Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Fechtmeister Plato machte; so glaube ich dennoch, daß wenn er auch alle diese un- den- A a
Fechtmeiſter Plato machte; ſo glaube ich dennoch, daß wenn er auch alle dieſe un- den- A a
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0229" n="185"/> Fechtmeiſter <hi rendition="#aq">Plato</hi> machte; ſo glaube ich dennoch, daß wenn er auch alle dieſe un-<lb/> vergleichlichen <hi rendition="#aq">Qualitæ</hi>ten im hoͤchſten Grad beſaͤße und keine <hi rendition="#aq">galante Conduite</hi><lb/> von ſich ſpuͤren ließe, er dennoch unter die Schulfuͤchſe und Ertz-<hi rendition="#aq">Pedan</hi>ten ge-<lb/> rechnet werden wuͤrde. Doch beſtehet die <hi rendition="#aq">Conduite</hi> nicht in eigener <hi rendition="#aq">Phantaſie</hi><lb/> und naͤrriſcher Einbildung, wie ſich manche ſonderliche und eigenſinnige<lb/> Narren es ſo traͤumen laſſen wollen, weil auf dieſe Weiſe auch der <hi rendition="#aq">Harlequin</hi><lb/> auf dem <hi rendition="#aq">Theatro,</hi> wann er <hi rendition="#aq">agi</hi>ret, und bißweilen die Hoſen herunter ziehet,<lb/> oder ſonſt haͤßliche <hi rendition="#aq">Aſpect</hi>en <hi rendition="#aq">formi</hi>ren wolte, ebenfals eine <hi rendition="#aq">galante Conduite</hi><lb/> haben wuͤrde. <hi rendition="#aq">Au contraire,</hi> das <hi rendition="#aq">Fundament</hi> einer guten Auffuͤhrung beruhet<lb/> hierauf, daß ſie mit denen Sitten geſchickter Voͤlcker, und vornemlich mit dem<lb/><hi rendition="#aq">Judicio</hi> geſcheuter Leute uͤberein kommen muß. Von einem jungen und hi-<lb/> tzigen Studenten iſt bekannt, was er ehemals einem vornehmen <hi rendition="#aq">Profeſſori</hi><lb/> auf einer gewiſſen <hi rendition="#aq">Univerſitæt opponi</hi>ret hat, da er durchaus behaupten wol-<lb/> len, daß die <hi rendition="#aq">Conduite</hi> in nichts anders, als in des Menſchen ſeiner eigenen<lb/> Einbildung beſtuͤnde. Wie nun der geſchickte <hi rendition="#aq">Profeſſor</hi> voraus geſehen, daß<lb/> er bey dieſem, vom Vorurtheil der Halsſtarrigkeit und Eigenliebe beſeſſenen,<lb/><hi rendition="#aq">Studioſulo</hi> mit vielem gruͤndlichen Beweiß nichts ausrichten wuͤrde, ſo hat er<lb/> ihm endlich <hi rendition="#aq">per deductionem ad abſurdum</hi> zur Antwort gegeben: <hi rendition="#fr">Mein lie-<lb/> ber Herr! Wann die Auffuͤhrung, nach ſeiner Meynung, in einer bloſ-<lb/> ſen</hi> <hi rendition="#aq">Phantaſie</hi> <hi rendition="#fr">und Einbildung beſtehen ſolte, ſo wolte ich ihm rathen,<lb/> daß er ſich jetzo, zumalen da es Marcktag iſt, gantz fingernackigt aus-<lb/> ziehen, den</hi> <hi rendition="#aq">Podex</hi> <hi rendition="#fr">ſchwartz faͤrben, und hernach die</hi> <hi rendition="#aq">Poſteriora</hi> <hi rendition="#fr">mit fei-<lb/> nen gelben Zwecken beſchlagen ließe, und in ſolcher</hi> <hi rendition="#aq">Poſitur</hi> <hi rendition="#fr">ſporen-<lb/> ſtreichs auf den Marckt loß marſchirte. Wann nun die Leute ihn in<lb/> dieſer abendtheuerlichen</hi> <hi rendition="#aq">Poſitur</hi> <hi rendition="#fr">ſaͤhen, ſo wuͤrden ſie nach der Ver-<lb/> nunfft, und dem aͤuſſerlichen Anſehen, nicht anders ſchlieſſen und ſa-<lb/> gen koͤnnen, als: Dieſer Menſch iſt entweder klug, oder ein Narr<lb/> und toller Eulenſpiegel.</hi> K<hi rendition="#fr">lug kan er unmoͤglich ſeyn, weil er ſich nicht<lb/> nach dem</hi> <hi rendition="#aq">Juditio</hi> <hi rendition="#fr">kluger Leute, und dererſelben erbaren Sitten und<lb/> Auffuͤhrung</hi> <hi rendition="#aq">reguli</hi><hi rendition="#fr">ret. Alſo mag er wohl in der That ein toller Eulen-<lb/> ſpiegel heiſſen, und es mag zu vielen Zeiten, abſonderlich bey heiſſen<lb/> Tagen, nicht gar zu richtig bey ihm in dem Oberſtuͤbgen ausſehen.