lein sollen weyden, und die Wölffe davon abtreiben; die ungläubi- gen Völcker aber, oder zerstreute irrende Schaafe, führen zu der Wahrheit, welche allenthalben öffentlich geprediget werden solle.
Hernach redet die Heil. Schrifft von einer solchen Kirche, welche wider die Macht derer Höllen-Pforten unüberwindlich bestehen wird, dahero sie auch haben will, daß man dieser Kirche folgen, sie Raths fragen und hören solle. Warum kommen dann die Praedi- canten mit solchen heimlichen Winckel-Christen aufgezogen? Ha- ben sie sonst nichts? Seynd daß die Lehrer, welche auf denen Dä- chern geprediget, Matth. X. 27. Fort mit solchen Lumpereyen, ihr elenden Fabel-Hannsen!
Und gesetzt, daß dergleichen Nicodemiter im Pabstthum ge- wesen, so sagt her, lieben Praedicanten, welchergestalten ihnen euer Lutherisch Evangelium, nach heutigem Fuß seye rein gepre- diget, und eure zwey oder drey Sacramenten auf Lutherisch ge- reichet worden, daß solches die übr[i]gen Papisten nicht gemercket? Ich sage zwey oder drey Lutherische Sacramenten. Denn die armseligen wissen selbst nicht so genau, wie viel sie haben, zwey oder drey mehr oder weniger. Sie nehmen es nicht so genau, um ein paar Sacramente auf oder ab, wann nur etwas da ist, das den Namen hat, es seye weiß, schwartz oder scheckigt. Die Luthe- rischen wollens so haben, recht so.
Weiter mag ich aus diesem absurden und unvernünfftigen Buche nichts an- führen. Das angezogene zeiget die Narren-Kappe des Autoris genugsam; und von dem Rest kan ich so viel versichern, daß er nicht besser, sondern noch weit ärger, leichtfertiger und närrischer ist. Ich thue dem Autori dieses leichtfer- tigen Buchs mitlerweile noch zu viele Ehre an, daß ich ihn unter die Zahl derer Gelehrten Narren setze, und nicht vielmehr gar unter die Canaillen, Hundsfüter und Bernheuter rechne. Denn er schimpfft und schilt nicht allein Lutherum und Calvinum vor Lotter-Buben, sondern sagt auch gantz ungescheuet, daß alle
die-
lein ſollen weyden, und die Woͤlffe davon abtreiben; die unglaͤubi- gen Voͤlcker aber, oder zerſtreute irrende Schaafe, fuͤhren zu der Wahrheit, welche allenthalben oͤffentlich geprediget werden ſolle.
Hernach redet die Heil. Schrifft von einer ſolchen Kirche, welche wider die Macht derer Hoͤllen-Pforten unuͤberwindlich beſtehen wird, dahero ſie auch haben will, daß man dieſer Kirche folgen, ſie Raths fragen und hoͤren ſolle. Warum kommen dann die Prædi- canten mit ſolchen heimlichen Winckel-Chriſten aufgezogen? Ha- ben ſie ſonſt nichts? Seynd daß die Lehrer, welche auf denen Daͤ- chern geprediget, Matth. X. 27. Fort mit ſolchen Lumpereyen, ihr elenden Fabel-Hannſen!
Und geſetzt, daß dergleichen Nicodemiter im Pabſtthum ge- weſen, ſo ſagt her, lieben Prædicanten, welchergeſtalten ihnen euer Lutheriſch Evangelium, nach heutigem Fuß ſeye rein gepre- diget, und eure zwey oder drey Sacramenten auf Lutheriſch ge- reichet worden, daß ſolches die uͤbr[i]gen Papiſten nicht gemercket? Ich ſage zwey oder drey Lutheriſche Sacramenten. Denn die armſeligen wiſſen ſelbſt nicht ſo genau, wie viel ſie haben, zwey oder drey mehr oder weniger. Sie nehmen es nicht ſo genau, um ein paar Sacramente auf oder ab, wann nur etwas da iſt, das den Namen hat, es ſeye weiß, ſchwartz oder ſcheckigt. Die Luthe- riſchen wollens ſo haben, recht ſo.
Weiter mag ich aus dieſem abſurden und unvernuͤnfftigen Buche nichts an- fuͤhren. Das angezogene zeiget die Narren-Kappe des Autoris genugſam; und von dem Reſt kan ich ſo viel verſichern, daß er nicht beſſer, ſondern noch weit aͤrger, leichtfertiger und naͤrriſcher iſt. Ich thue dem Autori dieſes leichtfer- tigen Buchs mitlerweile noch zu viele Ehre an, daß ich ihn unter die Zahl derer Gelehrten Narren ſetze, und nicht vielmehr gar unter die Canaillen, Hundsfuͤter und Bernheuter rechne. Denn er ſchimpfft und ſchilt nicht allein Lutherum und Calvinum vor Lotter-Buben, ſondern ſagt auch gantz ungeſcheuet, daß alle
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gen Voͤlcker aber, oder zerſtreute irrende Schaafe, fuͤhren zu der
Wahrheit, welche allenthalben oͤffentlich geprediget werden ſolle.
Hernach redet die Heil. Schrifft von einer ſolchen Kirche, welche
wider die Macht derer Hoͤllen-Pforten unuͤberwindlich beſtehen
wird, dahero ſie auch haben will, daß man dieſer Kirche folgen, ſie
Raths fragen und hoͤren ſolle. Warum kommen dann die Prædi-
canten mit ſolchen heimlichen Winckel-Chriſten aufgezogen? Ha-
ben ſie ſonſt nichts? Seynd daß die Lehrer, welche auf denen Daͤ-
chern geprediget, Matth. X. 27. Fort mit ſolchen Lumpereyen, ihr
elenden Fabel-Hannſen!
Und geſetzt, daß dergleichen Nicodemiter im Pabſtthum ge-
weſen, ſo ſagt her, lieben Prædicanten, welchergeſtalten ihnen
euer Lutheriſch Evangelium, nach heutigem Fuß ſeye rein gepre-
diget, und eure zwey oder drey Sacramenten auf Lutheriſch ge-
reichet worden, daß ſolches die uͤbrigen Papiſten nicht gemercket?
Ich ſage zwey oder drey Lutheriſche Sacramenten. Denn die
armſeligen wiſſen ſelbſt nicht ſo genau, wie viel ſie haben, zwey oder
drey mehr oder weniger. Sie nehmen es nicht ſo genau, um ein
paar Sacramente auf oder ab, wann nur etwas da iſt, das den
Namen hat, es ſeye weiß, ſchwartz oder ſcheckigt. Die Luthe-
riſchen wollens ſo haben, recht ſo.
Weiter mag ich aus dieſem abſurden und unvernuͤnfftigen Buche nichts an-
fuͤhren. Das angezogene zeiget die Narren-Kappe des Autoris genugſam; und
von dem Reſt kan ich ſo viel verſichern, daß er nicht beſſer, ſondern noch weit
aͤrger, leichtfertiger und naͤrriſcher iſt. Ich thue dem Autori dieſes leichtfer-
tigen Buchs mitlerweile noch zu viele Ehre an, daß ich ihn unter die Zahl derer
Gelehrten Narren ſetze, und nicht vielmehr gar unter die Canaillen, Hundsfuͤter
und Bernheuter rechne. Denn er ſchimpfft und ſchilt nicht allein Lutherum und
Calvinum vor Lotter-Buben, ſondern ſagt auch gantz ungeſcheuet, daß alle
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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/210>, abgerufen am 21.07.2024.
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