Pinti wegen seiner Vortrefflichkeit in dem Lautenschlagen, deshalb er auch zu Rom der Lauten Ritter genennet worden. In Betrachtung des schlechten und gerin- gen Herkommens dieses Namens, und der Profession, wurden die sämtlichen Ge- lehrten so hefftig bestürtzet, daß sie Se. Parnassischen Majestät allerunterthänigst zu erkennen gaben, sie wären so willig als bereit ihnen in allem, was sie be- fehlen würden, zu gehorsamen und nachzukommen; wolten aber ihrerPar- nassischen Majestät nur allein zu Gemüthe führen, daß sie ungerne einen Musicanten unter ihnen hätten. Hierauf gab Apollo zur Antwort, wie er die gegenwärtige Verwunderung desCollegiischon lange zuvor gese- hen, sie solten aber nichts destoweniger gedachten Lauten-Ritterad- mittiren, ob es ihnen schon fremd vorkäme, weil er es vor ein sehr noth- wendiges Werck erachte. Also wurde, durch einen heimlichen Rathschlag der Streit beygeleget, und dem Lauten-Ritter die Unsterblichkeit seines Na- mens bewilliget, welcher auch alsobald durch die Magistros Ceremoniarum in das Collegium derer Tugendhafften iutroduciret wurde. Diesen neuen dem Namen nach Unsterblichen, redete Apollo hernach also an: Vincenti!Ihr seyd der erste von eurer Kunst, welchem in demCollegioderer GelehrtenSessiongestattet ist; allermassen sonsten die Ehre allein denenjenigen vorbehalten wird, welche mit ihrer sauren Mühe und Arbeit die freyen Künste studieret haben. Aber eure Person, de- ren man heut zu Tage sehr benöthiget, hat uns gleichsam gezwun- gen dieseResolutionzu fassen. Unterweiset derohalben die Für- sten und diePrivat-Personen wohl in dieser sehr nothwendigen Kunst, die Lauten recht stimmen zu lernen, in welcher ihrer viele solcheIgnoranten sind, daß sie die Sayten, indem sie solche zu hart spannen, wollen gar zersprengen. Vornemlich aber lasset euch be- fohlen seyn etliche wunderliche gelehrte Köpffe von denen ich gewiß weiß, daß sie euch unter die Hände kommen werden, welche mit Gewalt wollen, daß derBassderQuintegleich klingen sollen, und so lange ziehen biß dieselbe, ob es zwar sehr dicke Sayten, mit samt der Laute in Stücken reissen.
Den
Pinti wegen ſeiner Vortrefflichkeit in dem Lautenſchlagen, deshalb er auch zu Rom der Lauten Ritter genennet worden. In Betrachtung des ſchlechten und gerin- gen Herkommens dieſes Namens, und der Profeſſion, wurden die ſaͤmtlichen Ge- lehrten ſo hefftig beſtuͤrtzet, daß ſie Se. Parnaſſiſchen Majeſtaͤt allerunterthaͤnigſt zu erkennen gaben, ſie waͤren ſo willig als bereit ihnen in allem, was ſie be- fehlen wuͤrden, zu gehorſamen und nachzukom̃en; wolten aber ihrerPar- naſſiſchen Majeſtaͤt nur allein zu Gemuͤthe fuͤhren, daß ſie ungerne einen Muſicanten unter ihnen haͤtten. Hierauf gab Apollo zur Antwort, wie er die gegenwaͤrtige Verwunderung desCollegiiſchon lange zuvor geſe- hen, ſie ſolten aber nichts deſtoweniger gedachten Lauten-Ritterad- mittiren, ob es ihnen ſchon fremd vorkaͤme, weil er es vor ein ſehr noth- wendiges Werck erachte. Alſo wurde, durch einen heimlichen Rathſchlag der Streit beygeleget, und dem Lauten-Ritter die Unſterblichkeit ſeines Na- mens bewilliget, welcher auch alſobald durch die Magiſtros Ceremoniarum in das Collegium derer Tugendhafften iutroduciret wurde. Dieſen neuen dem Namen nach Unſterblichen, redete Apollo hernach alſo an: Vincenti!Ihr ſeyd der erſte von eurer Kunſt, welchem in demCollegioderer GelehrtenSeſſiongeſtattet iſt; allermaſſen ſonſten die Ehre allein denenjenigen vorbehalten wird, welche mit ihrer ſauren Muͤhe und Arbeit die freyen Kuͤnſte ſtudieret haben. Aber eure Perſon, de- ren man heut zu Tage ſehr benoͤthiget, hat uns gleichſam gezwun- gen dieſeReſolutionzu faſſen. Unterweiſet derohalben die Fuͤr- ſten und diePrivat-Perſonen wohl in dieſer ſehr nothwendigen Kunſt, die Lauten recht ſtimmen zu lernen, in welcher ihrer viele ſolcheIgnoranten ſind, daß ſie die Sayten, indem ſie ſolche zu hart ſpannen, wollen gar zerſprengen. Vornemlich aber laſſet euch be- fohlen ſeyn etliche wunderliche gelehrte Koͤpffe von denen ich gewiß weiß, daß ſie euch unter die Haͤnde kommen werden, welche mit Gewalt wollen, daß derBaſſderQuintegleich klingen ſollen, und ſo lange ziehen biß dieſelbe, ob es zwar ſehr dicke Sayten, mit ſamt der Laute in Stuͤcken reiſſen.
Den
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Pinti wegen ſeiner Vortrefflichkeit in dem Lautenſchlagen, deshalb er auch zu Rom
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gen Herkommens dieſes Namens, und der Profeſſion, wurden die ſaͤmtlichen Ge-
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naſſiſchen Majeſtaͤt nur allein zu Gemuͤthe fuͤhren, daß ſie ungerne einen
Muſicanten unter ihnen haͤtten. Hierauf gab Apollo zur Antwort, wie
er die gegenwaͤrtige Verwunderung des Collegii ſchon lange zuvor geſe-
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der Streit beygeleget, und dem Lauten-Ritter die Unſterblichkeit ſeines Na-
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das Collegium derer Tugendhafften iutroduciret wurde. Dieſen neuen dem
Namen nach Unſterblichen, redete Apollo hernach alſo an: Vincenti! Ihr
ſeyd der erſte von eurer Kunſt, welchem in dem Collegio derer
Gelehrten Seſſion geſtattet iſt; allermaſſen ſonſten die Ehre allein
denenjenigen vorbehalten wird, welche mit ihrer ſauren Muͤhe und
Arbeit die freyen Kuͤnſte ſtudieret haben. Aber eure Perſon, de-
ren man heut zu Tage ſehr benoͤthiget, hat uns gleichſam gezwun-
gen dieſe Reſolution zu faſſen. Unterweiſet derohalben die Fuͤr-
ſten und die Privat-Perſonen wohl in dieſer ſehr nothwendigen
Kunſt, die Lauten recht ſtimmen zu lernen, in welcher ihrer viele
ſolche Ignoranten ſind, daß ſie die Sayten, indem ſie ſolche zu hart
ſpannen, wollen gar zerſprengen. Vornemlich aber laſſet euch be-
fohlen ſeyn etliche wunderliche gelehrte Koͤpffe von denen ich gewiß
weiß, daß ſie euch unter die Haͤnde kommen werden, welche mit
Gewalt wollen, daß der Baſſ der Quinte gleich klingen ſollen, und
ſo lange ziehen biß dieſelbe, ob es zwar ſehr dicke Sayten, mit ſamt
der Laute in Stuͤcken reiſſen.
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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/155>, abgerufen am 16.02.2025.
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