<lb/> Darwider mag er nun ſtrampeln und</hi> <hi rendition="#aq">diſputi</hi><hi rendition="#fr">ren wie er will, fuhr der</hi><lb/> H<hi rendition="#fr">err</hi> <hi rendition="#aq">Profeſſor</hi> <hi rendition="#fr">fort, ſo wird er doch dieſe letztere</hi> <hi rendition="#aq">Idéen</hi> <hi rendition="#fr">denen geſcheu-<lb/> ten Leuten nicht aus dem Gehirne bringen koͤnnen.</hi> Hiermit nun iſt die<lb/><hi rendition="#aq">Comœdie</hi> und das hitzige <hi rendition="#aq">diſputi</hi>ren auf einmal ausgeweſen, und der gute Stu-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A a</fw><fw place="bottom" type="catch">den-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [185/0229]
Fechtmeiſter Plato machte; ſo glaube ich dennoch, daß wenn er auch alle dieſe un-
vergleichlichen Qualitæten im hoͤchſten Grad beſaͤße und keine galante Conduite
von ſich ſpuͤren ließe, er dennoch unter die Schulfuͤchſe und Ertz-Pedanten ge-
rechnet werden wuͤrde. Doch beſtehet die Conduite nicht in eigener Phantaſie
und naͤrriſcher Einbildung, wie ſich manche ſonderliche und eigenſinnige
Narren es ſo traͤumen laſſen wollen, weil auf dieſe Weiſe auch der Harlequin
auf dem Theatro, wann er agiret, und bißweilen die Hoſen herunter ziehet,
oder ſonſt haͤßliche Aſpecten formiren wolte, ebenfals eine galante Conduite
haben wuͤrde. Au contraire, das Fundament einer guten Auffuͤhrung beruhet
hierauf, daß ſie mit denen Sitten geſchickter Voͤlcker, und vornemlich mit dem
Judicio geſcheuter Leute uͤberein kommen muß. Von einem jungen und hi-
tzigen Studenten iſt bekannt, was er ehemals einem vornehmen Profeſſori
auf einer gewiſſen Univerſitæt opponiret hat, da er durchaus behaupten wol-
len, daß die Conduite in nichts anders, als in des Menſchen ſeiner eigenen
Einbildung beſtuͤnde. Wie nun der geſchickte Profeſſor voraus geſehen, daß
er bey dieſem, vom Vorurtheil der Halsſtarrigkeit und Eigenliebe beſeſſenen,
Studioſulo mit vielem gruͤndlichen Beweiß nichts ausrichten wuͤrde, ſo hat er
ihm endlich per deductionem ad abſurdum zur Antwort gegeben: Mein lie-
ber Herr! Wann die Auffuͤhrung, nach ſeiner Meynung, in einer bloſ-
ſen Phantaſie und Einbildung beſtehen ſolte, ſo wolte ich ihm rathen,
daß er ſich jetzo, zumalen da es Marcktag iſt, gantz fingernackigt aus-
ziehen, den Podex ſchwartz faͤrben, und hernach die Poſteriora mit fei-
nen gelben Zwecken beſchlagen ließe, und in ſolcher Poſitur ſporen-
ſtreichs auf den Marckt loß marſchirte. Wann nun die Leute ihn in
dieſer abendtheuerlichen Poſitur ſaͤhen, ſo wuͤrden ſie nach der Ver-
nunfft, und dem aͤuſſerlichen Anſehen, nicht anders ſchlieſſen und ſa-
gen koͤnnen, als: Dieſer Menſch iſt entweder klug, oder ein Narr
und toller Eulenſpiegel. Klug kan er unmoͤglich ſeyn, weil er ſich nicht
nach dem Juditio kluger Leute, und dererſelben erbaren Sitten und
Auffuͤhrung reguliret. Alſo mag er wohl in der That ein toller Eulen-
ſpiegel heiſſen, und es mag zu vielen Zeiten, abſonderlich bey heiſſen
Tagen, nicht gar zu richtig bey ihm in dem Oberſtuͤbgen ausſehen.
Darwider mag er nun ſtrampeln und diſputiren wie er will, fuhr der
Herr Profeſſor fort, ſo wird er doch dieſe letztere Idéen denen geſcheu-
ten Leuten nicht aus dem Gehirne bringen koͤnnen. Hiermit nun iſt die
Comœdie und das hitzige diſputiren auf einmal ausgeweſen, und der gute Stu-
den-
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