird er
GOtt, und alles in GOtt ſuchen, damit durch deſſen Beyſtand etwas
wuͤrdiges vorgetragen werde, welches ſonderlich bey dieſer heiligen

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[195/0239] Koͤpffe geweſen ſeyn, daß ſie die gantze Zeit ihres Lebens auf die Weißbeit gewendet, welche doch unſere Panſophi der Jugend gar leicht in einem eintzigen Jahre beybringen koͤnnen. Auch Morhoff im 1. Cap. des 1ten B. §. 24. ſeines Poly hiſtoris urtheilet, daß man dieſe Unbeſon- nenheit durch oͤffentliche Geſetze im Zaum halten ſolle, indem dadurch denen Lehrern ein offener Weg zur Unwiſſenheit gebahnet, alle rechtſchaffene Gelehr- ſamkeit ausgerottet, und ſowohl in die Schulen als Raths-Haͤuſer lauter un- reiffe Wiſſenſchafften eingefuͤhret wuͤrden, da man an ſtatt erfahrner Weltwei- ſen, eitel unzeitige und ausgerathene Nach-Beter einiger unverſtaͤndlichen Kunſt- Woͤrter, ja mit einem Wort, an ſtatt rechtſchaffener braver Maͤnner nichts als Oel-Goͤtzen und Maul-Affen zu unſerer hoͤchſten Schande empor kom- men ſaͤhe. Von denen Lulliſten, und abſonderlich von einem ſogenannten Kuhl- mann iſt bekannt, daß er verſprochen, er wolle die tuͤmmſten und aller Dinge unerfahrnen Koͤpffe, durch eine eintzige Schrifft geſchickt machen, ſtehenden Fußes von allen Dingen in der Welt, in gebundener und ungebundener Re- de, ſo hurtig, verſtaͤndig und zieriich zu handeln, daß man ſolches mit Er- ſtaunen wuͤrde anſehen muͤſſen. Ja ſie ſolten mit ſehr leichter Muͤhe neue, nutz- liche und mit vielen erſprießlichen Dingen angefuͤllete Buͤcher ſchreiben. Von Peter von Montmaur, der zu Paris, unterm Koͤnig Ludovico XIII. Profeſſor der Griechiſchen Sprache geweſen, finden wir aufgezeignet, daß er einſtmahls einen Zeddel angeſchlagen, welcher alſo gelautet: Mit GOtt! Peter von Montmaur, Koͤniglicher Profeſſor der Griechi- ſchen Sprache, wird die, mit vieler verſteckten Gelebrſamkeit angefuͤlle- ten, Gloſſen des Heſychius oͤffentlich zu betrachten und zu genieſſen vor- legen, auch ihre Vortrefflichkeit in denen außerleſenſten Erklaͤrungen kund machen; ferner mit feſten Gruͤnden, in der Vorrede beweiſen, daß der Autor von der Chriſtlichen Religion nicht ſey entfernt geweſen. Denen ſchweren Worten wird er eine Auslegung, denen alten ein neues Anſehen, denen bißher verworffenen ihren vorigen Glantz, denen dunck- len ihr Licht, denen verachteten ihre Annehmlichkeit, und denen zweif- felhafften eine Gewißheit geben. In allem dieſem aber wird er GOtt, und alles in GOtt ſuchen, damit durch deſſen Beyſtand etwas wuͤrdiges vorgetragen werde, welches ſonderlich bey dieſer heiligen Fa- B b 2

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/239>, abgerufen am 24.11.2024.