In denen verwichenen Jahren wurden die Praemia, und was ein jedweder gewonnen hatte, durch den Stadthalter auf dem Parnasso, und den Stadt- Schultheissen, ohne einige Ceremonien und Gepränge ausgetheilet. Die- ses Jahr aber hat Apollo soches selbst persönlich verrichten wollen, dero- wegen er allen Potentaten, so sich in dem Parnasso befinden, ansagen lassen, sich in dem grossen Königlichen Saal einzustellen, und diesen Ceremonien beyzuwohnen. Dieses kam denen Fürsten etwas Spanisch vor, daß sie sich bey diesem Actu, so hiebevor sehr gering geschätzet worden wäre, einstellen solten, da sie doch nur allein zu denen allerwichtigsten erfordert würden. Die- weil es aber Sr. Parnassischen Majestät allergnädigster und ernster Befehl war, stelleten sie sich gehorsamst ein, und wurden vom Apolline auf folgende Weise an- geredet: Ich vernehme, daß ihr euch sehr verwundert, warum ich dieses Werck, so bißhero, durch meine Diener verrichtet worden, an- jetzo in Person volziehen will. Denn weil an diesem gegenwärtigen eintzigen Handel, so anjetzo solte vollzogen werden, nicht allein die ewi- ge gantze Wohlfahrt und Glückseeligkeit, sondern auch das Heyl aller eurer Unterthanen, über welche ihr gesetzet seyd,dependiret, so habe ich euch, um eures selbst-eigenen Besten willen anhero erfordern las- sen. Lernet demnach heute von mir, die ihr uber Land, und Leute gesetzet seyd, daß ihr keineAffecten nochPartialitaetin eurem Hertzen herrschen lasset, und wann ihr diejenigen, so euch treulich gedienet be- lohnen wollet, so sehet auf ihreMeriten, und machet es nicht nach eu- rem eigenen Schwindelhirn, sondern thut wie ich, der anjetzo einen ieglichen, wie ihr sehet, nachdem er es mit seinem langen und sauern Lauffen verdienet hat, belohnet, so werdet ihr und eure Nachkom- men biß an der Welt Ende das Regiment behalten, und den Namen bekommen, daß ihr, als kluge und verständige Regenten, Land und Leuten wohl vorgestanden habt. Wo ihr aber darwiederhandelt, und diesem nicht also nachkommet, so werdet ihr euch selbst zu Spott und Schanden machen, um alles kommen, und aus vornehmen Fü[r]sten, wie ihr jetzund seyd, zu Bettlern werden, dieweil ihr euch in todte stinckende Aeser habt verlieben wollen.
Zu desto besserer Erläuterung dieser Relation, des Boccalini aus dem Parnasso, ist nöthig zu wissen, welchermassen einem rothe Rüben auftragen oder vorsetzen, im Italiänischen so viel heisset, als einem etwas aufbinden,
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In denen verwichenen Jahren wurden die Præmia, und was ein jedweder gewonnen hatte, durch den Stadthalter auf dem Parnaſſo, und den Stadt- Schultheiſſen, ohne einige Ceremonien und Gepraͤnge ausgetheilet. Die- ſes Jahr aber hat Apollo ſoches ſelbſt perſoͤnlich verrichten wollen, dero- wegen er allen Potentaten, ſo ſich in dem Parnaſſo befinden, anſagen laſſen, ſich in dem groſſen Koͤniglichen Saal einzuſtellen, und dieſen Ceremonien beyzuwohnen. Dieſes kam denen Fuͤrſten etwas Spaniſch vor, daß ſie ſich bey dieſem Actu, ſo hiebevor ſehr gering geſchaͤtzet worden waͤre, einſtellen ſolten, da ſie doch nur allein zu denen allerwichtigſten erfordert wuͤrden. Die- weil es aber Sr. Parnaſſiſchen Majeſtaͤt allergnaͤdigſter und ernſter Befehl war, ſtelleten ſie ſich gehorſamſt ein, und wurden vom Apolline auf folgende Weiſe an- geredet: Ich vernehme, daß ihr euch ſehr verwundert, warum ich dieſes Werck, ſo bißhero, durch meine Diener verrichtet worden, an- jetzo in Perſon volziehen will. Denn weil an dieſem gegenwaͤrtigen eintzigen Handel, ſo anjetzo ſolte vollzogen werden, nicht allein die ewi- ge gantze Wohlfahrt und Gluͤckſeeligkeit, ſondern auch das Heyl aller eurer Unterthanen, uͤber welche ihr geſetzet ſeyd,dependiret, ſo habe ich euch, um eures ſelbſt-eigenen Beſten willen anhero erfordern laſ- ſen. Lernet demnach heute von mir, die ihr ůber Land, und Leute geſetzet ſeyd, daß ihr keineAffecten nochPartialitætin eurem Hertzen herrſchen laſſet, und wann ihr diejenigen, ſo euch treulich gedienet be- lohnen wollet, ſo ſehet auf ihreMeriten, und machet es nicht nach eu- rem eigenen Schwindelhirn, ſondern thut wie ich, der anjetzo einen ieglichen, wie ihr ſehet, nachdem er es mit ſeinem langen und ſauern Lauffen verdienet hat, belohnet, ſo werdet ihr und eure Nachkom- men biß an der Welt Ende das Regiment behalten, und den Namen bekommen, daß ihr, als kluge und verſtaͤndige Regenten, Land und Leuten wohl vorgeſtanden habt. Wo ihr aber darwiederhandelt, und dieſem nicht alſo nachkommet, ſo werdet ihr euch ſelbſt zu Spott und Schanden machen, um alles kommen, und aus vornehmen Fuͤ[r]ſten, wie ihr jetzund ſeyd, zu Bettlern werden, dieweil ihr euch in todte ſtinckende Aeſer habt verlieben wollen.
Zu deſto beſſerer Erlaͤuterung dieſer Relation, des Boccalini aus dem Parnaſſo, iſt noͤthig zu wiſſen, welchermaſſen einem rothe Ruͤben auftragen oder vorſetzen, im Italiaͤniſchen ſo viel heiſſet, als einem etwas aufbinden,
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ſes Jahr aber hat Apollo ſoches ſelbſt perſoͤnlich verrichten wollen, dero-
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ſich in dem groſſen Koͤniglichen Saal einzuſtellen, und dieſen Ceremonien
beyzuwohnen. Dieſes kam denen Fuͤrſten etwas Spaniſch vor, daß ſie ſich
bey dieſem Actu, ſo hiebevor ſehr gering geſchaͤtzet worden waͤre, einſtellen
ſolten, da ſie doch nur allein zu denen allerwichtigſten erfordert wuͤrden. Die-
weil es aber Sr. Parnaſſiſchen Majeſtaͤt allergnaͤdigſter und ernſter Befehl war,
ſtelleten ſie ſich gehorſamſt ein, und wurden vom Apolline auf folgende Weiſe an-
geredet: Ich vernehme, daß ihr euch ſehr verwundert, warum ich
dieſes Werck, ſo bißhero, durch meine Diener verrichtet worden, an-
jetzo in Perſon volziehen will. Denn weil an dieſem gegenwaͤrtigen
eintzigen Handel, ſo anjetzo ſolte vollzogen werden, nicht allein die ewi-
ge gantze Wohlfahrt und Gluͤckſeeligkeit, ſondern auch das Heyl aller
eurer Unterthanen, uͤber welche ihr geſetzet ſeyd, dependiret, ſo habe
ich euch, um eures ſelbſt-eigenen Beſten willen anhero erfordern laſ-
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geſetzet ſeyd, daß ihr keine Affecten noch Partialitæt in eurem Hertzen
herrſchen laſſet, und wann ihr diejenigen, ſo euch treulich gedienet be-
lohnen wollet, ſo ſehet auf ihre Meriten, und machet es nicht nach eu-
rem eigenen Schwindelhirn, ſondern thut wie ich, der anjetzo einen
ieglichen, wie ihr ſehet, nachdem er es mit ſeinem langen und ſauern
Lauffen verdienet hat, belohnet, ſo werdet ihr und eure Nachkom-
men biß an der Welt Ende das Regiment behalten, und den Namen
bekommen, daß ihr, als kluge und verſtaͤndige Regenten, Land und
Leuten wohl vorgeſtanden habt. Wo ihr aber darwiederhandelt, und
dieſem nicht alſo nachkommet, ſo werdet ihr euch ſelbſt zu Spott und
Schanden machen, um alles kommen, und aus vornehmen Fuͤrſten,
wie ihr jetzund ſeyd, zu Bettlern werden, dieweil ihr euch in todte
ſtinckende Aeſer habt verlieben wollen.
Zu deſto beſſerer Erlaͤuterung dieſer Relation, des Boccalini aus dem
Parnaſſo, iſt noͤthig zu wiſſen, welchermaſſen einem rothe Ruͤben auftragen
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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/185>, abgerufen am 19.07.2024.
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